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Mein Leben

Mein Leben

Titel: Mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Clapton
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Wochen später an, um mir zu erklären, dass sie schwanger sei und dass ich Geld für ihre Abtreibung auftreiben müsste. Das hat mich ziemlich geschockt, obwohl so etwas damals durchaus häufig vorkam.
    Sex war die einzige Ablenkung von der Musik, und musikalisch hatte ich gerade begonnen, den Blues ernsthaft zu erkunden. Die Wirkung der ersten Bluesplatte, die ich je gehört habe, auf mich ist schwer zu beschreiben. Ich kann nur sagen, dass ich sofort wusste, worum es ging. Es war, als würde ich etwas wiederentdecken, das ich schon lange kannte, vielleicht aus einem früheren Leben. Für mich hatte diese Musik etwas elementar Tröstendes, das direkt auf mein Nervensystem durchschlug und mir das Gefühl gab, drei Meter groß zu sein. Genau dieses Gefühl hatte ich, als ich bei Uncle Mac zum ersten Mal den Song von Sonny Terry und Brownie McGhee hörte, und genauso erging es mir bei Big Bill Broonzy.
    Ich sah im Fernsehen eine Aufnahme von ihm, wo er in einem Nachtklub spielte, nur erleuchtet vom Licht einer einzigen Birne, die in der Dunkelheit von der Decke baumelte und eine seltsam unheimliche Atmosphäre schuf. Der Song, den er spielte, war »Hey Hey«, und ich war von den Socken. Es ist eine komplizierte Gitarrennummer voller Blue Notes, die genau zwischen Moll und Dur liegen. Meistens beginnt man mit der Mollterz und zieht den Ton dann Richtung Dur, bis man irgendwo dazwischen landet. Dieses Ziehen der Noten gibt es in indischer Musik, Gipsy-Music und im Blues. Als ich zum ersten Mal Big Bill und später dann Robert Johnson hörte, kam ich zu der Überzeugung, dass der komplette Rock’n’ Roll und auch die Popmusik hier ihre Wurzeln hatten.
    Als Nächstes machte ich mich daran, den Gitarrenstil von Jimmy Reed zu erlernen, der von zahllosen R&B-Bands kopiert worden ist und dessen Stücke meistens auf einer zwölftaktigen Grundform basieren. Dabei ist es entscheidend, auf den beiden tiefen Saiten eine Art Boogie-Rhythmus zu spielen, indem man die fünfte Saite einfach abwechselnd auf dem zweiten und dem vierten Bund herunterdrückt, während man gleichzeitig die E-Saite anschlägt. Dann wiederholt man das Ganze eine Saite höher und so weiter. Der letzte und im Grunde auch schwierigste Schritt besteht darin, das Ganze so entspannt zu spielen, dass es gut klingt. Ich bin ein Mensch, der nichts halb machen kann, und wenn ich mir für den Tag etwas vorgenommen habe, kann ich nicht schlafen gehen, bis es erledigt ist. So war es für mich auch mit dem zwölftaktigen Blues-Riff. Ich übte es, bis ich das Gefühl hatte, dass es mir in Fleisch und Blut übergegangen war.
    Während ich weiter daran arbeitete, besser auf der Gitarre zu werden, traf ich immer mehr Leute, die die Musik, die ich liebte, genauso verehrten wie ich. Ein ganz spezieller Blues-Freak war Clive Blewchamp – wir lernten uns auf Hollyfield kennen und begaben uns gemeinsam auf eine fantastische Entdeckungsreise. Clive war derjenige, der mir als Erster das Robert-Johnson-Album vorgespielt hat. Er hatte Spaß daran, die echten Hardcore-Sachen zu finden, je obskurer, desto besser. Auch was unsere Kleidung betraf, hatten wir den gleichen Geschmack und verbrachten in- und außerhalb der Schule viel Zeit zusammen. Später gingen wir auch gemeinsam in Blues-Clubs, und erst als ich hauptberuflich in Bands spielte, hörten wir auf, uns zu sehen. Ich hatte immer das Gefühl, dass er auf das, was ich musikalisch machte, ein wenig verächtlich herabblickte, als ob es irgendwie nicht authentisch wäre, und er hatte natürlich recht. Aber da war ich schon nicht mehr aufzuhalten. Während ich irgendwann von der Uni flog, schloss er sein Studium in Kingston ab und zog schließlich nach Kanada, wo er ein kleines R&B-Magazin herausgab. Bis zu seinem Tod vor etwa zehn Jahren haben wir immer Kontakt gehalten.
    Die Entdeckung dieser Art Kameradschaft unter Gleichgesinnten war sehr aufregend für mich und trug maßgeblich dazu bei, dass ich Musiker wurde. Ich begegnete Leuten, die Muddy Waters und Howlin’ Wolf kannten und die ihrerseits mit noch älteren Plattensammlern befreundet waren, die Club-Abende veranstalteten, bei denen ich zum ersten Mal John Lee Hooker, Muddy Waters und Little Walter hörte. Man traf sich bei irgendwem, hörte den ganzen Abend nur ein Album wie The Best of Muddy Waters und diskutierte dann angeregt darüber. Clive und ich stöberten in Plattenläden wie »Imhoff’s« in der New Oxford Street, die einen ganzen Keller nur mit Jazzplatten

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