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Mein Koerper und ich - Freund oder Feind

Mein Koerper und ich - Freund oder Feind

Titel: Mein Koerper und ich - Freund oder Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanne Seemann
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Sachen, die die Eltern und andere Erziehungsberechtigte in Hilflosigkeit stürzen. Das ist beabsichtigt, aber fatal.
    Es gibt eine beherzigenswerte Regel, die heißt, wenn du nicht weißt, was du tun sollst, auch, weil du etwas nicht verstehst, dann sei nicht verzweifelt, agiere nicht herum, sondern schau hin, wundere dich und tue erst mal nichts. Beten ist erlaubt. Mitgefühl haben auch. Und vor allem Respekt! Dafür, dass diese Kinder eine schwierige Zeit bewältigen müssen.
    Vor allem aber: Vertrauen in den Fortgang und in die Entfaltung des Lebens. Man kann auch Lebensgeschichten von berühmten oder bekannten Leuten lesen und nachsehen, dass bei ihnen auch nicht alles so glattgegangen ist. Die Verlorengegangenen – sie allerdings sieht man nicht.
    Letzthin traf ich auf eine 15-Jährige, die ihre Eltern in eine derartige Verzweiflung stürzte wegen all der oben genannten Schrecklichkeiten auf einmal. Dabei war sie intelligent, schön, leidlich gut in der Schule – aber unbändig lebenshungrig und der Meinung, sie sei schon ziemlich erwachsen und wisse schon, was sie tue. Gleichzeitig litt sie unter dem mangelnden Vertrauen ihrer Eltern in sie, unter deren zunehmender Kontrolle, der sie sich entzog, und war fest davon überzeugt, dass etwas aus ihr werden würde, allerdings nicht das, was ihre große Schwester geworden sei: eine Abiturientin mit einem Notenschnitt von eins Komma null. Sie war nämlich künstlerisch begabt und somit »ganz anders«. Ihre Eltern überzeugte das nicht. Kurz bevor sie 16 wurde, machte sie sich selbst »verrückt« – ritzte sich, hörte Stimmen, war nicht mehr zu bändigen und verlangte nach einem Psychotherapeuten, was für ihre Eltern eine herbe Zumutung war. Dort angekommen, verlangte sie, stationär in die Psychiatrie eingewiesen zu werden, um die Zeit bis zu ihrem 16. Geburtstag zu überbrücken, wo ihr in Aussicht gestellt war, für ein Jahr in ein Internat nach Australien zu gehen. Da die Psychiaterin den Auslandsaufenthalt davon abhängig machte, dass sie sich bis dahin einigermaßen normalisiert haben müsste, hörte sie auf, sich zu ritzen, aß ausreichend und benahm sich insoweit gut, dass sie sofort gefährdet war, wieder nach Hause entlassen zu werden. Also: gewissermaßen eine Zwickmühle. Sie bekam es aber irgendwie hin, auf dem schmalen Grat zu wandern, flog nach Australien, war dort sehr allein, besorgte sich durch einige der schon bewährten Auffälligkeiten schnell wieder einen neuen Psychotherapeuten – und fing an, ihre künstlerischen Fähigkeiten zu entfalten, heimste Lob und Anerkennung ein und konnte nach einem Jahr ihren Eltern glaubhaft versichern, dass es am besten wäre, sie bliebe gleich dort, zumal sie inzwischen einen Freund gefunden hatte, der zu ihrer psychischen Stabilität wesentlich beitrug – wie auch der Psychotherapeut versicherte. Mittlerweile sind zwei weitere Jahre vergangen, das Mädchen ist an Ort und Stelle geblieben – nicht zu Hause, nicht in der Psychiatrie – und lebt sich voran. Manchmal telefonieren wir miteinander. Was sie sich am meisten wünscht: dass ihre Eltern mit ihr einverstanden wären.
    Es ist dieses grundlegende Einverständnis, das Kinder sich von ihren Eltern wünschen und was sich ein Körper von seinem Besitzer bzw. Bewohner wünscht. Dass dieses Einverständnis bei den Jugendlichen in der Pubertät sehr oft überhaupt nicht da ist – weder hier noch dort –, bringt viele, teils absurde Probleme hervor. Der Organismus wehrt sich gegen Missachtung, er möchte angenommen werden, so wie er ist – desgleichen die Kinder. Letztendlich pendelt sich alles wieder ein, wenn die Heranwachsenden und ihre Eltern gemerkt haben, dass man so manches nicht ändern kann: seinen Organismus nicht und seine Kinder auch nicht (mehr).
    Übrigens pubertieren sie in diesen schwierigen Jahren nicht ununterbrochen, oft sind sie auch ganz »normal«, sodass sie uns zwischendurch wieder »kenntlich« werden.
Adoleszenz
    Die Übergangszeit vom Ende der Pubertät bis zum autonomen Erwachsenenalter ist eine ruhige Zeit. Hier kommen die Jugendlichen wahrhaftig zu sich selbst, haben sich ein gutes Stück Unabhängigkeit und Eigenständigkeit errungen und gehen ihre eigenen Wege. Jetzt geht es darum, so viel zu lernen und zu verwirklichen wie nur eben möglich, bevor die Zwänge einer geregelten Berufstätigkeit (zu)greifen und wieder zu einer gewissen Vereinseitigung zwingen. Die Adoleszenz ist eine Zeit hoher Vitalität, in der sich die

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