Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Leben

Mein Leben

Titel: Mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Clapton
Vom Netzwerk:
erste amtliche Gitarre, eine kirschrote Gibson ES-335, das Instrument meiner Träume, von dem die Kay nur ei ne erbärmliche Kopie gewesen war. Mein ganzes Leben lang habe ich mich immer wieder wegen der Leute, die sie spielten, für bestimmte Gitarren entschieden. Die Gibson ES-335 war das Instrument von Freddy King, eine der ersten aus der neuen Ära der dünnen, halbakustischen Gitarren, die sowohl »Rock-« wie »Blues-Gitarren« waren und die man zur Not auch unverstärkt spielen konnte.
    Entdeckt hatte ich die Gibson in einem Laden in der Charing Cross Road oder in der Denmark Street, wo einige Musikgeschäfte E-Gitarren im Fenster ausstellten. Auf mich wirkten sie wie Süßwarenläden. Vor allem wenn die Fenster nach Einbruch der Dunkelheit beleuchtet waren, stand ich stundenlang sehnsüchtig davor. Nach einem Abend im Marquee wanderte ich manchmal die ganze Nacht durch die Straßen und betrachtete träumend die Schaufenster. Als ich die Gibson endlich kaufte, konnte ich gar nicht fassen, wie schön und glänzend sie war. Endlich fühlte ich mich wie ein echter Musiker.
    In Wahrheit nahm ich mich allerdings viel zu wichtig und beurteilte jeden, der keinen reinen Blues spielte, überkritisch. Diese Haltung war wahrscheinlich Ausdruck meiner intellektuellen Phase. Ich las Übersetzungen von Baudelaire, entdeckte amerikanische Underground-Schriftsteller wie Kerouac und Ginsberg und sah mir so viele französische und japanische Filme an, wie ich konnte. Ich entwickelte eine tiefe Verachtung für Popmusik im Allgemeinen und ein wachsendes Unbehagen daran, Mitglied der Yardbirds zu sein.
    Wir bewegten uns nicht mehr in die Richtung, die ich anstrebte. Wegen des andauernden Erfolgs der Beatles waren Giorgio und einige der anderen besessen von der Idee, ins Fernsehen zu kommen und einen Nummer-Eins-Hit zu landen. Möglicherweise hatte Giorgio den Verlust der Stones immer noch nicht verwunden, klar war jedenfalls, dass ihm unser Aufstieg nicht schnell genug ging, und jeder von uns wurde mit der Suche nach einem Hit beauftragt. Ich hatte keine Probleme mit einem Hit, solange es ein Song war, auf den wir stolz sein konnten. Ein paar Monate zuvor hatte Giorgio mir »Your One and Only Man« von Otis Redding vorgespielt, eine eingängige Nummer, die wir meiner Meinung nach covern konnten, ohne uns zu verkaufen. Dann kam Paul Samwell-Smith mit einem Song namens »For Your Love« von dem späteren 10cc-Mitglied Graham Gouldman an, der eindeutiges Hitpotenzial hatte. Ich sträubte mich, aber die anderen liebten ihn, und das war es dann.
    Als die Yardbirds beschlossen, »For Your Love« aufzunehmen, war das für mich im Grunde der Anfang vom Ende, weil ich nicht wusste, wie wir eine solche Platte machen und gleichzeitig die Band bleiben konnten, die wir waren. Meinem Gefühl nach hatten wir uns komplett verkauft. Ich spielte bei der Aufnahme mit, aber mein Beitrag beschränkte sich auf ein kurzes Blues-Riff im Mittelteil. Zum Trost gönnte man mir auf der B-Seite eine Instrumental-Nummer namens »Got To Hurry«, basierend auf einer Melodie, die Giorgio einmal gesummt hatte, der sich unter dem Pseudonym O. Rasputin auch tatsächlich als Komponist eintragen ließ.
    Ich war mittlerweile ein ziemlich grantiger, unzufriedener Mensch geworden und gab mir alle Mühe, mich weiter unbeliebt zu machen, indem ich über alles und jedes eine Grundsatzdebatte vom Zaun brach. Schließlich zitierte Giorgio mich in sein Büro in Soho und erklärte mir, dass ich mich in der Band offensichtlich nicht mehr wohl fühlte, weshalb er mir, falls ich aussteigen wolle, nicht im Weg stehen würde. Es war kein direkter Rausschmiss, sondern nur eine Aufforderung zum freiwilligen Rückzug. Ich war total desillusioniert und ernsthaft geneigt, mich ganz aus dem Musikbusiness zurückzuziehen.

Nach dem Ausstieg bei den Yardbirds war ich zunächst ziemlich niedergeschlagen. Als mir die neue Situation richtig bewusst wurde, fühlte ich mich wie nach dem unfreiwilligen Ende meines Studiums an der Kunsthochschule. Aber nach einer Weile fand ich mein inneres Gleichgewicht wieder und konnte mir für meine Prinzipientreue auf die Schulter klopfen, obwohl ich selbst nicht genau wusste, was eigentlich meine Prinzipien waren. »For Your Love« wurde ein Riesenhit, und kein Außenstehender konnte begreifen, warum ich just in dem Moment ausgestiegen war, als die Band sich gerade auf dem Weg nach oben befand. Aber für mich war es eine schreckliche Verschwendung des

Weitere Kostenlose Bücher