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Mein Leben

Mein Leben

Titel: Mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Clapton
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zu verführen. Sie hieß Yvonne und stammte aus Doncaster, und ihr Vater war in Montserrat ein bekannter Gitarrist. Geistreich und humorvoll, eine dunkelhaarige, verführerische Schönheit, die an mir interessiert zu sein schien, und es ging tatsächlich blitzschnell. Ohne Rücksicht auf Verluste begannen wir eine leidenschaftliche, waghalsige Affäre. Wie beim Trinken lautete meine rationale Begründung: »Niemand wird es erfahren, wir sind hier am Ende der Welt.« Andererseits schien ich es darauf anzulegen, mich bei etwas erwischen zu lassen, das meine häuslichen Verhältnisse ins Wanken brachte. Wie sehr ich von meiner Ehe enttäuscht war, klingt in einigen der Songs an, die ich für das neue Album geschrieben hatte: »She’s Waiting« zum Beispiel, oder »Just Like a Prisoner« und »Same Old Blues«, alles sehr persönliche Stücke über die Beziehung zwischen Pattie und mir.
    Seit einiger Zeit fiel es mir immer schwerer, in meiner Ehe noch einen Platz für mich selbst zu finden und gleichzeitig ein Leben ohne Alkohol zu führen. Beides wollte nicht so recht zueinanderpassen. Ich ging oft zu den AA und gab mir auch Mühe, mich mit unserem gesellschaftlichen Leben zu arrangieren. Aber ich fand es schwierig, etwa mit Freunden essen zu gehen, weil ich immer das Gefühl hatte, von den anderen beobachtet zu werden, und schwierig war es auch für unsere Freunde, weil sie sich so zurückhalten mussten, was früher nicht nötig gewesen war. Als ich von Montserrat nach Hause kam, wollte ich meinen Rückfall dadurch verbergen, dass ich einfach nichts trank. Anfangs gelang mir das sogar, aber bald konnte ich den Druck nicht mehr aushalten.
    In dieser Zeit ging ich oft angeln, das half ein wenig, aber als ich eines Abends vom Fluss nach Hause fuhr, erblickte ich am Straßenrand einen Pub. Es wurde schon dunkel, und durch die Fenster sah ich einen Haufen Leute, die offenbar großen Spaß miteinander hatten, und in diesem Augenblick konnte ich nicht mehr widerstehen. Meine selektive Erinnerung an das Trinken flüsterte mir ein, dass es der Himmel auf Erden war, in einem Pub am Tresen zu stehen und sich ein schönes großes Lager mit Limette zu genehmigen. Die Nächte, die ich mit einer Flasche Wodka, einem Gramm Koks, einer Schrotflinte und Selbstmordgedanken verbracht hatte, blendete ich kurzerhand aus.
    Plötzlich stand ich an der Theke und bestellte ein Bier, und es wirkte genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Da ich seit längerem nichts getrunken hatte, bekam ich einen ordentlichen Schwips und hatte einige Schwierigkeiten, nach Hurtwood zurückzufahren. Als ich ankam, beschloss ich Pattie zu erzählen, was ich getan hatte, und es als gute Nachricht zu verkaufen, denn ich lebte in dem Wahn, unsere Ehe funktioniere nicht mehr, weil ich immerzu nüchtern war. Wenn ich es nun schaffen könnte, mein Trinkverhalten zu mäßigen und so wie sie in Gesellschaft auch mal was zu trinken, wären alle unsere Probleme gelöst und sie wieder eine glückliche Frau. Ich ging zu ihr und sagte: »Ich muss dir was erzählen. Ich habe auf der Rückfahrt ein Bier getrunken, und das hat mir sehr gutgetan. Ich glaube, ich habe das jetzt unter Kontrolle.« Ich sah ihr die Angst und Enttäuschung deutlich an, aber ich war bereits entschlossen, diese Sache durchzuziehen.
    Ihre Enttäuschung ging nicht zuletzt damit einher, dass Pattie und ich wenige Monate zuvor eine Reproduktionsklinik besucht hatten, nachdem sie mir erzählt hatte, dass sie sich verzweifelt nach einem Kind sehnte. Sie konnte aufgrund einer Obstruktion ihrer Eileiter praktisch nicht schwanger werden, weshalb sie schon in ihrer Ehe mit George (damals gab es noch keine künstliche Befruchtung) keine Kinder bekommen konnte.
    In den ersten Jahren unserer Ehe war das kein Thema, da wir viel zu sehr damit beschäftigt waren, mit halsbrecherischem Tempo durchs Leben zu rasen. Aber nun, am 4. Februar 1984, schrieb ich in mein Tagebuch: »Nell zeigte mir den ganzen Papierkram, den sie von ihrem Reproduktionsarzt bekommen hat ... anscheinend ist sie plötzlich versessen darauf, ein Kind zu bekommen ...« Auch mir war klar, Kinder wären unsere letzte Chance, uns zusammenzuraufen, aber insgeheim hoffte ich, dass nichts daraus würde, denn sosehr ich sie liebte, spürte ich wieder den Drang, in die Welt hinauszuziehen. Ich hatte irgendwie den Mut verloren.
    Jedenfalls versuchte ich es jetzt damit, kontrolliert in Gesellschaft zu trinken, andere Leute konnten das schließlich auch.

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