Mein Leben
hatte ich insoweit Erfolg, als ich Pattie überreden konnte, mir noch eine Chance zu geben, unsere Ehe zu retten, und als wir nach England zurückkamen, zog sie wieder in Hurtwood ein. Es wurde nicht besser. Ich hatte sie auf ein Podest gestellt, sie zu einer Person erhoben, die sie niemals sein würde und der ich nur schaden konnte.
1985 war ich, von August und September abgesehen, das ganze Jahr auf Promotiontour für Behind the Sun . Im Frühsommer rief mich Pete Townshend an und fragte, ob ich bei einem von Bob Geldof organisierten Benefizkonzert für die Opfer der Hungersnot in Äthiopien mitmachen wolle. Das Event sollte Live Aid heißen und aus zwei Shows bestehen, die am 13. Juli gleichzeitig in London und Philadelphia stattfinden und weltweit im Fernsehen übertragen werden sollten. Zu dem Zeitpunkt hätten wir etwa die Hälfte unserer US-Tour hinter uns; für den 12. Juli waren wir in Las Vegas gebucht, davor und danach in Denver, sodass die Aktion ziemlich viel Fliegerei bedeuten würde. Ich sagte Roger, er solle die Show in Las Vegas absagen, und teilte Pete mit, wir seien dabei. Gott sei Dank waren wir gut in Form und die Band prächtig eingespielt. Wäre die Sache zu Beginn unserer Tour gestiegen, hätte ich mich wahrscheinlich anders entschieden.
Als wir am Tag vor der Show in Philadelphia landeten, wurden wir von der Stimmung sofort mitgerissen. In der Stadt war ganz schön was los. Überall Musik. Wir checkten im Four Seasons ein, das komplett mit Musikern belegt war. Wie die meisten bekam ich in der Nacht vor dem Konzert kaum ein Auge zu. Ich saß wie auf glühenden Kohlen. Wir sollten am Abend auf die Bühne, und ich sah mir fast den ganzen Tag die anderen Acts im Fernsehen an, was psychologisch vielleicht ein Fehler war, denn die Darbietungen all dieser großartigen Künstler, die da ihr Bestes gaben, machten mich hundertmal nervöser, als es vor einem normalen Gig der Fall gewesen wäre. Wie sollte ich jemals mit einer Band wie den Four Tops, ihrem phantastischen Motown-Orchester und ihrer Energie mithalten können?
Als wir am Stadion ankamen, war ich ein solches Nervenbündel, dass es mir buchstäblich die Sprache verschlagen hatte. Es war drückend heiß, und die ganze Band fühlte sich schlapp. Hinterher gestanden Duck Dunn und ich uns gegenseitig ein, dass wir kurz davor gewesen waren, in Ohnmacht zu fallen. In dem Tunnel, durch den wir von den Garderoben zur Bühne gehen mussten, wimmelte es von Security-Leuten, was schon an sich ziemlich beklemmend war, und es wurde auch nicht besser, als wir feststellten, dass man uns nicht die gewünschten Verstärker zugeteilt hatte, mein Roadie kochte vor Wut, als wir die Bühne betraten. Wir waren nervös wie nie zuvor. Immerhin erblickte ich in den Kulissen meinen alten Mentor Ahmet Ertegun, der mir ein strahlendes Lächeln schenkte und den Daumen hochhielt. Das beruhigte mich ein wenig.
Aber es fing gar nicht gut an. Als ich ans Mikro trat, um die erste Zeile von »White Room« zu singen, bekam ich einen üblen Schlag, und das machte mich noch nervöser. Da das Mikro unter Strom stand, musste ich aufpassen, dass ich nicht noch einmal mit dem Mund dranstieß, aber trotzdem nah genug dran blieb, um mich noch zu hören, da die Monitore nicht viel taugten. Wir spielten drei Songs, »White Room«, »She’s Waiting« von Behind the Sun und »Layla«, und dann hatten wir es auch schon hinter uns. Nach uns waren Phil Collins, Led Zeppelin und Crosby, Stills and Nash an der Reihe. Aber ich erinnere mich nur noch daran, dass wir alle zum Finale noch einmal auf die Bühne getrieben wurden, um »We Are the World« zu singen. Offenbar stand ich unter Schock.
Im Herbst 1985 tourten wir durch Italien. Seit ich bei meinem ersten Besuch dort einige Jahre zuvor die Architektur, die Mode, die Autos und die Küche dieses Landes kennengelernt hatte, war ich fasziniert von der Lebensart der Italiener, hatte aber noch nie etwas mit einer Italienerin gehabt. Als ich das dem italienischen Promoter erzählte, sagte er, er kenne da eine wirklich interessante Frau, mit der er mich bekannt machen wolle. Wir hatten zwei Gigs in Mailand, und als wir danach essen gingen, brachte er ein umwerfend schönes Mädchen mit. Sie hieß Lori del Santo, stammte aus Verona und war die zweite Tochter einer armen katholischen Familie. Ihr Vater starb jung, und sie kam auf eine Klosterschule, weil ihre Mutter rund um die Uhr arbeiten musste, um die Familie über Wasser zu halten.
Als sie
Weitere Kostenlose Bücher