Mein Leben
kümmern, was das Publikum oder die Plattenfirma von mir erwarteten. Das wirkte natürlich arrogant, aber ich musste versuchen, auf eigenen Beinen zu stehen. Künstlerische Integrität wurde mir immer wichtiger. Meine Situation ähnelte jetzt in mancher Hinsicht der Endphase meiner Beziehung zu Giorgio Gomelsky und den Yardbirds.
Dann teilte mir Roger eines Tages schriftlich mit, es sei mir vielleicht nicht bewusst, aber seit er für mich arbeite, habe ich so und so viele Platten verkauft und so und so viel Geld eingenommen. Und dann zählte er all die Dinge auf, an denen er etwas auszusetzen hatte: meine Alleingänge in der letzten Zeit und die zahllosen Fehler, die ich begangen hatte, angefangen bei der Produktion meiner Alben, bis zur Verteilung der Sitzplätze bei meinen Konzerten. Ich fand das ziemlich beleidigend und aggressiv. Es war Zeit für eine endgültige Auseinandersetzung.
Ich sammelte schon seit Langem tibetanische Dzi – Steine. Diese seltenen Steine werden in Tibet aus der Erde gegraben, denn man glaubt, sie seien noch vor Buddhas Zeiten vom Himmel gefallen und besäßen große Macht und Bedeutung. Ich zog sie auf eine Schnur, legte sie mir unter meinem T-Shirt um den Hals und suchte Roger in seinem Büro auf, um unsere Partnerschaft zu beenden. Da er immer behauptet hatte, Verträge bedeuteten nichts, erwartete ich keine ernsthaften juristischen Konsequenzen, war aber auch nicht darauf gefasst, wie übel er mir das nehmen würde. Er war sichtlich erschüttert, obwohl ich mir große Mühe gegeben hatte, ihn nicht zu kritisieren. Ich dankte ihm einfach für alles, was er für mich getan hatte, und sagte, ich habe enorm viel von ihm gelernt, aber nun sei es Zeit für mich, das Nest zu verlassen. Er schwieg eine Minute und sagte dann: »Nun, mit so etwas Ähnlichem hatte ich schon gerechnet. Ich dachte bloß, du würdest mich lediglich bitten, mich aus deinem Privatleben rauszuhalten und mich nur noch um die finanziellen und geschäftlichen Dinge zu kümmern.«
Dann bot er mir an, mir einen neuen Manager zu suchen. »Wenn ich einen neuen Manager brauche, Roger«, sagte ich, »werde ich schon selbst einen finden.« Mit leicht amüsierter Miene wünschte er mir viel Glück, aber das war wohl nicht ganz ehrlich gemeint. Als ich das Büro verließ und nach Chelsea zurückging, glaubte ich zu schweben. Rogers Vertrag lief offiziell drei Monate später aus, aber finanzielle Verpflichtungen habe ich noch heute daraus. Ich habe Roger seit jenem Tag nicht mehr gesehen, und das macht mich traurig. Wir hatten so viel Spaß miteinander gehabt, auch dann noch, als ich zu trinken aufgehört hatte. Wir waren gemeinsam einen phantastischen Weg gegangen, und er hatte mit Erfolg eine Karriere wiederbelebt, die schon so gut wie tot gewesen war. Vielleicht begegnen wir uns eines Tages wieder und können über unsere Erinnerungen lachen. Das hoffe ich. Es waren wunderbare Zeiten.
Natürlich hatte ich Vorkehrungen für diesen Tag getroffen und zuvor meinen Anwalt Michael Eaton wissen lassen, was ich tun wollte und was ich für die Zeit danach im Sinn hatte. Im Grunde aber war ich auf den endgültigen Bruch mit Roger kein bisschen vorbereitet und konnte mich dabei nur auf meinen Instinkt verlassen. Und so bat ich zwei Leute, mit denen ich bereits eng zusammenarbeitete, Vivien und Graham Court, noch näher heranzurücken und mir bei der Neuordnung meiner Geschäfte zu helfen. Graham hatte ich auf Empfehlung meines Produktionsmanagers Mick Double engagiert.
Zu dieser Zeit wurde ich wieder einmal von einer Verrückten verfolgt, die sich einbildete, ich hätte alle meine Songs von ihr geklaut – durch den Äther. Das mag recht amüsant klingen, aber sie meinte das todernst, verfolgte mich durch die ganze Welt und tauchte einmal sogar bei mir in Hurtwood auf. Das Fass lief über, als sie eines Tages am Eingang einer Konzerthalle durchsucht wurde und man in ihrer Handtasche eine Pistole fand. Jetzt schien es ausgemacht, dass ich richtigen Schutz brauchte. Seither ist Graham praktisch immer an meiner Seite. Er ist ein großartiger Gefährte, und es beruhigt mich sehr, ihn in meiner Nähe zu haben. Mit solchen Leuten wollte ich mich von nun an umgeben. Da es anfangs noch reichlich amateurhaft zuging, engagierte ich auf Viviens Drängen Michael als Manager fürs Geschäftliche, und allmählich bekam die Unternehmung ein wenig Struktur. Seit er das Ruder in der Hand hält, laufen die Dinge wieder erfreulich rund und
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