Mein Leben
London, und sie zog dort ein. »Ich dachte die ganze Zeit«, schrieb ich am 2. Oktober 1984 in mein Tagebuch, »das kann unmöglich sein, dass mir das passiert.«
Eine Australien-Tournee musste vorbereitet werden, und ich war mal wieder am Ende. Vormittags ging ich zur Therapie, was hilfreich war, und nachmittags arbeitete ich, was mich oft wieder zurückwarf. »Das Problem ist«, notierte ich, »dass wir bei den Proben all die Songs spielen, die ich für Pattie geschrieben habe, und wenn wir Schluss machen, bin ich wieder da, wo ich angefangen habe – eifersüchtig und zurückgewiesen ...« Abends zu Hause war es am schlimmsten. »Traurig, melancholisch und negativ«, schrieb ich. Ich musste immer an sie und ihren Lover denken, den ich für eine totale Niete hielt. Eines Abends, nachdem ich mich wieder einmal in diese finsteren Gedanken hineingesteigert hatte, »stieg ich ins Auto und fuhr los ... in der Absicht, sie mir wie ein Höhlenmensch unter den Arm zu klemmen und nach Hause zu schleifen. Sie war natürlich nicht da.«
In den nächsten Wochen, ich war zusätzlich mit den Proben für die bevorstehende Tour beschäftigt, ging es mit meinem Geisteszustand zügig bergab. »Ich fühle mich so verloren und verzweifelt«, schrieb ich am 12. Oktober, »... und vermisse sie so sehr, dass ich keine Zukunft mehr sehe.« Eine Woche später erlebte ich »den schlimmsten Tag bisher! Totaler Rückfall mit allen Ängsten und Schuldgefühlen wie in alten Trinkerzeiten, und das Koks war das Schlimmste dabei – nie wieder! Bin den ganzen Tag mit Selbstmordgedanken rumgelaufen, bis schließlich abends das Telefon klingelte. Es war Roger W., und allein seine freundliche Art hat mich für diesmal gerettet. Ich hörte auf zu trinken, warf das Koks weg und trank ein Glas Wasser nach dem anderen, bis ich endlich wieder klar und ruhig im Kopf wurde. So weit darf es nicht noch einmal mit mir kommen ...«
Zwei Dinge halfen mir in dieser dunklen Zeit. Erstens und vor allem meine Musik, das Einzige, das immer für mich da war. »Ich möchte meinen ganzen Schmerz in meiner Musik ausdrücken«, schrieb ich einmal in mein Tagebuch. »Ich will ihn nicht unterdrücken, sondern anderen davon erzählen, die ebenfalls Schmerz erleiden, damit sie wissen, dass sie nicht allein sind.« Außerdem lernte ich einen hervorragenden Therapeuten kennen, den Roger Waters mir empfohlen hatte. »Heute bei Gordon«, schrieb ich am 16. Oktober, »hat mir zu einigen guten Einsichten verholfen, was mich und meine Lage betrifft – wie es aussieht, muss ich meinen Verstand gebrauchen, um meine Gefühle unter Kontrolle zu bekommen, weil sie mich sonst zerstören werden ... er bringt mich wirklich weiter, einen winzigen Schritt nach dem anderen. Heute abend in Phils Haus habe ich ›Behind the Sun‹ geschrieben und aufgenommen. Hart, aber ehrlich ... Donnerstag will ich es Nell vorspielen.« Dieser Song, mit mir an Gitarre und Gesang und Phil am Synthesizer, drückte meine ganze Trauer über unsere Trennung aus. Der Titel entstammt einer Zeile von »Louisiana Blues«, einem meiner Lieblingssongs von Muddy Waters, und er wurde zum Titelsong des neuen Albums, das Anfang 1985 auf den Markt kam.
Am 6. November, zwei Tage vor der Abreise nach Australien, traf ich mich noch einmal mit Pattie. »Heute nachmittag mit Nell gesprochen, sie ist reizender als je zuvor, und ich glaube, sie will mit ihrem neuen Mann und ihrem neuen Leben in Ruhe gelassen werden ... sie sagte, ich übe physisch keinen Reiz mehr auf sie aus, mit ihm hingegen sei sie sehr gern zusammen. Was für ein Glückspilz ... und ich bin der Idiot, aber ich glaube immer noch, dass sie mich liebt und dass ich sie mit viel Geduld wieder zurückholen kann. Ich kann niemals aufhören, sie zu lieben ... Hoffnung und Beharrlichkeit sind auf meiner Seite, und ich werde niemals nachgeben.« Da ich schon aufgewühlt genug war, hatte ich es seit meiner Rückkehr aus Amerika vermieden, die Dinge noch komplizierter zu machen, indem ich mich mit anderen Frauen einließ, aber Stunden bevor ich nach Sydney abflog, ging ich mit Valentina ins Bett, einem Mädchen, mit dem ich mich früher gelegentlich getroffen hatte. »Valentina ... machte uns was zum Mittagessen, und dann liebten wir uns. Es war so ein gutes Gefühl, von einer Frau umsorgt zu werden, ich hatte mich so lange danach gesehnt ... aber das ändert nichts an der tieferen Sehnsucht nach meiner Frau ... doch vielleicht vergeht auch die einmal. Ich bete, dass
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