Mein Leben
Ich beobachtete sie, und eine Zeit lang sah mein Leben so aus, dass ich täglich zum Mittagessen ins Windmill ging und dort ein oder zwei Lager trank, und abends zum Essen gab es vielleicht ein Glas Wein oder hinterher einen Scotch. Aber ich konnte mich noch so sehr bemühen, meinen Alltag so normal wie möglich aussehen zu lassen, in Wirklichkeit lief es darauf hinaus, dass ich zwischen diesen zwei Trinkgelegenheiten nur noch verzweifelt die Zeit totzuschlagen versuchte und oft einfach den ganzen Nachmittag verschlief. Hier schlug mein Alkoholismus wieder voll durch, und unser Leben ging völlig zu Bruch.
Die in Montserrat aufgenommenen Songs waren abgemischt, und Roger, der mit dem Material zufrieden war, schickte es an die Plattenfirma Warner Bros., während ich mich an die Musik für einen neuen Film von John Hurt machte, The Hit . Einer der Musiker, die mir dabei halfen und auch mitspielten, war Roger Waters, den ich seit meiner Jugend kannte und dessen Frau Carolyn gut mit Pattie befreundet war. Er spielte mir eine Kassette mit Aufnahmen zu seinem neuen Album, The Pros and Cons of Hitch Hiking vor. Es waren einige großartige Musiker dabei, und da ich Roger sehr mochte und gern mit ihm zusammen war, machte ich dort schließlich ebenfalls mit. Das hat viel Spaß gemacht, und einmal sagte ich im Scherz zu ihm: »Damit solltest du aber wirklich auf Tour gehen.« Worauf er fragte, ob ich mitgehen würde, und da es der perfekte Vorwand war, vor den Problemen daheim wegzulaufen, sagte ich ja.
Roger Forrester war nicht gerade begeistert, denn er sah es nicht gern, wenn ich für jemanden als Begleitmusiker auftrat, aber am Ende stimmte er widerstrebend zu, dass Roger mich für die Tour auslieh. Schließlich war ich Forresters Eigentum, und nach der Tour musste ich ihm wieder ausgehändigt werden. Das Verhältnis dieser beiden war schon komisch: Roger Waters misstraute Roger Forrester, der wiederum glaubte, er habe Roger Waters durchschaut, und so beharkten die beiden sich unablässig gegenseitig, freilich auf eher sportliche Art, woran sie beide ihren Spaß hatten.
Die Tournee führte uns im Juni und Juli durch Europa und Amerika. Roger hatte es mit Multimedia, einer Kombination von visuellen Elementen und Musik, womit er die Geschichte, die er erzählte, besser herausarbeiten wollte. Da die Musik synchron zu den Videos auf der Leinwand gespielt werden sollte, musste ich Kopfhörer tragen und mich an einem Click-Track orientieren, was ich noch nie zuvor auf der Bühne getan hatte. Ich fand das alles ziemlich interessant, auch wenn ich von dort, wo ich stand, nie etwas von den Videos zu sehen bekam. Vielleicht habe ich ja nichts verpasst, aber es soll reichlich schräges Zeug gewesen sein. Das erste Konzert war in Stockholm, am 16. Juni. »Der Gig war klasse«, schrieb ich in mein Tagebuch, »keine schlimmen Fehler, und wenn ich auch besser hätte spielen können, war es doch nicht übel. Roger war großartig vor Publikum, eine echte Überraschung ... Ich spiele jetzt wieder auf Blackie, die hat einfach den richtigen Biss für die Arbeit auf der Bühne, obwohl sie eindeutig schwerer zu spielen ist, aber vielleicht ist sie gerade deswegen besser geeignet?« Die Show war so etwas wie das Überreichen eines Geschenks, aber ich kam gut mit den Musikern zurecht, und wir alle machten das Beste daraus, und wie üblich hatte ich ein paar ziemlich verrückte sexuelle Abenteuer, Ménages à trois und so weiter, mit einigen furchterregenden Frauen, was alles mehr als erbärmlich war.
In Kanada, als wir in den Maple Leaf Gardens in Toronto spielten, hatte ich einen totalen Absturz, den ersten einer ganzen Reihe, die mich schließlich wieder nach Hazelden führen sollte. Ich hatte während der ganzen Tour sehr viel getrunken und schon einen oder zwei alkoholbedingte Zusammenbrüche hinter mir. In Toronto nun hatte ich mir zwei Sixpacks Bier gekauft, und kaum hatte ich sie weggetrunken, geriet ich in einen Zustand völliger Verzweiflung. Es war wie ein Moment vollkommener Klarheit, als ich plötzlich erkannte, wie tief ich wieder einmal gesunken war. In dieser Stimmung schrieb ich einen Song, »Holy Mother«, in dem ich eine himmlische Instanz um Hilfe anflehte, eine Frau, die ich mir aber nicht mal ansatzweise vorstellen konnte. Ich liebe diesen Song heute noch, weil ich weiß, dass er als aufrichtiger Hilferuf aus der Tiefe meines Herzens kam.
Als ich von der Pros and Cons of Hitch Hiking – Tour nach England zurückkam,
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