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Mein Jakobsweg

Mein Jakobsweg

Titel: Mein Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Sauer
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hoffst, dass du dir keine Blasen oder Verletzungen zuziehst.
    Bald hast du die ersten Aufgaben gemeistert und wirst selbstbewusster. Du kannst deine Gedanken befreien und für Momente das Gefühl genießen, an gar nichts zu denken. Dein Pilgeralltag ist nun Routine, und dir ist es nicht mehr wichtig, ob du mehr oder weniger zu essen hast. Du gibst dich der Schönheit dieser Landschaft hin. Die so vielfältig, traumhaft schön ist. Träumend auch wandelst du hindurch, dankbar für jeden neuen Tag.
    Mit der Zeit schärfen sich deine Sinne, der Geist wird reger. Das Erleben intensiviert sich, die Gerüche, das Schmecken und allem voran das Sehen. Du erlangst ein seelisches Gleichgewicht, wie du es dir zuvor nicht hast vorstellen können. Du pilgerst, bereit zur inneren Wandlung, und lässt deiner Seele und den Füßen freien Lauf. Verschwendest keinen Gedanken mehr an das Aufgeben. Auch die Frage nach dem »Warum« stellt sich nicht mehr. Schmerzen und Leid hast du hinter dir gelassen. Deine Mitpilger sind deine Freunde, du fühlst dich wohl mit ihnen. Du vertraust dich ihnen an und bringst dich ein in die große Pilgergemeinschaft. Beseelt von dem Gedanken, am Ort der Freude anzukommen.
    Nun bist du angekommen. Legst deine Arme über die Schultern des heiligen Jakobus. Streichelst seine Wange und sagst: Sieh nur, ich bin da. Ich habe es geschafft! Welch wunderbare Fügung. Ein klein wenig scheinst du dich in deinem Glückstaumel zu verlieren.
    Doch dann willst du weiter. Wieder festen Boden unter den Füßen haben. Dein neues Ziel ist Finisterre. Das Ende der Welt. Die Erschöpften, so wie ich, oder die, denen die Zeit davongelaufen ist, fahren mit dem Bus. Du gehst zu dem Leuchtturm, setzt dich auf die Felsen, die steil hinabstürzen in den Atlantik. In stetigem Auf und Ab treiben Winde die Wellen voran. Sich übereinander werfend, schlagen sie gegen die Felsen.
    Nun ist dein Selbst, dein tiefstes Inneres, bereit, auf Veränderungen zuzugehen, neu zu bewerten und zu akzeptieren.
    Die Wandlung ist vollzogen.
    Dies ist das Ende deines Weges.
    Du gehst zurück und beugst dich über deine Notizen, oftmals zu schnell hingeschrieben, suchst sie zu entschlüsseln. Auf dass dir kein Wort, kein einziger Gedanke und nicht ein einziger Augenblick je verloren geht.
     

Hoffnung
     
     
     
     
    Kerzen zündete ich an
    für dich mein Sohn
    in den Kirchen
    auf all meinen Wegen
     
    Wünschte dir ein besseres Leben
    träumte von glücklichen Tagen
    wollte dir nahe sein
    aber du bliebst fern
     
    Kerzen zündete ich an
    für dich mein Sohn
     
    Hoffte du bist geborgen
    hättest ein Bett zum Schlafen
    könntest überwinden
    deine Sucht nach Drogen
     
    Kerzen zünde ich an
    auf deinem Grab mein Sohn
     

Die zweite Reise
    auf dem Camino
     
    Juni 2006
     

Über den Somportpass nach Santiago
     
     
    Die Sehnsucht des Menschen
    sind die Flügel seiner Seele
    Aus dem Pilgerbuch in Artieda
     
    D er Rucksack ist geschnürt. Ich habe ihn unter sechs Kilogramm gebracht, sogar mit Sandalen.
    Seit zwei Jahren habe ich die 100 Euro von meiner Grazer Spenderin aufbewahrt, jetzt tausche ich sie in Fünfziger. Das ist praktischer.
    Dank meiner täglichen Wanderübungen glaube ich mich gut vorbereitet. Probleme macht mir nur der Transport der Walkingstöcke, die ich unbedingt dabeihaben will. Jemand gibt mir den Rat, Schaumstoffröhren zu besorgen, wie sie zur Isolierung von Heizungen gebraucht werden. Das geht ganz gut. Mit Klebestreifen an meinem Rucksack befestigt, kommen die Stöcke unbeschadet in Pau an.
    Willst du dir das wirklich noch mal antun, diese ganzen Strapazen?, hatte Andreas gefragt, als es gewiss war, dass ich noch einmal gehen würde.
    Ja, mein Sohn, ich bin glücklich, wenn ich pilgere, und ich habe so vieles noch nicht gesehen. Das Leben entschleunigen, Andreas, du glaubst nicht, wie gut das tut.
    Beim Abschied sagte er: Was immer du suchst, mögest du es finden.
     

Ankunft in den Pyrenäen
     
     
    Die Linien des Lebens sind verschieden,
    wie die Wege sind und wie der Berge Grenzen.
    Friedrich Hölderlin
     
    F lug bis Pau, mit dem Bus in die Stadt, von dort mit dem Zug nach Oloron, weiter mit dem Bus die Pyrenäen hinauf. Auf schmalen Straßen über viele Brücken, durch kleine Ortschaften und dichte Wälder, vorbei an kleinen Gehöften und Häusern aus Naturstein in Anthrazit. In einer Jugendherberge in dem Bergdorf Estraut übernachten wir.
    Ein Schotte kommt mit mir an. Es ist so lustig, als Madame unser Zimmer

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