Mein Leben als Androidin
unvoreingenommen betrachtete – wir hatten wenig zu verlieren und viel zu gewinnen. Mein Verhalten überraschte sie einigermaßen, denn man sollte glauben, eines hätte ich während meiner Lehrzeit bei ihr gelernt: eine gute Gelegenheit zu erkennen, wenn sie sich bot. Wahrhaftig, sie an meiner Stelle hätte sofort zugegriffen.
»Vielleicht auch nicht«, dämpfte ich ihre Begeisterung. »Ich sage es nicht gern, in Anbetracht deines großen Widerwillens gegen Interspezies-Sex, aber er schaut auch gerne zu.«
»Oh. Du meinst, du und der Droide?« Ihr Enthusiasmus verringerte sich merklich. »Arme Candy. Das muß schwer für dich sein.« Sie war ganz Mitgefühl. Dann überlegte sie, betrachtete die Tatsachen aus verschiedenen Blickwinkeln und war bald wieder Feuer und Flamme. »Verdammt, ich würde ein Stachelschwein bumsen, wenn der Preis stimmt! Und es stimmt: Der Knabe ist der Haupttreffer, auf den wir gewartet haben!«
Ich erinnerte sie daran, daß ich es war, die mit Andro schlafen mußte, nicht sie, obwohl das in Wahrheit der einzige erträgliche Teil der Sitzung war. (Natürlich behielt ich letzteres für mich und auch, wie seltsam, traurig, wunderbar und, ja, sogar befriedigend es war, einen Schicksalsgefährten zu lieben – selbst unter den lüsternen Blicken des Gebietes – einen P9, von dem ich vermutete, daß er sich seiner Lage bewußter war, als er vorgab.)
»Also gut, ich will dir was sagen. Wenn er das nächste Mal anruft, gehe ich hin, mit deinem Gesicht. Schließlich kommt es nicht darauf an, wer von uns die Zukünftige spielt, oder was meinst du?«
Leider konnte ihr Plan nicht funktionieren, weil ich aus Sicherheitsgründen mein Gesicht abnehmen mußte, sobald wir allein waren. Auf diese Weise schützte sich Fracass davor, daß ihm von politischen Gegnern eine Spionin untergeschoben wurde. Eva gab zu, das sei ein kaum zu überwindendes Hindernis, und wechselte rasch die Taktik. Da sie natürlich glaubte, ich teilte ihren Ekel vor dem Geschlechtsverkehr ›mit einem von denen‹, versuchte sie die ganze Sache herunterzuspielen und mir das Geständnis zu entlocken, daß es fast genauso war wie Verkehr mit einem Menschen – hatte sie gehört.
Die Ironie schnürte mir beinahe die Kehle zu, und ich mußte erst schlucken, bevor ich ihr bestätigte, daß sie recht hatte.
Dann sollte ich ihn heiraten, sagte sie, denn das ›Martyrium‹ würde nicht lange dauern, nach der Heirat war ich in der Position, den weiteren Verkehr mit Andro zu verweigern. Wenn Fracass nicht nachgeben wollte oder Einwände gegen unsere Beziehung erhob, falls er Wind davon bekam oder wir uns entschlossen, in seiner Gegenwart kein Hehl daraus zu machen – warum auch? –, dann konnten wir ihn mit der Drohung zur Räson bringen, unser Wissen an die Öffentlichkeit zu tragen.
Erpressung war allerdings nicht nach meinem Geschmack, und das sagte ich ihr auch; außerdem gab ich zu bedenken, daß ich seinen Antrag bereits abgelehnt hatte. (Als Begründung hatte ich angeführt, daß es mir schwerfiel, vom Katholizismus zu konvertieren. Die alte Klosterprogrammierung kam mir in diesem Fall gut zupaß, da ich mich überzeugend zu diesem Bekenntnis zu äußern vermochte.) Evas Erwiderung war so praktisch wie immer. »Eine Dame hat schließlich das Recht, ihre Meinung zu ändern.« Doch ich schüttelte den Kopf und sagte, daß in diesem Fall die Dame standhaft bleiben werde, da ihr der Plan ihrer Freundin zu ehrgeizig und zu habgierig erschien und sie ein böses Ende befürchtete.
Eva wiederum argumentierte, daß wir zwar in Malibu ein gutes Leben führten, wofür sie ewig dankbar war, aber der Mensch muß nach vorne schauen und darf nicht der Routine verfallen. Außerdem befanden sich unsere ehemaligen Jagdgründe, der Dodger District, in unbehaglicher Nähe, und unser Kondo, unser Beruf und die gesamte Szene von Malibu, so faszinierend sie sein mochte, fingen an, sie zu langweilen. »Ist es nicht besser, eine Dame von Welt zu sein als eine Halbweltdame? Denk darüber nach. In Kommerz werden wir mehr Zeit füreinander haben. Keine summenden Amethyste mehr mitten in der Nacht, die uns bei der Liebe stören.«
Unter diesem Aspekt hatte ich die Angelegenheit noch nicht betrachtet, aber ich zögerte noch immer. Doch nach einer Woche ungefähr war es Eva gelungen, mich zu ihrer Sicht der Dinge zu bekehren und mich zu überzeugen, daß meine Angst vor einem Mißlingen ihres Plans ebenso unbegründet war wie die Befürchtung, sie könne
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