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Mein Leben

Mein Leben

Titel: Mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Clapton
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verlassen.
    Natürlich mussten wir die Idee auch der Regierung von Antigua schmackhaft machen, und da wurde es nun richtig seltsam. Die Minister forderten uns auf, ihnen zu zeigen, was wir vorhatten. Am Ende unserer Präsentation, in deren Verlauf ich auch eine Kurzfassung meiner Geschichte und meiner Heilung vortrug, fragte der Gesundheitsminister, ob denn auch er das Zentrum besuchen könne, wenn er einmal das Bedürfnis habe, ein wenig abzunehmen. Offensichtlich hatten sie nicht mitbekommen, worum es uns eigentlich ging, und allmählich dämmerte mir, dass wir wahrscheinlich überall auf ähnliche Reaktionen stoßen würden. In der Karibik hatte man absolut keinen Begriff davon, was unter Heilung zu verstehen war. Alkoholismus galt dort immer noch als unmoralisches oder sündhaftes Verhalten, gegen das man einzig mit Gefängnisstrafen und gesellschaftlicher Ächtung vorgehen könne. Um dort ein Behandlungszentrum aufzubauen, würden wir die ganze Gesellschaft aufklären und in gewisser Weise emanzipieren müssen.
    Hier nun stellte ich mir einige sehr schwerwiegende Fragen: Was ging mich das an? Mit welchem Recht konnte ich den Versuch unternehmen, in einer Gesellschaft, die allem Anschein nach in Ruhe gelassen werden wollte, solche Veränderungen einzuführen? Die Antwort war immer die gleiche. Um zu behalten, was ich besaß, musste ich es weggeben. Um nüchtern zu bleiben, musste ich anderen helfen, nüchtern zu werden. Das ist der große Grundsatz, der auch heute noch mein Leben bestimmt, und ich musste ihn auf diese Situation anwenden. Freilich zweifelte ich nicht daran, dass mir, sollte ich mich irren oder sollte es sich einfach als unmöglich erweisen, das ganze Projekt um die Ohren fliegen würde.
    Dass viele Einheimische überhaupt nicht verstanden, was wir machten, änderte jedenfalls nichts an unserem Entschluss, die Sache durchzuziehen. Als die Bauarbeiten etwa zu einem Drittel abgeschlossen waren, erfuhr ich von Roger, dass der Vorstand des amerikanischen Priory-Konzerns entschieden hatte, seinen Anteil an Crossroads einem anderen Gesundheitsunternehmen zu verkaufen, das am Bau einer Reha-Klinik auf Antigua keinerlei Interesse hatte. Entweder ich finanzierte das ganze Projekt allein, oder es war aus. Roger riet mir dringend, meine Pläne aufzugeben, und rechnete mir die enormen finanziellen Aufwendungen vor, von denen ich wahrscheinlich nie mehr etwas wiedersehen würde.
    Mir selbst war klar, dass ich keine andere Wahl hatte als weiterzumachen, aber Roger hat wohl nie ganz verstanden, warum ich mich so dafür eingesetzt habe. Zunächst einmal hatte ich, wenn auch nur mir selbst, mein Wort gegeben, dass ich beenden würde, was ich da angefangen hatte. Wenn ich jetzt aufgab, konnte ich vielleicht nie mehr nach Antigua zurückkehren, und inzwischen hatten wir die ersten Fundamente gelegt. Tatsächlich war das Vorhaben schon relativ weit fortgeschritten, und die Sache hatte sich schon herumgesprochen. Zum Zweiten glaubte ich fest an dieses Projekt. Ich hatte genug Leute gesehen, die scheinbar hoffnungslose Fälle waren und schließlich doch als glückliche Menschen ein neues Leben begonnen hatten. Ich wusste, dass es sich auszahlen würde, und sagte mir, wenn auch nur ein einziger Mensch dort nüchtern herauskäme und es schaffte, nüchtern zu bleiben, hätte sich die ganze Anstrengung schon gelohnt.
    Ich wandte mich von Roger ab und war so mit einem Schlag der alleinige Besitzer eines halb fertig gebauten Behandlungszentrums, das außer mir niemand haben wollte. Es hatte bereits viel Geld gekostet, und noch höhere Kosten kamen auf mich zu, als sich herausstellte, dass der Bauunternehmer an allen Ecken und Kanten gespart und die Fundamente nicht richtig gelegt hatte. Noch war das Haus nicht fertig, aber schon bildeten sich Risse in den Mauern und die Türöffnungen verzogen sich. Ich ließ Leo kommen, der mir beim Bau meines Hauses in Indian Creek half, und bat ihn, sich das anzusehen. Er verfasste ein ausführliches Gutachten, in dem er all die erschreckenden Mängel auflistete, meinte aber, es sei noch nicht alles verloren. Also setzten wir ihn als Bauleiter ein, mit dem Auftrag, die Sache in Ordnung zu bringen.
    Ich fühlte mich von Roger im Stich gelassen, was symptomatisch für den allgemeinen Verfall unserer Beziehung war. Im Laufe eines Jahres waren wir uns so ziemlich wegen allem in die Haare geraten, und vieles davon hatte mit meinem wachsenden Bedürfnis zu tun, für mich selbst Verantwortung zu

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