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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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androidus, ihres Nachfolgers auf der Stufenleiter der Evolution. Na, das war ein Gedanke! Subversiv und originell! Ich beugte mich vor, um meinem Gebieter die Idee ins Ohr zu flüstern, mit der Bitte, sie an Dahlia weiterzugeben, aber er sah mich kommen und zuckte zurück, also ließ ich es bleiben und wandte meine Aufmerksamkeit ihren abschließenden Ausführungen zu.
    »Ich behaupte, Euer Ehren«, sagte Dahlia, »daß die Definition auf das Beweisstück zutrifft. Befreit schon in früheren Jahren, hat sie sich von Anfang an durch einen sehr, sehr aktiven freien Willen ausgezeichnet. Wir können den Geschworenen die Stichhaltigkeit dieser Behauptung vor Augen führen, vorausgesetzt, die Anklage läßt sich bewegen, ihren Alleinanspruch auf die in dem Erinnerungsspeicher des Beweisstücks enthaltenen Fakten aufzugeben. Zu diesem Zweck stelle ich hiermit den förmlichen Antrag, daß das Gericht die klagende Partei auffordert, unverzüglich eine vollständige und ungekürzte Kopie des Erinnerungsspeichers von Beweisstück Eins auszuhändigen.«
    »Einspruch! Wenn meine verehrte Gegnerin sich die Zeit nehmen könnte, ein formelles Gesuch auf Überlassung fallrelevanter Dokumente einzureichen, wären wir gerne bereit, dem zu entsprechen.«
    »Die verlangten Dokumente liegen dem Gericht vor. Ich fordere Euer Ehren auf nachzuprüfen, ob sie den geringsten Formfehler enthalten. Die Anklage macht sich der vorsätzlichen Zurückhaltung von wichtigem Beweismaterial schuldig, und ich bestehe auf einer richterlichen Verfügung!«
    »Ich möchte Sie ermahnen, dem Gericht keine Vorschriften zu machen«, sagte der Richter. »Haben Sie noch etwas hinzuzufügen, bevor ich meine Entscheidung treffe?«
    »Allerdings, das habe ich, Euer Ehren«, erwiderte Dahlia, dem Richtertisch zugewandt. »Für das Protokoll möchte ich nochmals ausdrücklich betonen, daß, obwohl die Vertreter der Anklage Gelegenheit hatten, in Kommerz Zeuge der Entnahme des Erinnerungsspeichers zu sein, unserem Büro keine Kopie zur Verfügung gestellt wurde. Es bestand eine Übereinkunft – auch im Interesse des Gerichts, wie ich meine –, uns auf besondere Aufforderung Kopien der kompletten Datei zu überlassen. Doch mit Hilfe immer neuer Manöver entgegen dieser Übereinkunft ist das fragliche Dokument, der Erinnerungsspeicher von Beweisstück Eins, nicht ausgehändigt worden. Aufgrund dieser Behinderung war die Verteidigung nicht in der Lage, die zwangsweise Aufdeckung rechtzeitig zu Beginn der Verhandlung durchzusetzen. Deshalb beantragen wir hiermit eine Vertagung.«
    »Vertagung? Ist es dafür nicht etwas zu spät?«
    »Entschuldigen Sie mich, Euer Ehren. Ich meinte, Aussetzung.«
    Jug schnellte von seinem Stuhl. »Die Verteidigung hat ebensoviel Zeit gehabt wie wir, um die Beweise zu prüfen. Es liegt keine Benachteiligung vor, die ausgeglichen werden müßte. Wenn ihr Konzept auf schwachen Füßen steht, aussichtslos ist, wirr und widersprüchlich, dann sehe ich weder ein, daß das Gericht sie dafür belohnt, noch, weshalb die Geschworenen mehr als bereits geschehen von dieser Art unverhohlener Verzögerungstaktik belästigt werden sollten.«
    »Es ist zum Vorteil der Geschworenen, wenn sie über verfügbare Daten informiert werden, etwa nicht?«
    »Ihre gesamte Verteidigung ist eine unverschämte Zumutung für das Gericht und alle Anwesenden.«
    »Ihre Strategie, Beweise zurückzuhalten, grenzt an kriminelle Verdunkelung!«
    »Einspruch! Einspruch!«
    »Stattgegeben. Nun, wenn Sie beide einverstanden sind …«
    »Die Anklage hat sich bemüht, die Verhandlung zu verschleppen, um es nicht gröber zu formulieren. Aus diesem Grund beantragen wir die Abweisung der Klage.«
    »WENN SIE EINVERSTANDEN SIND, ich habe eine Entscheidung getroffen.«
    Beide Anwälte schwiegen. Der Richter erklärte die Anträge für rechtmäßig und genehmigte eine Aussetzung von zweiundsiebzig Stunden, damit das umstrittene Material von der Verteidigung gesichtet werden konnte. Dahlia triumphierte und versuchte, ihren Vorteil noch weiter auszunutzen, indem sie eine Verlängerung der Zeitspanne beantragte. Wie kaum anders zu erwarten, wurde sie abgewiesen mit der Ermahnung, die Geduld des Gerichts nicht überzustrapazieren. Unbeeindruckt kehrte sie von sichtlichem Stolz erfüllt an ihren Platz zurück. Einerseits empfand ich Sorge, denn was günstig für sie und ihren Mandanten war, bedeutete nichts Gutes für mich; andererseits freute ich mich darauf, meine Vergangenheit

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