Mein Leben
übernehmen. Jetzt, wo ich tatsächlich wieder ein denkendes Wesen war, wollte ich stärker an den mich betreffenden geschäftlichen Entscheidungen beteiligt sein, und je deutlicher das wurde, desto mehr Konfliktstoff gab es zwischen Roger und mir. Als Beispiel sei nur eine Sache erwähnt, die sich während dieser problematischen Phase auf Antigua ereignete. Luciano Pavarotti rief mich zu Hause an und fragte, ob ich bei seinem jährlichen Konzert in Modena zugunsten kriegsgeschädigter Kinder spielen möchte. Ich sagte spontan zu und dankte ihm, dass er mich gefragt hatte.
Mit ihm direkt zu reden war wunderbar und etwas ganz Neues für mich, denn lange Zeit war ich von solchen Kontakten abgeschirmt gewesen. Ich rief anschließend Roger an und erzählte ihm von der Einladung und meiner Zusage. Als ich ihm die Nummer von Pavarottis Agenten gab und ihn bat, sich um die geschäftlichen Aspekte der Aktion zu kümmern, schien mir das durchaus vernünftig, aber ich spürte, wie Roger am anderen Ende der Leitung wütend wurde. So konnte das seiner Meinung nach nicht laufen.
Mit dem Bau des Behandlungszentrums weiterzumachen war eine der ersten Entscheidungen, die ich allein getroffen hatte, und das war ein großartiges Gefühl. Es lenkte mich von dem katastrophalen Hin und Her mit Francesca ab und gab mir Grund, zufrieden mit mir zu sein. Aber ich hatte ein paar Songs geschrieben, die noch nicht ganz fertig waren, und solange die mir unvollendet durch den Kopf gingen, konnte ich keine Ruhe finden. Um damit weiterzukommen, wandte ich mich an Simon Climie. Wir kannten uns aus dem Olympic Studios, und da er nicht nur ein guter Songschreiber und ein Teil des Duos Climie Fisher war, sondern auch moderne R&B-Platten produzierte, schien er mir genau der Richtige, zumal wir einen ähnlichen Musikgeschmack hatten. Unsere Zusammenarbeit hatte im Grunde schon begonnen, als meine Affäre mit Francesca den Bach runterging und er einer der wenigen war, die sich mein Gejammer anhörten. Ich besuchte ihn zu Hause, er machte Tee, hörte mir teilnehmend zu, und dann spielten wir. Kraftvolles Zeug. Das meiste machten wir mit Pro Tools am Computer, ich jammte auf der Gitarre oder schrieb Melodien dazu.
Wir überredeten Giorgio Armani, uns die Musik für eine seiner Modeschauen machen zu lassen, und die verarbeiteten wir dann zu dem Album Retail Therapy , das wir unter dem Bandnamen T.D.F. (Totally Dysfunctional Family) herausbrachten und in Form von Maxi-Singles und radikalen Remixen in die Clubszene einschleusten. Wir beschlossen anonym zu bleiben, in der Hoffnung, dass die Musik allein uns glaubwürdig machen würde. Klingt vertraut? Das Album blieb völlig unbeachtet, bis jemand Wind davon bekam, dass ich damit zu tun hatte, und dann ließen die Leute erst recht die Finger davon. Schade eigentlich, denn es war ein gutes Album. In Wahrheit freilich war es nur eine Aufwärmübung für Pilgrim .
Ich hatte meinem Freund, dem legendären Drummer Steve Gadd, von meiner Idee erzählt, die traurigste Platte aller Zeiten zu machen, und er meinte, damit könne er sich identifizieren. Es war ein bedenkliches Vorhaben, aber nach der Sache mit Francesca glaubte ich, es fertigbringen zu können. Wir buchten das Studio und entwickelten das ganze Album dort. Die einzigen Songs, die ich schon fertig geschrieben hatte, waren »Circus« und »My Father’s Eyes«, aber beide hatten noch nicht zu ihrer endgültigen Form gefunden. Fast ein Jahr lang arbeiteten wir Tag und Nacht, perfektionierten winzige Gitarrenmotive oder feilten mit Pro Tools, das Simon meisterhaft beherrscht, an den Tracks herum. Heraus kam eins meiner Lieblingsalben; ich habe es mit Leib und Seele gemacht, und ich glaube, das kann man hören.
Gelegentlich besuchte uns Roger im Studio, und ich merkte ihm an, dass er nicht zufrieden war. Die Musik hat ihm wohl nicht besonders gefallen, und die Studiokosten überstiegen jedes Maß. Ich konnte ihn verstehen, war aber überzeugt davon, dass diese Platte anders nicht zu machen war. Ich musste diese Musik ganz und gar ausschöpfen, bis es nichts mehr zu sagen gab, und das dauerte eben seine Zeit.
Die Spannungen zwischen Roger und mir waren in den letzten zwei Jahren immer stärker geworden, und es gab kaum noch etwas, in dem wir einer Meinung waren. Ich wollte allein über meine Karriere bestimmen und nicht mehr auf Rogers Ratschläge angewiesen sein. Außerdem hatte ich kein Bedürfnis mehr, Hits zu landen oder mich allzu sehr darum zu
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