Mein Leben
mussten. In der Nachbarschaft lebten viele fantastische Musiker, alle aus dem Süden, und Delaney und Bonnie waren eine Art Zentrum dieser Gemeinschaft.
Der Unterschied zwischen dem relativ engen, wenn auch sehr kreativen Umfeld, in dem ich in England mit Blind Faith gelebt hatte, und L.A., wo ich all diesen fantastischen Musikern begegnete, war schier unvorstellbar. Delaney machte mich mit viel Neuem bekannt. Er spielte mir die Musik von J. J. Cale vor, der mich stark beeinflussen sollte. Ich lernte King Curtis kennen und spielte auf seiner Single »Teasin’« mit, ein Erlebnis, das von mir aus ewig hätte dauern können. Ich traf die Crickets und Stephen Stills sowie Leon Russell, der in North Hollywood sein eigenes Tonstudio hatte.
Delaney überredete mich, ein Soloalbum aufzunehmen, das er produzieren wollte, und wir machten uns im Amiga Studio an die Arbeit. Ich hatte mit »Let It Rain« nur einen neuen Song geschrieben, aber Delaney hatte ein paar Nummern in Reserve. Oder er sagte morgens auf der Fahrt ins Studio: »Wie wär’s mit einem Song über eine Flasche Rotwein?« Und dann fing er an zu singen: »Get up and get your man a bottle of red wine ...« Es sprudelte einfach aus ihm heraus, und wenn wir im Studio ankamen, war der Song fertig. Ich erinnere mich daran, dass ich mich fragte: »Wie schafft er das? Er macht einfach den Mund auf, und heraus kommt ein Song.« Dann gingen wir direkt ins Studio und spielten ihn live ein. Anschließend nahm ich unter Delaneys Regie ein paar Gesangstracks auf, bevor die Mädchen und Bläser dazu kamen. Rita und Bonnie sangen ihren Part, Jim und Bobby legten ein paar Riffs darüber, und fertig war die Nummer. Es war großartig, und ich war in meinem Element: Ich nahm mein eigenes Album auf, zusammen mit der besten Band der Welt. Delaney hatte etwas in mir zum Vorschein gebracht, von dem ich selber gar nichts gewusst hatte.
Das war der eigentliche Beginn meiner Solokarriere. Ich wusste, dass ich das Zeug dazu hatte, aber ich hatte den Gedanken zu lange verdrängt und aufgehört, an mich selbst zu glauben. Ich werde es Delaney nie vergelten können, dass er damals an mich geglaubt hat. Er sah etwas in mir, das zu suchen ich aufgegeben hatte. Die Produktion dieses Albums war einer der wichtigsten Schritte in meiner gesamten Laufbahn und eine denkwürdige Erfahrung dazu. Ich weiß noch, dass wir eines Tages ohne eine Idee für einen Song ins Studio fuhren, und Leon meinte: »Ich habe eine Zeile für euch. Denn ihr seid ja Blues-Musiker, aber die Leute wissen nicht, dass ihr auch Rock’n’Roll spielen könnt, also können wir sagen ...«
I bet you didn’t think I knew how to rock’n’roll.
Oh, I got the boogie-woogie right down in my very soul.
There ain’t no need for me to be a wallflower,
’Cos now I’m living on blues power.
Einfach so, ohne jede Anstrengung, war damit der Song »Blues Power« geboren, eines meiner Lieblingsstücke auf dem Album.
Sosehr ich das Leben in L.A. und die Gemeinschaft mit all diesen fantastischen Musikern genoss, litt ich doch manchmal unter Heimweh. Alice besuchte mich regelmäßig und verstand sich auch prima mit Bonnie, fühlte sich jedoch in Gesellschaft der übrigen Band eher unwohl und wollte ganz offensichtlich, dass ich nach Hause kam. Ich glaube, der Zigeuner in mir, der in meiner Zeit mit Delaney zum Vorschein kam, erschreckte sie. Diese innere Unruhe ist mir bis heute geblieben, und sosehr mir meine Wurzeln in Ripley und Hurtwood stets am Herzen lagen, hat mich die Straße doch immer wieder gelockt. Die Vorstellung, mit einer Truppe Musiker umherzureisen und an verschiedenen Orten zu spielen, hat für mich nie ihren Reiz verloren. Aber nach Fertigstellung des Albums war ich auch bereit, nach Hause zurückzukehren.
Meine Beziehung zu Alice war ohnehin immer eine Affäre mit Unterbrechungen gewesen, doch nun steuerte sie auf den endgültigen Bruch zu, vor allem weil ich immer noch von Pattie besessen war. So sehr ich mich auch bemühte, ich bekam sie nicht aus meinem Kopf. Obwohl ich nicht glaubte, dass ich je eine Chance bekommen würde, mit ihr zusammen zu sein, sah ich meine Affären mit anderen Frauen lediglich als vorübergehend an. Der Gedanke, dass ich keine andere Frau so lieben könnte wie Pattie, beherrschte mich vollkommen.
Um näher an sie heranzukommen, hatte ich sogar etwas mit ihrer Schwester angefangen. Das Ganze war ein paar Monate zuvor unter recht seltsamen Umständen nach dem
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