Mein ist die Stunde der Nacht
Beste war, eine Warnmeldung herauszugeben, wonach sich Frauen nach Einbruch der Dunkelheit möglichst nicht allein auf der Straße aufhalten sollten, ansonsten aber nur bekannt zu geben, dass die Beweislage darauf hindeute, Helen Whelan und Yvonne Tepper seien von demselben Täter ermordet worden.
Als sich alle zum Gehen erhoben, sagte Joy Lacko: »Was mir Angst macht, ist, dass in diesem Moment eine völlig unschuldige Frau ihren alltäglichen Dingen nachgeht, nicht ahnend, dass sie an einem der nächsten Tage das nächste Opfer sein wird, nur weil sie sich zur falschen Zeit am falschen Ort befindet und diesem Kerl über den Weg laufen wird.«
»So weit dürfen wir es nicht kommen lassen«, sagte Rich Stevens scharf.
Aber sie hat Recht, dachte Sam. Sie hat verdammt Recht.
64
AM MITTWOCHVORMITTAG besuchte Jake Perkins wie immer den Schulunterricht, mit Ausnahme des Kurses für kreatives Schreiben, da er der Ansicht war, dass er selbst besser geeignet sei, ihn zu leiten, als der Lehrer. Kurz vor der Mittagspause betrat er in seiner Eigenschaft als Reporter der Stonecroft Gazette das Büro von Direktor Downes zu dem vereinbarten Interview, in dem Downes seine Eindrücke vom großartigen Erfolg des Klassentreffens wiedergeben sollte.
Alfred Downes schien jedoch nicht in besonders guter Laune zu sein. »Jake, ich weiß, dass ich es Ihnen versprochen habe, aber im Moment passt es mir wirklich nicht.«
»Das verstehe ich, Sir«, sagte Jake mitfühlend. »Ich vermute, Sie haben in den Nachrichten gesehen, dass der Bezirksstaatsanwalt wegen dieses Werbegags möglicherweise gegen zwei unserer Ehrengäste Anklage erheben wird.«
»Ich weiß Bescheid«, sagte Downes frostig.
Jake ignorierte seinen abweisenden Ton und fragte: »Glauben Sie, dass dies in der öffentlichen Meinung ein schlechtes Licht auf die Stonecroft Academy werfen wird?«
»Das ist doch wohl sonnenklar, Jake«, erwiderte Downes scharf. »Wenn Sie mir mit dummen Fragen auf den Geist gehen wollen, dann verschwinden Sie am besten gleich wieder.«
»Ich hatte nicht die Absicht, dumme Fragen zu stellen«, entschuldigte sich Jake schnell. »Worauf ich hinauswollte, ist
Folgendes: Beim Dinner hat Robby Brent einen Scheck über zehntausend Dollar für unsere Schule überreicht. Haben Sie angesichts seines Verhaltens in den letzten Tagen die Absicht, ihm diese Spende zurückzugeben?«
Er war sicher, dass sich Direktor Downes bei dieser Frage winden würde. Er wusste, wie sehr sich Downes wünschte, dass der Erweiterungsbau für die Schule noch in seiner Amtszeit zustande käme. Es war allgemein bekannt, dass die Idee zu diesem Treffen, einschließlich der Ehrung einzelner Ehemaliger, zwar von Jack Emerson stammte, dass aber Downes seinerseits begeistert darauf eingegangen war. Es war eine öffentlichkeitswirksame Werbung für die Schule, eine Möglichkeit, die erfolgreichen Absolventen zu präsentieren – wobei natürlich die Botschaft sein sollte, dass sie alles, was sie für ihre Karriere brauchten, auf der guten alten Stonecroft Academy gelernt hatten. Und es war eine Möglichkeit, den Ehrengästen und den übrigen Ehemaligen Spenden zu entlocken.
Nun aber spekulierten die Medien über den unheimlichen Zufall, dass fünf Frauen, die in der Mittagspause in Stonecroft am selben Tisch gesessen hatten, nacheinander gestorben waren, und Jake war natürlich klar, dass dies die Eltern nicht unbedingt dazu bewegen würde, ihre Kinder gerade auf diese Schule zu schicken. Zu allem Überfluss kam jetzt noch die fragwürdige Werbeaktion von Laura Wilcox und Robby Brent hinzu – ein weiterer Schlag für das Prestige der Schule. Jake setzte eine ernste Miene auf und sagte: »Dr. Downes, wie Sie wissen, ist bald Redaktionsschluss für die Gazette . Ich brauche nur ein paar Sätze von Ihnen zum Klassentreffen.«
Alfred Downes blickte seinen Schüler fast hasserfüllt an. »Ich bin gerade dabei, eine Erklärung vorzubereiten, und Sie werden morgen früh eine Kopie erhalten, Jake.«
»Vielen Dank, Sir.« Jake hatte ein wenig Mitgefühl mit dem Mann, der ihm gegenüber hinter seinem Schreibtisch saß. Er
macht sich Sorgen um seinen Job, dachte er. Der Verwaltungsrat wird ihn vielleicht absägen. Sie wissen, dass Jack Emerson das Treffen auf die Beine gestellt hat, weil ihm das Grundstück gehört, auf dem das neue Gebäude gebaut werden soll, und dass Downes bei der ganzen desaströsen Geschichte mitgemacht hat. »Sir, ich dachte gerade …«
»Hören Sie auf zu
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