Mein ist die Stunde der Nacht
über Lauras Pläne wusste. Sie hatte bereits mit Robby Brent in der Halle gesprochen, der jedoch gesagt hatte, er habe nicht die leiseste Ahnung, wo Laura sein könnte.
»Jean, ich muss weg«, sagte Sam. »Haben Sie schon jemanden erreicht?«
»Ich habe mit Carter gesprochen. Er ist sehr besorgt, aber er weiß auch nicht, wo sie sein könnte. Ich habe ihm erzählt, dass ich mit Gordon zu Abend esse, und er will zu uns stoßen. Wir könnten zu dritt noch einmal durchgehen, mit wem Laura länger zusammen war, und vielleicht bringt uns das auf irgendeinen neuen Gedanken. Jack Emerson ist nicht zu Hause. Ich habe ihm eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Dasselbe gilt für Mark Fleischman.«
»Das ist so ziemlich alles, was Sie im Moment tun können«, sagte Sam. »Uns sind aus juristischen Gründen die Hände gebunden. Wenn bis morgen niemand etwas von ihr gehört hat, werde ich versuchen, einen Durchsuchungsbefehl für ihr Zimmer zu bekommen. Vielleicht hat sie dort irgendeinen Hinweis hinterlassen, wo sie hingegangen sein könnte. Ansonsten heißt es abwarten und Tee trinken.«
»Werden Sie morgen Früh zum Pfarramt gehen?«
»Ganz bestimmt«, versprach Sam. Er klappte sein Handy zu und eilte zu seinem Wagen hinaus. Es war besser, wenn Jean nicht erfuhr, dass er auf dem Weg zum Fundort einer Leiche war – einer Frau, die als vermisst gegolten hatte.
Helen Whelan war mit einem Schlag auf den Hinterkopf niedergestreckt worden, danach hatte der Täter mehrfach auf sie eingestochen. »Wahrscheinlich hat er sie von hinten mit demselben stumpfen Gegenstand niedergeschlagen, den er auch bei dem Hund verwendet hat«, meinte Cal Grey, der Gerichtsmediziner, als Sam am Tatort eingetroffen war. Man war gerade im Begriff, die Leiche abzutransportieren, und auf der Suche nach Indizien durchkämmten Beamte den mit Bändern abgesperrten und mit Flutlicht grell erleuchteten Fundort.
»Vor der Autopsie kann ich es nicht mit Sicherheit sagen, aber für mich sieht es so aus, als hätte der Schlag auf den Kopf sie nur betäubt. Die Stichwunden wurden ihr erst beigebracht, nachdem sie hierher geschleift worden ist. Man kann nur hoffen, dass sie da schon nicht mehr bei Bewusstsein war.«
Sam sah zu, wie der schlanke leblose Körper in einen Leichensack gehoben wurde. »Es sieht so aus, als ob ihre Kleidung nicht angetastet wurde.«
»Wurde sie auch nicht. Mein Eindruck ist, dass der Täter sie sofort hierher gebracht und getötet hat. Sie hat immer noch die Hundeleine um ihr Handgelenk gewickelt.«
»Einen Moment«, rief Sam dem Beamten zu, der gerade den Sack schließen wollte. Er ging in die Hocke und merkte, wie seine Schuhe im Schlamm versanken. »Gib mir mal deine Lampe, Cal.«
»Was siehst du?«
»Hier, da ist ein Blutfleck seitlich an der Hose. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der von den Stichwunden an Hals und Brust stammt. Ich vermute, dass der Täter ziemlich stark geblutet hat, weil er von dem Hund gebissen wurde.« Er richtete sich auf. »Das könnte bedeuten, dass er vielleicht in einer Notfallambulanz gewesen ist. Ich werde veranlassen, dass ein Hinweis an alle Krankenhäuser in der Gegend rausgeht. Sie sollen alle Fälle von behandelten Bisswunden über das Wochenende und in den nächsten Tagen melden. Und kümmer dich darum, dass das Blut im Labor untersucht wird. Wir sehen uns dann später bei dir, Cal.«
Auf der Fahrt zum gerichtsmedizinischen Labor überfiel Sam der Gedanke an die Sinnlosigkeit von Helen Whelans Tod. Er kannte das Gefühl, ein Ziehen in der Magengegend. Es überkam ihn jedes Mal, wenn er mit solchen Fällen von brutaler Gewalt konfrontiert wurde. Ich will den Kerl, dachte er, und ich will derjenige sein, der ihn schnappt. Ich hoffe nur, dass der Hund ihn ordentlich zugerichtet hat und dass es ihm jetzt schlecht geht.
Bei diesem Gedanken fiel ihm etwas ein. Vielleicht ist er zu schlau, um in eine Klinik zu gehen, aber die Bisswunden muss er trotzdem irgendwie versorgen, dachte er. Es ist nicht viel mehr als die berühmte Stecknadel im Heuhaufen, doch vielleicht lohnt es sich, alle Apotheken in der Gegend anzuweisen, auf Leute zu achten, die Dinge wie Peroxid, Verbandszeug und antibiotische Salben verlangen.
Andererseits, wenn er schlau genug ist, um nicht in ein Krankenhaus zu gehen, dürfte er auch schlau genug sein, um das Zeug in einem von den großen Drugstores zu kaufen, wo immer eine lange Schlange vor der Kasse steht und niemand
darauf achtet, was die Kunden
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