Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Leben

Mein Leben

Titel: Mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Clapton
Vom Netzwerk:
einen abgefahrenen alten Laden, der »Eel Pie Island« hieß. Das war ein riesiger Tanzschuppen auf einer Insel mitten im Fluss, eine alte, knarrende Kaschemme aus Holz, in der samstagabends Dixieland-Bands spielten, Leute wie Ken Colyer oder die Temperance Seven, und wir liebten es. Normalerweise trafen wir uns am frühen Abend im L’Auberge, tranken ein paar Kaffee und wanderten dann über die Brücke zum Eel Pie. Nie werde ich vergessen, wie es war, wenn man sich auf halbem Weg plötzlich inmitten einer wachsenden Menge von Menschen wiederfand, die alle ähnlich aussahen. Damals gab es ein ungeheures Zusammengehörigkeitsgefühl. In der Beatnik-Ära vor der Zeit der Hippies schien sich alles nur um Musik zu drehen. Drogen waren selten, und selbst Alkohol wurde nur mäßig getrunken.
    Ich spielte dort mit Dave Brock, der später die Band Hawkwind gründete, und freundete mich mit einer Truppe von Musikern und Beatniks an. Manchmal nahmen wir alle den Zug nach London und besuchten Folk-Clubs und Kneipen in Soho, Läden wie das Marquess of Granby, das Duke of York und das Café Gyre and Gimble in Charing Cross. Zum ersten Mal verprügelt wurde ich vor dem »G’s«. Ein paar Rekruten lockten mich nach draußen, wo sie mich ordentlich vermöbelten, vollkommen grundlos, soweit ich erkennen konnte, bloß um ein wenig Dampf abzulassen. Es war eine ziemlich hässliche Erfahrung, aber auf eine verdrehte Art hatte ich auch das Gefühl, eine weitere Bewährungsprobe und ein Initiationsritual bestanden zu haben. Danach war mir allerdings auch klar, dass ich nicht für Schlägereien gemacht war. Ich hatte keinerlei Anstalten gemacht, mich zu wehren, vielleicht weil ich ahnte, dass dadurch alles nur noch schlimmer würde. Danach entwickelte ich eine Art instinktiven Radar für potenziell gewalttätige Situationen und mied sie wie die Pest.
    Die Folkszene hatte damals eine ziemlich große Fangemeinde, und in den Clubs und Kneipen lernte ich jede Menge gleichgesinnter Leute und Musiker kennen. Long John Baldry war ein regelmäßiger Gast, und ich weiß, dass Rod Stewart früher im Duke of York gesungen hat, obwohl ich ihn da nie gesehen habe. Zwei Gitarristen, die regelmäßig dort auftraten, haben mich stark beeinflusst. Der eine war ein Typ namens Buck, der die erste zwölfsaitige Zemaitis spielte, die ich je gesehen habe, der andere war Wiz Jones, ein weiterer berühmter Folksänger jener Zeit. Sie spielten irische Balladen und englische Volkslieder und mischten sie mit Leadbelly-Songs und anderen Sachen, die mir einen einzigartigen Einblick in die Welt des Folks lieferten. Ich saß immer so nah wie möglich an der Bühne, was oft gar nicht einfach war, weil sie ziemlich populär waren, und beobachtete genau, was sie beim Spielen mit den Händen machten. Dann ging ich nach Hause und übte stundenlang, um mir die Musik draufzuschaffen, die ich gerade gehört hatte. Ich hörte mir die Aufnahmen jedes Songs, an dem ich gerade arbeitete, sorgfältig an, und spielte ihn so lange nach, bis ich klang wie die Musiker auf der Platte. Ich weiß noch, wie ich versucht habe, den glockenartigen Klang zu imitieren, den Muddy Waters auf seinem Song »Honey Bee« erzeugt. Es war das erste Mal, dass ich auf meiner Gitarre drei Saiten gleichzeitig griff. Mir fehlte natürlich jede Technik, ich verbrachte bloß Stunden damit, die Sachen der anderen nachzuspielen.
    Der wichtigste Einfluss war für mich Big Bill Broonzy. Ich versuchte, seine Technik zu erlernen, sich selbst mit dem Daumen zu begleiten. Dabei spielt man mit dem Daumen Achtel auf den tiefen Saiten, während man mit den anderen Fingern ein Riff oder eine Gegenmelodie spielt. Das ist ein Standardpicking, das im Blues in der einen oder anderen Form immer wieder angewandt wird und das sich genau wie die Clawhammer-Zupftechnik auch auf den Folk übertragen lässt. Beim Clawhammer-Picking schlägt man mit dem Daumen abwechselnd rhythmisch die beiden tiefen Saiten an, während man mit Zeigefinger, Mittelfinger und manchmal auch Ringfinger eine Melodie auf den hohen Saiten spielt. Meine Lernmethode war ziemlich simpel: Ich spielte zu der Platte mit, die ich imitieren wollte, und wenn ich das Gefühl hatte, eine Nummer zu beherrschen, nahm ich sie auf meinem Grundig-Gerät auf und hörte sie mir an. Wenn es klang wie auf der Schallplatte, war ich zufrieden. In dem Maße, in dem ich das Akustik-Picking langsam meisterte, lernte ich auch immer mehr neue Songs, zum Beispiel die klassischen

Weitere Kostenlose Bücher