Mein Ist Die Nacht
Spindes zu und ließ das
Vorhängeschloss einrasten. Jetzt war sie in der Realität
angekommen. Zeit, Clay zu vergessen.
45
15.05
Uhr
Bin gleich
zurück. Ein Zettel mit dieser Aufschrift
hing an Karla Baumanns Tür. Vielleicht hatte sie den Postboten
informieren wollen. Aus gleich war eine Stunde geworden und kurz,
bevor Franka die Aktion abbrechen wollte, tauchte die Hausherrin
auf.
»Sie schon
wieder?«, fragte sie Franka verwundert, als sie aus einem
Taxi stieg und den Eingang betrat. Sie wirkte betrunken.
»Darf ich mit
reinkommen?«
Die Hausherrin blickte
an der Kommissarin vorbei. »Und was ist mit Ihrem Kollegen?
Ist er diesmal nicht mit von der Partie?«
»Er hat einen
anderen dringenden Termin.«
»Kommen
Sie.«
Franka folgte ihr in
das große Wohnzimmer der Villa. Es gab eine Fensterfront, von
der man hinaus in den weitläufigen Garten blicken konnte. Das
Mobiliar im Raum bestand aus antiken Stücken. Im Kontrast dazu
standen der riesige Flachbildschirm an der rechten Wand und die
kleine Hifi-Anlage auf dem gläsernen Tisch neben der
Ledercouch. An den Wänden hingen imposante Gemälde. Die
gesamte Einrichtung wirkte teuer und gediegen. Alles hier roch nach
Reichtum.
»Möchten
Sie etwas trinken?« Karla Baumann stand neben einer Minibar.
Während sie Eiswürfel in ein Glas klimpern ließ und
sich einen Scotch eingoss, blickte sie ihren Gast fragend
an.
»Nein danke, ich
bin im Dienst.«
»Wie Sie meinen.
Ich habe auch Wasser, Limonade, Saft.«
»Dann nehme ich
einen O-Saft.«
»Gern.«
Die Hausherrin
schenkte der Kommissarin ein Glas Orangensaft ein und reichte es
ihr. Franka trank in kleinen Schlucken. Karla Baumann setzte das
Glas an und kippte den Whisky in einem Zug hinunter. Dann
schüttelte sie sich und schenkte sofort nach. »Sie sind
bestimmt wegen Klaus hier. Hat er wieder dreckige Geschäfte
gemacht?«
»Wieder?«
»Er arbeitet
immer wieder an der Grenze der Legalität, das ist nichts
Neues. Aber das gehört zu seinem Job, denn im Bau- und
Immobiliengeschäft wird mit harten Bandagen gekämpft. Nur
wer wirklich gut ist und weiß, wie man sich in diesem
Haifischbecken bewährt, kann langfristig
überleben.«
»Er scheint zu
wissen, wie es geht.«
»Und ob.
Allerdings ist er nicht immer der nette Junge, den viele seiner
Geschäftspartner in ihm gern sehen würden. Aber darauf
kann er verzichten. Er ist gut in seinem Job.« Karla Baumann
füllte ihr Glas erneut und nahm einen tiefen
Schluck.
»Gestatten Sie
mir eine persönliche Frage?«
»Schießen
Sie los.«
»Wie steht es um
Ihre Ehe?«
»Worauf wollen
Sie hinaus?« Karla Baumanns Augen hatten sich zu schmalen
Schlitzen verengt. Sie leerte das Glas und drehte es in den
Händen. Franka bemerkte, dass Karla Baumanns Finger
zitterten.
»Das kann ich
Ihnen nicht sagen - noch nicht. Ich bitte Sie um Ihr
Vertrauen.«
»Also gut. Wir
sind verheiratet. Wir kennen uns seit fünf Jahren, und
manchmal ist Klaus nicht auszuhalten. Wenn es im Geschäft
schlecht läuft, schafft er es nicht, seine Sorgen zu
vergessen. Manchmal lässt er die Wut an mir aus. Ich bin ihm
nicht böse deshalb. Trotzdem …« Sie füllte
ihr Glas zum dritten Mal. »Es gibt Momente, da hasse ich
ihn.«
»Kennen Sie
seine Termine?«
»Nein - oder
glauben Sie, ich will wissen, wann er sich mit seiner Geliebten
trifft?« Sie stierte in ihr Glas und lachte humorlos auf.
»Nein, es gibt Dinge, die will ich gar nicht
wissen.«
Franka spürte,
dass sie log. »Das heißt, er betrügt
Sie?«
»Tun das nicht
alle Männer?« Ihre Zunge wurde schwer, eine Folge des zu
schnell getrunkenen Alkohols. Franka schwieg, und so fuhr Karla
Baumann verbittert fort. »Aber ich lasse ihm seine
Freiheiten. Dafür genieße ich das Luxusleben an seiner
Seite. Natürlich tut es weh, dass er mich betrügt, aber
ich kann damit leben. Ich weiß, dass er immer wieder zu mir
zurückkehrt.«
»Was macht Sie
da so sicher?«
»Ich weiß
es einfach.«
»Wo war Ihr Mann
in der vorletzten Nacht?«
Karla Baumann
zögerte einen Moment, ehe sie antwortete. Doch dann gab sie
sich einen Ruck. »Nicht bei mir jedenfalls. Er hatte einen
Termin in Wuppertal. Ich weiß es, weil ich mich an diesem Tag
mit einer Freundin getroffen habe. Wir waren essen und haben
über alte Zeiten gesprochen. Als ich irgendwann kurz vor
Mitternacht nach Hause kam, war mein Mann noch immer nicht
zurück. So ging ich alleine ins Bett. Da ich den Abend
über viel Wein getrunken hatte, war ich ziemlich müde und
bin
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