Mein ist die Stunde der Nacht
drei Leichen befördert, dachte Sam. Bitte lass Jean Sheridan nicht die Nächste sein, betete er. Bitte lass Jean nicht die Nächste sein.
87
JAKE PERKINS HATTE ES sofort bereut, Sam Deegan ignoriert zu haben, als sich ihre Blicke begegnet waren. Es war zwar okay, dem Ermittler keine Informationen mehr zu geben, aber das musste nicht bedeuten, jeden Kontakt mit ihm abzubrechen. Kein guter Reporter würde so etwas tun, wie sehr er auch gekränkt worden war.
Liebend gern hätte er Deegan um ein paar Sätze zu Robby Brents Ermordung gebeten, aber eigentlich war das überflüssig. Es war sowieso klar, wie die offiziellen Aussagen lauten würden: Brent sei das Opfer eines Mordes geworden, der oder die Täter seien unbekannt. Die Todesursache war noch nicht bekannt gegeben worden, aber es war todsicher kein Selbstmord. Niemand klettert in den Kofferraum eines Wagens, während dieser in den Fluss rollt.
Vielleicht weiß Deegan, wo Dr. Sheridan ist, dachte Jake. Er hatte versucht, sie anzurufen, doch auf ihrem Zimmer meldete sich niemand. Er wollte unbedingt eine Bestätigung von ihr, dass Laura in demselben Zimmer geschlafen hatte, in dem später der Mord geschehen war.
Vorsichtig die schwere Kamera schützend, arbeitete sich Jake durch die Menge der Fotografen und Reporter und erreichte Sam bei seinem Wagen. »Mr Deegan, ich habe vergeblich versucht, Dr. Sheridan zu erreichen. Wissen Sie zufällig, wo sie sein könnte? Im Hotel geht sie nicht ans Telefon.«
Sam wollte gerade in sein Auto steigen. »Um wie viel Uhr haben Sie es versucht?«, fragte er scharf.
»Um halb zehn.«
Das war genau zu der Zeit, als er es auch versucht hatte, dachte Sam. »Ich weiß nicht, wo sie ist«, knurrte er und stieg in seinen Wagen. Er schlug die Tür zu und stellte die Sirene an.
Irgendwas ist los, dachte Jake. Er macht sich Sorgen um Dr. Sheridan, aber er wendet nicht, um zum Hotel zu fahren. Er fährt zu schnell, als dass ich ihm folgen könnte. Am besten fahre ich zur Schule zurück und räume die Dunkelkammer auf. Danach kann ich immer noch ins Glen-Ridge fahren und nachsehen, was sich dort tut.
88
AUF DEM WEG ZUM AUSSICHTSPUNKT rief Sam das Glen-Ridge House an und bat, sofort mit dem Manager verbunden zu werden. Als sich Justin Lewis meldete, sagte Sam: »Hören Sie, ich könnte eine richterliche Genehmigung für die Einsicht in Ihre Telefondaten bekommen, aber wir haben keine Zeit zu verlieren. Soeben wurde Dr. Sheridans Auto gefunden, es fehlt jede Spur von ihr. Ich möchte, dass Sie mir sofort eine Liste der Telefonnummern von allen Anrufen geben, die Dr. Sheridan zwischen zehn Uhr gestern Abend und neun Uhr heute Morgen erhalten hat.«
Er hatte Bedenken erwartet, stieß aber auf keine. »Geben Sie mir Ihre Nummer. Ich rufe Sie gleich zurück«, erwiderte der Manager knapp.
Sam legte sein Handy auf den Beifahrersitz und raste weiter in Richtung Storm-King-Aussichtspunkt. Am Ausgang der Kurve erblickte er Jeans blaues Kabrio und einen Polizisten, der daneben Wache hielt. Er stellte seinen Wagen gleich dahinter ab und hatte Notizblock und Stift schon bereit, als Justin Lewis zurückrief. Der Mann hatte den Ernst der Lage offensichtlich begriffen. »Dr. Sheridan hat sieben Anrufe erhalten«, sagte er. »Der erste kam um Viertel vor sieben …«
»Um Viertel vor sieben?«, unterbrach Sam.
»Ja, Sir. Er kam von einem Handy aus der Umgebung. Der
Name des Teilnehmers wurde nicht mitgeteilt. Die Nummer ist …«
Sam schrieb mit und riss die Augen auf, als er die Nummer wiedererkannte: Sie gehörte zu dem Handy, das Robby Brent benutzt hatte, als er am Montagabend Jean angerufen und Lauras Stimme nachgeahmt hatte.
»Bei den anderen Anrufen können die Teilnehmer identifiziert werden – es waren eine Mrs Alice Sommers und ein Mr Jake Perkins. Sie haben beide mehrmals versucht, Dr. Sheridan zu erreichen. Zwei weitere Anrufe kamen von Ihrer Nummer.«
»Vielen Dank. Sie haben uns sehr geholfen«, sagte Sam und unterbrach die Verbindung. Robby Brent ist seit mehreren Tagen tot, dachte er, aber jemand hat sein Handy benutzt, um Jean Sheridan aus dem Hotel zu locken. Sie muss gleich nach dem Anruf weggefahren sein. Ihr Wagen wurde um Viertel vor acht hier gesehen. Mit wem wollte sie sich treffen? Sie hatte versprochen, vorsichtig zu sein, und es gab nur zwei Menschen, mit denen sie sich getroffen hätte, ohne weiter nachzudenken, dessen war sich Sam sicher.
Er war sich bewusst, dass ihn der Polizist, der neben Jeans Auto stand,
Weitere Kostenlose Bücher