Mein Leben
vernünftig.
Als Roger und ich uns trennten, war das Crossroads Centre bereits eröffnet und hatte unter Anne Vance seinen auf dem Zwölf-Schritte-Programm basierenden Betrieb aufgenommen. Als Anne begann, über Werbemaßnahmen zu sprechen, wurde ich jedoch nervös, weil ich darin einen Zwiespalt sah, der nicht leicht zu lösen war. »Behandlungszentren« mögen nur existieren können, wenn sie kräftig die Werbetrommel rühren, aber das Zwölf-Schritte-Programm basiert nun einmal auf Anonymität und Verschwiegenheit. Und wenn wir schon Reklame für uns machen mussten, dann sollte sie wenigstens ehrlich und aufrichtig sein.
Mir kam eine Idee, als ich an eine Veranstaltung dachte, an der ich kurz vor Weihnachten 1998 teilgenommen hatte. Bobby Shriver, dessen Mutter Eunice die Gründerin der Special Olympics ist, hatte mich zu einem Konzert bei den Clintons im Weißen Haus eingeladen, mit dem der dreißigste Geburtstag der SO gefeiert werden sollte. An dem von Whoopi Goldberg moderierten Abend interpretierten Künstler wie Mary J. Blige, Sheryl Crow, Jon Bon Jovi und Tracy Chapman Weihnachtslieder, »Santa Claus Is Coming to Town«, »Merry Christmas Baby« und so weiter. Das Ganze fand in einem Zelt auf dem Rasen des Weißen Hauses statt. Einmal musste ich dringend pinkeln, aber da man zur Toilette im Hauptgebäude an massiven Sicherheitskontrollen vorbeimusste, beschloss ich, mich unauffällig zu verziehen und den Rasen zu wässern. Ich schlug eine Zeltbahn zurück, verdrückte mich in die Dunkelheit und hatte gerade den Hosenschlitz geöffnet, als jemand »Keine Bewegung!« sagte und ich in die Mündung einer M-16 blickte, die ein SWAT-Mann in Tarnbemalung und Kampfmontur auf mich gerichtet hielt. Das Konzert kam als Album heraus und brachte eine ungeheure Menge Geld für die SO ein, und mir schien, das war der Weg, den auch wir einschlagen sollten.
Das waren geschäftige und aufregende Zeiten. Seitdem ich auf Rogers Dienste verzichtet hatte, musste ich viel reisen, um meine Geschäfte zu ordnen, unter anderem nach New York und L.A. Ich hatte mir im kalifornischen Venice ein Haus gekauft, war frei und ungebunden und begann, das Leben wieder richtig zu genießen. In L.A. sprach ich mit Lili Zanuck über das Konzert im Weißen Haus und ließ mich von ihr über geeignete Werbemaßnahmen für Crossroads beraten. Sie schlug vor, wir sollten in Hollywood spielen und dazu eine Gitarrenauktion veranstalten. Ich fand die Idee großartig.
Anfang März erfuhr ich durch einen Anruf meiner Schwestern Cheryl und Heather, dass meine Mutter, die nach dem Tod meiner Großmutter nach Kanada gezogen war, im Sterben lag. Sie war schon lange krank gewesen, und die beiden hatten mich über ihren Zustand auf dem Laufenden gehalten, sodass die Nachricht mich nicht sehr schockierte. Ich flog nach Toronto, um ihnen beizustehen. Pat gegenüber hatte ich immer noch sehr gemischte Gefühle. In den letzten Jahre ihres Lebens hatte sie bei mir für einige Turbulenzen gesorgt. Obwohl ich selbst schon Mitte fünfzig war, suchte ich offenbar immer noch nach jemandem, der ihren Platz einnehmen konnte. Ich versuchte mir weiszumachen, alle meine Freundinnen seit Pattie hätten sich voneinander unterschieden, und bei oberflächlicher Betrachtung konnte man tatsächlich diesen Eindruck haben.
In einigen wesentlichen Dingen waren sie jedoch alle gleich gewesen: nie zur Stelle, wenn ich sie brauchte, zuweilen unbeständig und, was mein nüchternes Leben betraf, oft gefährlich. Entsprach das dem Bild, das ich von meiner Mutter hatte, und versuchte ich unbewusst immer noch, die Beziehung zu ihr zu reproduzieren? Ja, so war es wohl. Ich hatte mich bei der Partnerwahl immer von meiner geringen Selbstachtung leiten lassen. Meine Wahl hatte stets Frauen mit Eigenschaften getroffen, die ich kannte und mit denen ich mich wohlfühlte, aber mit keiner von ihnen war ich wirklich vorangekommen. Ich hatte in der Therapie viel Familienanalyse betrieben, aber es sah danach aus, als würde ich niemals aus dem Schema ausbrechen können.
Das Sterben meiner Mutter war für uns alle eine schwere Belastung. Wir steckten in einem furchtbaren Dilemma, weil keiner von uns mit Sicherheit sagen konnte, ob sie sich der Schwere ihrer Krankheit und ihres nahen Todes bewusst war. Ich fragte einen Berater im Krankenhaus, ob man mit ihr darüber gesprochen hatte. Als er das verneinte, sagte ich, ich hielte es für wichtig, dass wir mit ihr darüber sprechen. Ich versuchte in
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