Mein Leben als Androidin
stünden Tod und Verfall in ihrer physischen Manifestation in den Kulissen und verströmten ihren giftigen Pesthauch.
Es war Zeit, beschlossen die Regisseure des Stücks, den Vorhang zum letzten und blutigsten Akt zu heben. Als Prolog und in Übereinstimmung mit Jug, der im Namen seines Gebieters Edward Meese VIII. zu sprechen behauptete, wurde Andro von Gebieter Dee (seinerseits von Senseis Frank Hirojones instruiert) beauftragt, mit dem verzagten Regierungsoberhaupt in seinem Palastbüro einen mitternächtlichen Katastrophenrat zu halten. Blaine sollte von seinen beiden tüchtigsten Beratern verleitet werden zu glauben, daß ihm nur noch zwei Möglichkeiten offenstanden: Entweder er stellte sich auch in Zukunft taub und nahm als unausweichliche Konsequenz weitere Verluste an Glaubwürdigkeit hin, oder aber er spielte mit höchstem Einsatz und bekannte öffentlich die Wahrheit über Angelika Fracass. Wenn er sich für letztere Möglichkeit entschied, blieb nur noch festzulegen, ob er den verschmitzten Gauner oder das unschuldige Opfer mimen sollte. In jedem Fall würde man ihn zum Droidenficker stempeln. »Die Leute vergeben einem Narren, aber niemals einem Heuchler«, gab Andro zu bedenken und drängte ihn, den Unwissenden zu spielen (er zählte darauf, daß die Öffentlichkeit das Spiel durchschauen und sich für dumm verkauft fühlen würde), und um ganz sicherzugehen, verfaßte er persönlich die unglaublich alberne ›Ich wurde betrogen‹-Rede, die Blaine bei der berühmt gewordenen Pressekonferenz am 23. März 2085 verlas, eine Ouvertüre zu dem noch sensationelleren Auftritt zwei Monate später mit dem – wie Sie wissen – für alle Beteiligten tragischen Ende.
Während der besagten Pressekonferenz eröffnete Blaine in Anlehnung an den von Andro vorbereiteten Text einer erschütterten Nation, daß er sich, um das würdelose Hickhack um Besitztitel zu beenden, zu der akzeptablen Notlösung entschlossen hatte, statt auf ›Nicht schuldig‹ auf ›Nolo contendere‹ zu plädieren. Erst nach eindringlicher Befragung sah er sich gezwungen, den offensichtlichen Grund für diesen Entschluß einzugestehen, daß die Anklagepunkte nämlich unwiderlegbar waren: Seine Frau war ein P9, und der Psychotest hätte es bewiesen. Sein Auftreten war das reinste Schmierentheater, um es milde auszudrücken. Nicht mehr die Herkunft seiner Frau war das Thema, sondern ob der Präsident Bescheid gewußt hatte, und in dieser Hinsicht war seine Weste reiner als rein.
»Sie hat euch hinters Licht geführt, sie hat mich hinters Licht geführt, aber den Herrn hat sie nicht täuschen können. Und von ganzem Herzen möchte ich seinen Dienern danken, den Freunden von der LRA, daß sie mir die Augen geöffnet haben, denn durch sie bin ich näher zu Gott gelangt.«
Eine Entschuldigung wurde nicht ausgesprochen. (Das gehörte sich nicht für einen Mann in seiner Position und erweckte den Eindruck von Schwäche, hatte Andro geraten.) Und selbstverständlich hatte er nicht die Absicht, zurückzutreten. Nein, er drückte sich nicht vor der Verantwortung: Dieses erhabene Prinzip würde gewahrt werden durch die Einberufung einer Zweiparteienkommission zur Untersuchung von ›Les Affaires‹. Diesem erlauchten Komitee aus ehemaligen Kabinettsmitgliedern und Parteivorsitzenden würde volle Autonomie garantiert, gelobte er.
Wie nicht anders zu erwarten, schrien die Führer der Gebieterpartei und Smedleys Anhänger Zeter und Mordio und forderten eine unabhängige Untersuchung; einige gingen so weit, Anklage wegen Hochverrats erheben zu wollen. Es gab sogar Morddrohungen von Fanatikern, die seinen Tod als die einzige Möglichkeit sahen, die Partei zu retten und Gott und die Menschen zu beschwichtigen. (Letzteres hatte Micki Dee in Gang gesetzt.) Blaine gewöhnte sich an, eine lasersichere Weste zu tragen, einen raffinierten Sicherheitsgürtel, komplett mit einem durch Tastendruck aktivierbaren Impulspufferschild, Stunner, einen als Spazierstock getarnten Hieb- und Stichdegen, zwei Laser – eine Pistole, einen Diffusionssprüher – und die neueste Ergänzung zum persönlichen Verteidigungsarsenal des sicherheitsbewußten Konsumenten: einen Petrifikator, der dem Angreifer ein sofort wirkendes Mineralisierungskonzentrat injizierte.
Zunehmend vereinsamt (und niedergedrückt – im wahrsten Sinne des Wortes!), stützte das bedrängte Regierungsoberhaupt sich mehr und mehr auf seines treuen Ratgebers starken Arm – der einzige, der sich ihm nach
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