Mein ist die Stunde der Nacht
sich unsere Sorge um Laura als unnötig erweisen wird. Ich habe gehört, dass sie vor ein paar Jahren von einem steinreichen Typen, dessen Name mir entfallen ist, auf seinen Besitz in Palm Beach eingeladen wurde und angeblich während einer Dinner-Party mit ihm in seinem Privatflugzeug verschwunden ist. Damals hat sie wohl nicht einmal ihre Zahnbürste dabeigehabt, ganz zu schweigen von ihrem Kosmetikkram.«
»Ich glaube nicht, dass irgendjemand im Privatjet nach Stonecroft geflogen ist«, bemerkte Robby Brent. »So, wie manche aussahen, glaube ich eher, dass sie getrampt sind.«
»Jetzt mach mal ’nen Punkt, Robby«, protestierte Jack Emerson. »Viele unserer ehemaligen Mitschüler haben sich ganz schön gemacht. Deshalb hat auch eine ganze Anzahl von ihnen Grundstücke in der Gegend gekauft für einen eventuellen zweiten Wohnsitz.«
»Jack, tu mir den Gefallen und lass die Grundstücksmakelei heute Abend mal beiseite«, sagte Gordon gereizt. »Übrigens, du bist ein reicher Mann und der Einzige, soviel ich weiß, der ein Haus in der Stadt besitzt und Laura zu einem ganz privaten Klassentreffen hätte einladen können.«
Jack Emersons Gesicht wurde noch röter. »Das kann ja wohl nur als Witz gemeint sein, Gordon.«
»Ich habe nicht vor, unserem Komiker vom Dienst Robby Konkurrenz zu machen«, entgegnete Gordon, während er sich eine Olive von einem Schälchen nahm, das der Kellner auf den Tisch gestellt hatte. »Selbstverständlich war es ein Witz. Dafür war das mit dem Makeln ernst gemeint.«
Jean fand es an der Zeit, das Gespräch auf das Thema zurückzulenken. »Ich habe Mark eine Nachricht auf sein Handy gesprochen«, berichtete sie. »Er hat mich, kurz bevor ich hinuntergegangen bin, zurückgerufen. Wenn wir bis morgen nichts von Laura gehört haben, will er seine Termine ändern und zurückkommen.«
»Auf der Highschool hat er immer eine Schwäche für Laura gehabt«, bemerkte Robby. »Würde mich nicht wundern, wenn das immer noch so wäre. Er hat sich unheimlich ins Zeug gelegt, um neben ihr auf dem Podium zu sitzen, gestern Abend. Er hat sogar extra die Platzkarten vertauscht.«
Deswegen möchte er also so schnell wieder hier sein, dachte Jean und musste sich eingestehen, seinen Worten am Telefon zu viel Gewicht beigemessen zu haben. »Jeannie«, hatte er gesagt, »ich möchte nichts Schlimmes heraufbeschwören,
aber sollte Laura wirklich etwas zugestoßen sein, dann wäre das eine zusätzliche Bestätigung für dieses Muster, nach dem alle Frauen aus eurer Mittagsrunde der Reihe nach gestorben sind. Darüber musst du dir im Klaren sein.«
Und ich habe angenommen, dass er sich Sorgen um mich macht, dachte sie. Ich habe sogar überlegt, mit ihm über die Sache mit Lily zu reden. Da er Psychologe ist, dachte ich, dass er vielleicht beurteilen kann, was für eine Art von Mensch hinter diesen Botschaften stecken könnte.
Sie war erleichtert, als der Kellner, ein zart wirkender, älterer Mann, die Speisekarten verteilte. »Darf ich Sie auf unsere Spezialitäten des Tages hinweisen?«, fragte er.
Robby schaute mit einem hoffnungsvollen Lächeln zu dem Kellner auf. »Kann’s kaum erwarten«, murmelte er.
»Filet Mignon mit Champignons, Seezungenfilets, gefüllt mit Krebsfleisch …«
Als er mit der Aufzählung fertig war, fragte Robby: »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
»Natürlich, Sir.«
»Ist es in diesem Hause üblich, dass man die Reste vom Vorabend am nächsten Tag als Tagesspezialitäten präsentiert?«
»Oh, Sir, ich versichere Ihnen«, stammelte der Kellner verlegen, »ich arbeite seit vierzig Jahren hier, und wir sind sehr stolz auf unsere Küche.«
»Schon gut, schon gut. War nur ein kleiner Scherz, um die Stimmung zu heben. Jean, du zuerst.«
»Caesar-Salat und den Lammrücken, medium«, sagte Jean. Robby ist nicht einfach nur sarkastisch, dachte sie; er ist gemein und grausam. Es macht ihm Spaß, Menschen wehzutun, die sich nicht wehren können, Menschen wie Miss Bender, die Mathelehrerin, gestern Abend beim Dinner, und jetzt dieser arme Mann. Er redet davon, dass Mark eine Schwäche für Laura hat. Aber keiner war damals mehr in sie verknallt als er.
Plötzlich ging ihr etwas durch den Kopf, das sie beunruhigte. Robby hat inzwischen viel Geld. Er ist berühmt. Wenn er Laura eingeladen hätte, mit ihm irgendwohin zu gehen, wäre sie mit ihm gekommen, dessen war sie sich sicher. Sie erschrak, als ihr klar wurde, dass sie für einen Moment ernsthaft die Möglichkeit erwogen
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