Mein Ist Die Nacht
schnell eingeschlafen. Am nächsten Morgen war Klaus dann
da; ich weiß allerdings nicht, wann er nach Hause gekommen
ist.«
Franka hatte genug
gehört. Die Ehe der Baumanns schien nichts weiter zu sein als
eine Interessengemeinschaft. Er sorgte dafür, dass sie das
Leben sorgenfrei und in vollen Zügen genießen konnte,
und er genoss, dass er zuhause von einer Frau erwartet wurde, die
ihm so etwas wie eine harmonische Ehe vorgaukelte. Sie
lächelte Karla Baumann an, die plötzlich gar nicht mehr
so erhaben und elegant wirkte, was sicherlich nicht nur an den drei
Gläsern Whisky lag, die sie jetzt schon in der kurzen Zeit
getrunken hatte. Die Ehefrau des Baulöwen wirkte unsicher und
in ihrem Stolz verletzt, auch, wenn sie sich Mühe gab, das
nicht zu zeigen.
Karla Baumann zuckte
zusammen, als im Haus eine Tür ins Schloss flog. Schritte
näherten sich schnell, dann betrat Klaus Baumann das
Wohnzimmer. Als er Franka erblickte, verdüsterte sich seine
Miene. »Sie schon wieder?«, blaffte er die Kommissarin
an. »Was wollen Sie?«
»Ich hatte noch
ein paar Fragen an Ihre Frau, Herr Baumann. Aber ich wollte gerade
gehen.« Franka hielt seinem Blick stand. Baumann nickte und
betrachtete seine Frau missbilligend. Sie stellte das leere Glas
auf die kleine Anrichte und lächelte ihn unsicher an.
»Hallo mein Traummann!« Ihre Stimme war bereits schwer,
dennoch war der Spott, den sie an den Tag legte, nicht zu
überhören. Sie zwinkerte Franka verschwörerisch
zu.
Baumann trat
näher. Er roch ihre Alkoholfahne und wedelte sich bezeichnend
mit der Hand vor dem Gesicht herum. »Du bist
betrunken«, stellte er unumwunden fest.
»Ich habe nur
…« Sie setze zum Protest an, doch er brachte sie mit
einer herrischen Geste zum Schweigen.
»Ich will nichts
hören. Am besten legst du dich hin, um deinen Rausch
auszuschlafen.« Es war keine Empfehlung, es klang wie ein
Befehl. Karla Baumann widersprach nicht.
Sie wandte sich Franka
zu. »Ich bringe Sie zur Tür.« Leicht schwankend
durchquerte Karla Baumann die Halle des Hauses. Franka betrachtete
die bedauernswerte Frau. Im Eingang blieb sie stehen und reichte
Frau Baumann eine Karte. »Hier«, sagte sie.
»Falls Ihnen noch etwas einfallt, rufen Sie mich
an.«
Karla Baumann blickte
sich um. Von ihrem Mann war nichts zu sehen. »Ich weiß,
warum Sie hier sind«, flüsterte sie. »Sie denken,
er hat etwas mit dem Mord zu tun.«
»Liege ich denn
damit richtig?«
»Obwohl wir
verheiratet sind, ist er voller Rätsel für mich.
Einerseits traue ich ihm keinen Mord zu, aber andererseits
…«
»Ist noch etwas,
Frau Kommissarin?« Baumann war in der Halle erschienen und
hatte sich mit verschränkten Armen im Rahmen der
Wohnzimmertüre aufgebaut.
»Nein, alles in
Ordnung, machen Sie sich keine Sorgen.« Franka zwinkerte
Karla Baumann zu, dann war sie wieder an der frischen Luft. Es war,
als fiele eine zentnerschwere Last von ihren Schultern.
Über den
Eichenhofer Weg war sie zur Schmiedestraße spaziert. Micha
hatte es sich in einem Cafe gemütlich gemacht und wartete auf
Franka. Als sie das kleine Cafe betrat, blickte er neugierig auf.
»Und? Was hat das Frauengespräch gebracht? Hat ja lange
genug gedauert.«
Franka berichtete ihm
von ihrer unfreiwilligen Wartezeit. »Und als es interessant
wurde, erschien der Hausherr und machte es ungemütlich.«
Franka setzte sich und bestellte einen heißen Kakao.
»Karla Baumann lebt im goldenen Käfig. Und sie geht
davon aus, dass er sie betrügt. Und er war in der Mordnacht
definitiv nicht bei seiner Frau.«
»Somit hat er
gelogen, als wir ihn nach seinem Alibi befragt
haben.«
»Darauf wollte
ich hinaus. Seine Frau weiß nicht, wo er war, sie vermutet
aber wohl einen erneuten Seitensprung ihres werten
Gatten.«
»Wenn er kein
Alibi hat, dann …«
»… ist er
unser Mann«, nickte Franka und musste ihre Aufregung
unterdrücken. »Er hat uns belogen, und sein
vermeintliches Alibi hat sich in Luft
aufgelöst.«
Micha deutete auf die
Liste, die Baumann ihm mitgegeben hatte. »Ich habe mir mal
die Namen der Hausbewohner angesehen. Leider ohne Ergebnis. Nichts
deutet darauf hin, dass hier irgendetwas schief gelaufen ist. Fakt
ist jedoch, dass die Wohnung im letzten Jahr von vier Mietern
genutzt wurde, die nach kürzester Zeit wieder von der
Bildfläche verschwunden waren. Gegen keinen der Leute liegt
etwas vor, das habe ich schon recherchiert.«
»Dann fahren wir
jetzt ins Präsidium und berichten Bever, was Sache
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