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Mein Ist Die Nacht

Mein Ist Die Nacht

Titel: Mein Ist Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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gewesen, doch das hatte sie nicht
geschützt vor dem, was er mit ihr getan hatte. Und trotz ihrer
Vorsicht hatte sie nichts von der Metamorphose, die in diesem
Augenblick auf dem Beifahrersitz stattgefunden hatte, mitbekommen.
Warum also hätte er warten sollen? Es war eine verlassene
Landstraße, es schneite, und in diesem Waldstück hielt
sich um diese Zeit kein Mensch auf. Niemand, der ihn störte.
Das waren die Gedanken, die ihn dazu bewogen hatten, sich dieses
Opfers zu bemächtigen. Mit etwas Glück vergingen Tage,
bis man ihre Leiche hier fand. Diesmal musste er sie nicht
wegschaffen, um seine Spur zu verwischen. Eigentlich konnte er
zufrieden sein mit dieser Nacht, die ja gerade erst begann. Er
freute sich schon auf die Zeitungsmeldungen, wenn sie ihren
Leichnam gefunden hatten. Dann würde es keine Spur mehr geben,
die zu ihm führte.
    Mit einem teuflischen
Grinsen stieg er aus und wischte sich das Blut im Gesicht mit einem
Papiertuch ab, das er im Handschuhfach gefunden hatte. Die
Kälte, die draußen herrschte, spürte er gar nicht.
Er zupfte sich das Hemd zurecht, zog die Hose aus dem Fußraum
des Beifahrersitzes hervor und schlüpfte hinein.
Anschließend zog er den langen schwarzen Mantel über und
knöpfte ihn zu.
    Angezogen stand er
neben dem Wagen und betrachtete zufrieden sein Werk. Schön war
sie gewesen. Schön hatte sie im Augenblick des Todes
ausgesehen. Und er hatte den Moment bestimmt, in dem sie aus dem
Leben geschieden war. Er hatte sie besessen, hatte über Leben
und Tod entschieden. Sie war sein Donar geworden.
    Donare. So nannte man
in seiner Welt die Opfer. Menschen, die ihr Leben ließen, um
seine Gier zu stillen.
    Seine
Blutopfer.

 
    Freitag
    _______________

 
    60
    00.10
Uhr
    »Wo warst du
denn?« Ein Geräusch im dunklen Schlafzimmer hatte sie
geweckt, und die beleuchteten Ziffern des Weckers zeigten ihr, dass
sie bereits zwei Stunden geschlafen hatte. In letzter Zeit plagten
sie Schlafstörungen, wohl eine Folge des eintönigen
Hausfrauenalltags.
    Manchmal sehnte sie
sich zurück nach einem Beruf, in dem sie sich tagsüber so
richtig auspowern und abends todmüde ins Bett fallen konnte.
Doch Max hatte gemeint, dass sie nicht arbeiten solle, nachdem sie
ihren alten Job verloren hatte. Er wollte nicht, dass seine Frau
ihre Energie in einem neuen sinnlosen Job verplemperte, anstatt
ausschließlich für ihn und die Familie da zu sein. Und
er verdiene genug.
    So hatte ihr Dr.
Jürgens, der Hausarzt, ein Schlafmittel verschrieben. Das
Medikament, das Max ihr vorhin aus der Apotheke mitgebracht hatte,
wirkte. Sie hatte geschlafen wie ein Murmeltier. So tief und fest
wie schon lange nicht mehr.
    Jetzt richtete sie
sich halb im Bett auf und beobachtete ihren Mann, der die Schuhe
auszog und die schwarze Hose abstreifte und ordentlich über
einen Bügel hängte. Ein Hemd trug er nicht, vermutlich
hatte er es direkt in die Wäsche gelegt. Das Licht der
Straßenlaterne vor dem Schlafzimmerfenster warf einen breiten
Lichtstreifen in den unbeleuchteten Raum und ließ sein
Gesicht geheimnisvoll wirken. »Der Termin in der Verwaltung
hat länger gedauert, die waren noch mit uns essen, und da
konnte ich nicht früher weg. Na ja, und dann war ich noch kurz
mit dem Hund draußen.« Er stand neben dem Bett und
lächelte ihr sanft zu. »Du hast geschlafen wie ein
Stein.«
    »Ich
weiß«, nickte sie zerknirscht. »Ich weiß
auch nicht, was mit mir los ist in letzter Zeit. Das muss an dem
Schlafmittel von Dr. Jürgens liegen. Es ist, als hätte
ich K.O.-Tropfen eingenommen.«
    »Immerhin kannst
du schlafen«, lächelte er und strich ihr zärtlich
durch das kurze Blondhaar. »Du brauchst die Ruhe,
Petra.«
    »Ist es kalt
draußen?«
    »Es schneit
schon wieder. Hoffentlich komme ich morgen früh zur
Arbeit.« Eilig zog er die Socken aus und kroch nackt zu ihr
unter die Bettdecke.
    »Schlafen die
Kinder?«, fragte Petra Ziegler noch immer
schlaftrunken.
    »Tief und
fest«, lächelte er und strich ihr zärtlich durch
das warme Gesicht. Sie genoss seine Berührung. Max schmiegte
sich an sie heran und schickte Füße und Hände auf
Wanderschaft.
    »Iih«,
kreischte sie. »Hau ab, du bist eiskalt!«
    »Das weiß
ich, deshalb sollst du mich ja jetzt wärmen.« Er zog sie
an sich heran und küsste sie leidenschaftlich. Und Petras
Müdigkeit war von einem Moment auf den anderen verflogen. Sie
liebte diese stürmische Leidenschaft ihres Mannes. Und sie war
sicher, dass sie gleich wieder sehr, sehr müde

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