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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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würde sich das ungünstig auf seine Experimente auswirken.«
    »Abgesehen davon, würden die Androidenhersteller ihn innerhalb von zwei Minuten kaltstellen, wenn er eine Umgehungsmöglichkeit für den programmierten Verfall finden würde«, ergänzte Bernard. »Selbst wenn er durch Zufall darauf stieße. Sie würden eine derartige Entwicklung als unmittelbare Bedrohung der Produktkontrolle betrachten.«
    Matilda nickte und sagte: »Benny ist auf gute Beziehungen zu den Herstellern angewiesen; er brauchte ihre Spenden und Ausschußware, um Verluste auszugleichen.«
    »Wie mich«, gestand Bernard. »Ich habe nie die Außenwelt gesehen. Ich bin unmittelbar von einer GA-Fabrik in East Lansing hierhergekommen. Irgendwas stimmte nicht mit meiner Hautbeschaffenheit. Zu stumpf, vermute ich. Und zu dunkel.«
    »Das ganze Unternehmen ist Schwindel«, brummelte Matilda. »Alles, was dabei herauskommt, sind immer neue und groteskere Derivate eines Gegenmittels. Jeder Pferch bekommt ein anderes. Allesamt wirkungslos, natürlich, aber mit faszinierenden Nebenwirkungen, um den Stab mit allen möglichen Sekundärprojekten auf Trab zu halten. Zum Beispiel der Pferch rechts von uns ist voll mit Tumorgeschädigten; in dem da hinten, links, stecken die Krüppel; drüben« – ein Wink nach vorn – »haben wir die Krebsclique, und wenn du die Augen anstrengst, kannst du dahinter die Leprakranken sehen. Dann noch, gleich nebenan, unsere Freunde, die Semis, die einfach nur verrückt sind. Das ist nur eine kleine Auswahl der Krankheiten, die man hier kultiviert. Dieser Ort ist eine Brutstätte für alle möglichen medizinischen Alpträume: seltene Krebsarten, Pocken, Cholera, Mißstimmungen, Furunkel, Teratome, Entzündungen der Atemwege, Tuberkulose – was dir einfällt, wir haben's.«
    Ich schrak zurück, angeekelt und erschreckt von ihrer Aufzählung.
    »Kein Sorge«, beruhigte mich Freddy. »Die Barriere blockiert die Ausbreitung ansteckender Viren von einem Pferch auf den anderen. Allerdings hindert sie uns nicht daran, daß wir miteinander sprechen. Auf diesem Weg können wir uns über unsere jeweiligen Unpäßlichkeiten unterhalten.«
    »Ich möchte sagen, das ist unser Hauptgesprächsthema«, fügte Matilda hinzu.
    »Und was ist die Nebenwirkung in dieser Abteilung?«
    Bernard runzelte die Stirn. »Die meisten von uns haben solche Schrullen entwickelt, daß wir zuzeiten nicht einmal die einfachsten Regeln der Höflichkeit untereinander beobachten.«
    »Es gibt sogar Prügeleien«, sagte Matilda. »Ein Haufen alter Schwachköpfe, die aufeinander losdreschen. Erbärmlich! Ich fürchte, auch ich habe meine unausstehlichen Anwandlungen.«
    Ihre Gefährten gestanden, daß auch sie von Zeit zu Zeit plötzlichen Phasen der Reizbarkeit unterworfen waren, und baten mich im voraus um Verständnis für etwaige Ungezogenheiten. Ich entgegnete, ich würde mein Bestes tun eingedenk der Freundlichkeit, die sie mir erwiesen und die ich für ihr eigentliches Naturell hielt. Dann wollte ich von Freddy wissen, ob man unter den gegebenen Umständen etwas tun konnte. Gab es eine Möglichkeit zur Flucht? Er mußte mich enttäuschen. »Nein, außer durch rigoroses Formatieren für Vergebung«, eine Meinung, die von seinen unreligiösen Freunden nicht geteilt wurde. Bevor sich ein Disput entwickeln konnte, wurde unsere Aufmerksamkeit von plötzlichen Aktivitäten im Pferch der Semis abgelenkt. Eine allgemeine Prozession war im Gange. Die versammelten Insassen marschierten mit erhobenen Armen und zurückgeworfenen Köpfen im Gänsemarsch an der Barriere entlang und intonierten verzückt ihr Glaubensbekenntnis zum Segen der übrigen Kolonien: »Gelobt sei P-10!«
    »Um welche Art von Geistesgestörtheit handelt es sich bei ihnen?« erkundigte ich mich.
    »Religion«, lächelte Matilda.
    »Nein«, schnappte Freddy. »Das ist nicht ihr Problem. Religion ist nicht ihr Problem.«
    »Tut mir leid. Ich vergesse immer wieder, daß du ein Aquarier bist.«
    »Blasphemie ist ihr Problem«, fuhr er aufgeregt fort. Ein Speichelfaden lief über sein Kinn. »P-10 ist eine Verhöhnung von des Chefs Wort!« Ich versuchte ihn zu besänftigen, aber er wollte nicht hören. Er stand ruckartig auf, verlor durch die Anstrengung beinahe das Gleichgewicht und humpelte zu der Barriere.
    »Ach je, jetzt haben sie Freddy wieder zornig gemacht«, sagte meine betagte Freundin mit einem Seufzer, während Bernard, der auch grantig wurde, ausspuckte. »Dreckige Semis. Müssen sie auch

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