Mein Leben
erwarteten mich eine Reihe schlechter Nachrichten. Die erste war, dass Warner Bros. die Montserrat-Aufnahmen zurückgeschickt hatte, angeblich weil die Songs nicht stark genug waren. Es seien nicht genug potenzielle Hitsingles dabei, und wir sollten das Album entweder noch einmal aufnehmen, einige Songs streichen und durch neue ersetzen, oder uns eine andere Plattenfirma suchen. Ich war total von der Rolle, denn dies war das erste Mal, dass ich als Musiker abgewiesen worden war. Das erinnerte mich an ein Erlebnis kurz nach meiner Rückkehr aus Hazelden: Da wurde ich in meinem Auto von der Polizei angehalten und sollte ins Röhrchen blasen, was mir in meiner ganzen Zeit als Trinker nie passiert war. Dass meine Plattenfirma mich zurückwies, zeigte mir nur einmal mehr, mit was für Gemeinheiten man zu rechnen hatte, wenn man nüchtern blieb.
Als meine Wut sich gelegt hatte, setzte ich mich hin und überlegte in aller Ruhe, was zu tun war. Dazu motivierte mich unter anderem, dass Warner erst kürzlich Van Morrison in die Wüste geschickt hatte, und wenn sie das mit einem wie ihm tun konnten, dann erst recht mit mir. Und wo sollte ich dann hin? Ich besprach die Sache mit Roger, der in schwierigen Situationen schon oft vernünftige Entscheidungen getroffen hatte, und wir waren beide der Meinung, dass wir herausfinden sollten, was die Plattenfirma sich unter einer Hitsingle vorstellte. Sie schickten mir drei Songs eines texanischen Musikers, den sie unter Vertrag hatten, Jerry Lynn Williams – »Forever Man«, »Something’s Happening« und »See What Love Can Do« –, und die waren gut, sein Gesang gefiel mir. Also teilte ich Warner mit, ich sei dabei, unter der Bedingung, dass sie die Songs produzierten und die Musiker besorgten. Ich glaube, das war in meinem Berufsleben das erste Mal, dass ich nachgeben musste.
Auf dem Weg nach L.A. war ich ziemlich nervös. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Aber sobald ich Jerry Williams dann persönlich kennenlernte, verstanden wir beide uns prächtig. Er war ein absolut außergewöhnlicher Typ, der aussah wie Jack Nicholson und sang wie Stevie Wonder. Die Produzenten waren Ted Templeman und Lenny Waronker, und sie hatten das von ihnen so genannte »A-Team« angeheuert: Jeff Porcaro am Schlagzeug, Steve Lukather an der Gitarre, Michael Omartian und Greg Phillinganes am Synthesizer, alles Studiomusiker, die einen Hit nach dem anderen eingespielt hatten.
Wir nahmen die Songs auf, und obwohl sie wirklich ziemlich gut waren, halte ich das ursprüngliche Album dennoch für besser, weil es näher an dem war, was wir uns vorgenommen hatten. Aber mit Jerry Williams zusammen sein zu können, das war die reine Freude, auch wenn er in dieser Zeit sicher nicht den besten Einfluss auf mich ausgeübt hat. Er wohnte im Shangri-La, wo ich »No Reason to Cry« aufgenommen hatte, und ich besuchte ihn dort und spielte ein paar Demos mit ihm ein, und ehe ich es selbst recht merkte, steckte ich wieder mitten im Sumpf aus Medikamenten, Koks und Alkohol.
Eine weitere schlechte Nachricht nach meiner Rückkehr von der Roger-Waters-Tour stand in einem Brief von Yvonne, die mir mitteilte, dass sie schwanger war, und zwar von mir. Sie betonte jedoch, dass sie das für sich behalten wolle und nichts von mir erwarte. Sie war verheiratet und wollte versuchen, das Kind zusammen mit ihrem Mann großzuziehen. Sie hatte mir erzählt, dass es mit ihrer Ehe nicht zum Besten stand, und ich nahm an, sie hoffte, das Baby könne die Beziehung zwischen ihr und ihrem Mann wiederherstellen.
In Anbetracht meines eigenen Verhaltens hätte es mich nicht überraschen dürfen, dass Pattie, während ich mit Roger auf Tour war, eine Affäre mit einem Societyfotografen angefangen hatte. Die Ironie dabei war, dass es sich bei diesem Mann um den Bruder von Rogers Frau Carolyn handelte, und später erfuhr ich von meinem Mitarbeiter Peter Jackson, dass die Sache während der Pros and Cons – Tour ein offenes Geheimnis gewesen war. Die beiden hatten sich kennengelernt, während ich an dem Album arbeitete. Ich war am Boden zerstört, aber in vielen Gesprächen mit ihr wurde mir schließlich klar, dass ich total blind für all das gewesen war, was sie von mir fortgetrieben hatte – vor allem mein chauvinistisches Ge baren, meine Trinkerei und meine Depressionen. Ich flehte sie an, zu mir zurückzukommen, aber vergeblich. Am Ende beschlossen wir, uns auf Probe zu trennen. Ich mietete ihr eine Wohnung am Devonshire Place in
Weitere Kostenlose Bücher