Mein Leben
war ich auf das Werk von Sandro Chia und Carlo Maria Mariani gestoßen, und nun hängte ich überall im Haus ihre Bilder auf. Es war das erste Mal, dass ich viel Geld für Kunstwerke aus gab, und ich weiß noch, wie ich Roger ein Bild von Richter zeigte, das ich für vierzigtausend Pfund bei einer Auktion erstanden hatte. Man sah von oben bis unten nur graue Pinselstriche. Roger konnte es nicht fassen. Ich wünschte, ich hätte sein Gesicht fotografiert, als ich ihm erzählte, was es gekostet hatte. In den nächsten Jahren entwickelte ich ein leidenschaftliches Interesse für Kunst und baute eine recht ansehnliche Sammlung zeitgenössischer Malerei auf.
Oberflächlich betrachtet, war 1991 ein grauenvolles Jahr, doch es hatte auch einige durchaus positive Auswirkungen. Meine Genesung vom Alkoholismus hatte einen neuen Sinn bekommen. Nüchtern bleiben war jetzt das Wichtigste in meinem Leben und gab mir eine Richtung vor, als ich glaubte, verloren zu sein. Außerdem hatte ich erfahren müssen, wie zerbrechlich das Leben ist, und das wiederum hatte mir seltsamerweise irgendwie Kraft gegeben, als sei meine Machtlosigkeit in Wahrheit eine Trostquelle für mich. Auch meine Musik profitierte davon. Ich empfand das Bedürfnis, diese neuen Songs über meinen Sohn in der Öffentlichkeit zu spielen, und glaubte fest daran, dass sie helfen konnten, nicht nur mir, sondern jedem, der einen so außerordentlichen Verlust erlitten hatte. Die Gelegenheit dazu ergab sich bei einer Unplugged – Show für VH1. Man hatte mich vor einiger Zeit gefragt, ob ich dort auftreten wolle, und ich war mir nicht sicher gewesen, aber jetzt erschien mir das als die ideale Bühne. In meinem Haus in Chelsea stellte ich ein Repertoire für die Show zusammen, das mir erlaubte, zu meinen Wurzeln zurückzukehren und in dieser sicheren Umgebung die neuen Songs vorzustellen.
Die Show war großartig. Andy Fairweather-Low und ich spielten außer diversen Sachen von Robert Johnson und Broonzy sowohl »Tears in Heaven« als auch »Circus Left Town«, aber »Circus« ließ ich dann rausschneiden, weil es mir zu zittrig geraten war. Es machte mir auch Spaß, alte Sachen wie »Nobody Knows You« zu spielen, womit vor so langer Zeit alles in Kingston angefangen hatte.
Russ produzierte das Album zur Show, und Roger wachte wie ein werdender Vater über dem Projekt, während ich es ziemlich geringschätzig behandelte und nur in limitierter Auflage rausbringen wollte. Ich war einfach nicht richtig warm damit geworden, und sosehr ich selbst Spaß daran gehabt hatte, alle diese Songs zu spielen, fand ich nicht, dass man sich das anhören konnte. Aber dann kam das Album heraus und wurde zum größten Bestseller meiner gesamten Karriere, was mal wieder zeigt, wie viel ich von Marketing verstehe. Von der Produktion her war es das billigste und dasjenige, was am wenigsten Vorbereitung und Arbeit erforderte. Aber wenn Sie wissen wollen, was es mich wirklich gekostet hat, gehen Sie nach Ripley und besuchen Sie das Grab meines Sohnes. Ich vermute, auch deshalb ist es so populär geworden. Die Leute wollten mir ihre Solidarität bekunden, und da sie nicht wussten, wie sie es sonst tun sollten, kauften sie das Album.
Die Sommertour durch Amerika in diesem Jahr konfrontierte mich besonders heftig mit diesem Phänomen. »Tears in Heaven« stand in den Charts ganz oben, und ich versuchte die Show mit diesem Song zu eröffnen, vor Massen derart ekstatisch kreischender Fans, dass ich mich selbst nicht hören konnte. Jeden Abend kam ich verzweifelt und wütend von der Bühne, weil sie mir nicht zuhörten. Ich hatte das Gefühl, dem Song nicht gerecht zu werden, und war vollkommen ratlos, was ich machen sollte. Wie sagt man zwanzigtausend Leuten, sie sollten ihren Enthusiasmus zügeln? Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, aber am Ende fiel mir doch etwas ein. Ich verlegte die akustischen Songs vom Anfang der Show in die Mitte, sodass die Fans sich erst einmal austoben konnten, bevor ihnen der große Hit präsentiert wurde.
Ende des Jahres fand dann zum ersten Mal statt, was seither zu einem jährlichen Ritual für mich geworden ist – die alkoholfreie Silvesterparty im Leisure Centre von Woking. Ein Jahr zuvor hatte es das auf Anregung meines Freundes Danny bereits in einer Disco in Merrow gegeben, als eine Art Ausweichtermin für Leute, die am Silvesterabend nicht trinken wollten. Die Aktion war ein großer Erfolg, und mir gelang es dort, zum ersten Mal in meinem Leben
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