Mein Leben als Androidin
Ansicht machte sich der Staat der fragwürdigen Praxis der selektiven Strafverfolgung schuldig.
Je weniger über den anschließenden Aufruhr im Gerichtssaal gesagt wird, desto besser; nicht weil ich die Reputation der Beteiligten wahren möchte (welchen Grund sollte ich wohl haben?), vielmehr handelte es sich um ein ermüdendes Hin und Her, das lediglich den glatten, chronologischen Ablauf meiner Erinnerungen stören würde, den ich gerne beibehalten möchte. Zu guter Letzt entschied der Richter, daß einige der nachfolgenden Besitzer der Einheit gesetzwidrig gehandelt haben mochten, diese Verstöße aber nicht dem zur Verhandlung anstehenden Fall zuzuordnen waren, weil der Vorrang von Lockes Besitztitel bereits feststand, »obwohl das keineswegs eine Untersuchung der erwähnten Vorfälle durch ein anderes Gericht ausschließt. Sollte Ihr Klient jedoch erwägen, auf dieser Grundlage rechtliche Schritte einzuleiten, dann sei er gewarnt, daß die Beklagten ihrerseits das Recht hätten, Gegenklage wegen Verleumdung zu erheben.«
»Wie Sie wünschen, Euer Ehren«, murmelte Dahlia enttäuscht, dann setzte sie die Vorstellung fort mit den Ereignissen im Kloster. Die Zuschauer wie die Geschworenen schienen zwischen Entzücken und Entrüstung hin- und hergerissen. Da stand ich nun, vor den Augen zweier Welten, das Musterbeispiel für RELIGIÖSE VERDERBTHEIT – eine schwangere Nonne nackt vor dem Spiegel der Krankenstation, umgeben von der Oberin, einer anderen Schwester und der damaligen Schwester Anna – der Höhepunkt einer demütigenden Sequenz, die mich als DIEBIN zeigte, die ihr heiliges Gewand entweihte, um Lebensmittel zu stehlen. »Bedenken Sie nur«, bemerkte Dahlia zu den Geschworenen, »den nicht wiedergutzumachenden Schaden, den diese verworfene und skrupellose Katechismuslehrerin durch ihr Beispiel bei ihren zarten Schutzbefohlenen angerichtet hat.«
Schnitt, und sie ließ die im Gerichtssaal Anwesenden miterleben, wie ich meinen VERDERBLICHEN EINFLUSS auf Thaddäus Locke ausübte und ihn überredete, mich vor der Auslieferung an seinen Vater zu retten. Dieser bemerkenswerte Trick gelang ihr mittels einer fingierten Konversation zu meinem PBW von seinem liebevollen Gesicht, das sich gegen die transparente Wandung meines Rekonvaleszenzcontainers in Hals Filiale drückte, kurz nach Juniors Geburt. Nächster Schnitt, zu einer spannenden Montage einzelner Bilder von der Entführung des Frachters und dem Schiffbruch; im Anschluß daran eine aussagekräftige Szene von unserem langen Martyrium auf dem offenen Meer. Sie beinhaltete auch unser Gespräch über die Botschaft des Chefs, die ich Tad im Anschluß an meinen telepathischen Gedankenaustausch mit dieser teuren, dahingeschiedenen Einheit wiederholen mußte. Durch geschickte Zusammenstellung und ergänzende Kommentare entstand der Eindruck, ich hätte versucht, Tad zur Lehre vom Supremat der Androiden zu bekehren, und daß ich deshalb verantwortlich war für dieses Jünglings Hinwendung in späteren Jahren zu der als Aquarianismus bekannten Irrlehre.
Es folgte ein weiter DIEBSTAHL, diesmal am Strand der Los Angeles-Insel, und der Beginn einer UNMORALISCHEN BEZIEHUNG zu einem gewissen Roland, einem der berüchtigsten Zuhälter im Dodger District, für den ich mich WILLIG auf ein Leben der PROSTITUTION und des DROGENHANDELS einließ. (Teile eines Gesprächs mit Roland über das ungeheuchelte Vergnügen, das ich bei den Sitzungen mit meinen Kunden empfand, wurden ausführlich gezeigt und kommentiert wie auch ausgewählte, für gewöhnlich unter die Zensur fallende visuelle Beispiele.) Und ich war es, die Roland nach Orbs süchtig machte – als hätte er das Zeug nicht angerührt, bevor ich auftauchte –, vermutlich aus Rache für seine rüde Behandlung. Nicht ein Wort darüber, daß er mir Orchidamin verabreicht hatte. Dann, als diese Beziehung zunehmend UNBEFRIEDIGEND, EIGENNÜTZIG und SCHÄBIG wurde, besaß ich die Unverschämtheit zu einem ANGRIFF auf Roland (der erste Mensch, den ich je meine überlegene Kraft spüren ließ), leistete wenig später BEIHILFE ZUM MORD und flüchtete mit seiner Mörderin, Eva, nach Malibu. Dort brachten wir uns nicht etwa auf anständige Weise fort, sondern stiegen durch die uns beiden eigene HABSUCHT und VERACHTUNG DER GESELLSCHAFT bis zur höchsten Ebene des auf der Insel florierenden Callgirl-Gewerbes auf. Wir krönten unsere ZÜGELLOSIGKEIT und UNMORAL durch eine LESBISCHE BEZIEHUNG, an der selbstverständlich wieder ich
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