Mein Leben
deshalb kann man sich leicht vorstellen, was in der berauschenden und aufgeladenen Atmosphäre des Aufnahmestudios abging. Yvonne und ich alberten, flirteten herum und begannen schon bald eine leidenschaftliche Affäre. Sie war ein echter Genussmensch, trank, nahm Dope und amüsierte sich mit den Jungs, und wir wurden gute Freunde. Außerdem beeindruckte mich ihre fantastische Stimme, deshalb lud ich sie ein, sich unserer Band anzuschließen.
Die Gitarre, die ich für meine Rückkehr ins Studio ausgewählt hatte, war eine selbst gebaute schwarze Fender Stratocaster, der ich den Spitznamen Blackie gegeben hatte. Zu Beginn meiner Karriere hatte ich trotz meiner Bewunderung für Buddy Holly und Buddy Guy, die beide eine Strat spielten, meistens eine Gibson Les Paul gespielt, aber auf der Tour mit den Dominos hatte ich Steve Winwood einmal eine weiße Strat spielen sehen. Davon inspiriert war ich zu Sho-Bud in Nashville gegangen, die einen Stapel Strats auf Lager hatten, weil das Instrument damals völlig aus der Mode war. Ich kaufte gleich sechs davon für einen Spottpreis von nicht mehr als hundert Dollar pro Stück. Heute wären diese Instrumente ein Vielfaches wert. Zu Hause schenkte ich eine Steve, eine Pete Townshend und eine George Harrison, die anderen drei behielt ich, zerlegte sie in ihre Einzelteile und baute mir aus den besten Komponenten eine neue Gitarre zusammen.
Nach meiner Zeit mit den Dominos, die immer sehr intensiv, laut und kraftvoll gespielt hatten, war es für mich eine vollkommen neue und sehr angenehme Erfahrung, so ruhig und entspannt zu jammen, und ich genoss es stundenlang ohne Unterbrechung. Aber als ich diese Typen hörte, begriff ich auch, dass ich meilenweit zurücklag und schnell aufholen musste. In meinem zweijährigen Winterschlaf hatte ich den Kontakt zur Musikszene völlig verloren und wollte nun wissen, was die Leute hörten und was es in der Musikwelt Neues gab. Ich wusste, dass ich immer noch aus vollem Herzen spielen konnte und dass meine Musik, egal wie primitiv oder schlampig sie klang, echt sein würde, das war meine Stärke. Außerdem hatte ich die Nase voll von dem ganzen »Gitarren-Gott«-Act. Ich begann dem Beispiel von J. J. Cale zu folgen. Delaney hatte ihn mir in den späten sechziger Jahren nahegebracht, und die Jungs hier kannten ihn persönlich, Carl hatte sogar auf einigen seiner Platten mitgespielt. Es schien absolut folgerichtig, dass ich mein Comeback mit minimalistischen Musikern machte, denn genau in diese Richtung wollte ich gehen.
Bis auf »Let It Grow«, das ich alleine zu Ende geschrieben hatte, bestand das Material für das Album aus Coverversionen von Songs wie »Willie and the Hand Jive«, »Steady Rollin’ Man« und »I Can’t Hold Out«, das mir schon lange im Kopf herumschwirrte und auf eine Gelegenheit gewartet hatte herauszukommen. »Get Ready« war ein Song über meine Geschichte mit Yvonne, und »Mainline Florida« war eine Nummer von George Terry, einem einheimischen Musiker, der auf rätselhafte Weise Teil unserer Truppe geworden war. Er war ein Freund von Albhy Galuten, einem weiteren einheimischen Musiker, den ich während der Aufnahmen von Layla kennengelernt hatte. »Give Me Strength« war ein Song, den ich zum ersten Mal Anfang der sechziger Jahre in London gehört hatte, als ich mit Charlie und Diana Radcliffe in der Fulham Road wohnte. Er schien absolut passend für den Anlass und bot mir zudem Gelegenheit, mit einer Musikerlegende zu spielen, Al Jackson, dem Drummer der MGs.
Eines Tages kam George Terry mit dem Album Burnin’ von Bob Marley and the Wailers vorbei, einer Band, von der ich noch nie gehört hatte. Der Track »I Shot the Sheriff« gefiel ihm ganz besonders, und er sagte immer wieder: »Den solltest du aufnehmen! Den solltest du aufnehmen. Bei uns würde der super klingen.« Aber das Stück war Hardcore-Reggae, und ich wusste nicht, wie wir dem gerecht werden sollten. Wir nahmen trotzdem eine Version auf, von der ich, obwohl ich das damals nicht sagte, nicht übermäßig begeistert war. Ska, Bluebeat und Reggae waren mir durchaus vertraut. Wegen der wachsenden karibischen Gemeinde in England war ich mit dieser Musik im Radio und in den Clubs aufgewachsen, aber für die Amerikaner war es noch ziemlich neu, und sie waren, was die Interpretation dieser Musik betraf, nicht so pingelig wie ich. Damit will ich nicht behaupten, ich hätte gewusst, wie man diese Musik spielte, ich wusste nur, dass wir sie nicht richtig
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