Mein ist die Stunde der Nacht
weiß, dass alle andern das schon gehört haben, aber bitte, Joy, klären Sie Sam über das Opfer und das, was die Nachbarn Ihnen erzählt haben, auf.«
Außer Sam und Eddie waren vier weitere Ermittler in Stevens’ Büro anwesend. Joy Lacko, die einzige Frau im Team, war erst seit weniger als einem Jahr Ermittlerin, aber Sam hatte bereits große Hochachtung vor ihr bekommen wegen ihrer Intelligenz und ihrer Fähigkeit, unter Schock stehende Zeugen zu befragen.
»Das Opfer, Yvonne Tepper, war dreiundsechzig Jahre alt, geschieden, mit zwei erwachsenen Söhnen, die beide in Kalifornien leben und verheiratet sind.« Joy hielt ihren Notizblock in der Hand, blickte jedoch nicht darauf, sondern schaute Sam an. »Sie war Inhaberin eines Friseursalons, sehr beliebt und hatte anscheinend keine Feinde. Ihr früherer Ehemann hat wieder geheiratet und lebt in Illinois.« Sie machte eine Pause. »Sam, all das ist wahrscheinlich unwichtig, nachdem wir die Eule in ihrer Tasche gefunden haben.«
»Keine Fingerabdrücke, nehme ich an«, sagte Sam.
»Keine Fingerabdrücke. Wir wissen also, dass es derselbe Kerl gewesen sein muss, der Freitagnacht Helen Whelan überfallen hat.«
»Mit welchen Nachbarn haben Sie gesprochen?«
»Eigentlich mit allen in der unmittelbaren Umgebung. Die Einzige, die etwas sagen konnte, war die Nachbarin, die Tepper an diesem Abend besucht hat und die sie vermutlich gerade verlassen hatte, als sie überfallen wurde. Ihr Name ist Rita Hall. Tepper und sie waren eng befreundet. Tepper hatte ein paar Kosmetikartikel aus ihrem Salon mitgenommen und brachte sie ihr zwischen zehn und halb elf vorbei. Die beiden Frauen haben sich eine Weile unterhalten und zusammen die Elf-Uhr-Nachrichten angeschaut. Halls Ehemann Matthew war bereits zu Bett gegangen. Zufällig war er heute Morgen derjenige, der zuerst bei Bessie Koch war, jener
Frau, die die Leiche gefunden und gehupt hatte, um Hilfe zu holen. Er war clever genug, den andern Nachbarn zu sagen, sie sollten nichts anrühren und von der Leiche wegbleiben, und dann die Notrufzentrale anzurufen.«
»Hat Yvonne Tepper Mrs Halls Haus gleich nach den Nachrichten verlassen?«, fragte Sam.
»Ja. Mrs Hall hat sie zur Haustür gebracht und stand noch mit ihr unter dem Vordach. Sie erinnert sich, dass sie Tepper noch etwas sagen wollte, was sie über einen früheren Nachbarn gehört hatte. Sie meint, sie hätten nicht länger als eine Minute dort gestanden, und die Lampe über dem Eingang habe gebrannt, sodass man sie sehen konnte. Sie sagt, sie habe ein Auto bemerkt, das das Tempo verlangsamt habe und rechts rangefahren sei, aber sie habe sich nichts weiter dabei gedacht. Offenbar haben die Leute auf der anderen Straßenseite Kinder im Teenageralter, die andauernd kommen und gehen.«
»Konnte Mrs Hall das Auto beschreiben?«, fragte Sam.
»Nur, dass es eine mittelgroße Limousine war, dunkelblau oder schwarz. Mrs Hall ist wieder in ihr Haus gegangen und hat die Tür geschlossen, während Mrs Tepper über den Rasen zum Gehweg gegangen ist.«
»Ich schätze, dass sie weniger als eine Minute später tot war«, sagte Rich Stevens. »Raub fällt als Motiv aus. Ihre Handtasche lag auf dem Gehweg. Sie hatte zweihundert Dollar in ihrem Portmonee und trug einen Brillantring und Brillantohrringe. Das Einzige, was der Kerl wollte, war, sie zu töten. Er hat sie überfallen, auf ihren Rasen gezerrt, erdrosselt, ihre Leiche hinter einem Busch zurückgelassen und ist weggefahren.«
»Vorher hat er ihr noch die Eule in die Tasche gesteckt«, bemerkte Sam.
Rich Stevens schaute von einem zum andern. »Ich habe hin und her überlegt, ob wir gegenüber der Presse etwas über die Eule sagen sollen. Möglicherweise gibt es jemanden, der
etwas über einen Kerl weiß, der von Eulen besessen ist oder sich welche als Hobby hält.«
»Stellen Sie sich vor, was für ein Riesending die Medien daraus machen würden, wenn sie erfahren würden, dass die Opfer diese Eule in der Tasche hatten«, wandte Sam rasch ein. »Wenn dieser Irre auf einem Egotrip ist, was ich vermute, dann würden wir ihn genau mit dem füttern, worauf er aus ist, ganz abgesehen von der Möglichkeit, dass ein Nachahmungstäter auftauchen könnte.«
»Außerdem würden wir mit dieser Information den Frauen keinen Warnhinweis liefern«, meinte Joy Lacko. »Schließlich hinterlässt er die Eule erst, nachdem er sein Opfer getötet hat, nicht davor.«
Am Schluss der Besprechung stimmten alle darin überein, dass es das
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