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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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löste ich mein Haar – es war zu einem Knoten aufgesteckt gewesen – und ließ es auf die Schultern fallen als Zeichen, daß jetzt der geschäftliche Teil begann.
    Sein Blick hatte etwas Verschlagenes; ich konnte es nicht ertragen, von ihm angestarrt zu werden. »Licht aus«, befahl ich. (Das Hotel verfügte über eine verbal gesteuerte Beleuchtungsanlage.) »Verriegeln«, sagte Eva, und die Tür schloß sich automatisch. Wir schlüpften aus unseren Stöckelschuhen und Kleidern, schmiegten uns an ihn und begannen, seine Klettverschlüsse aufzuziehen. Natürlich schmolz er unter unseren Berührungen dahin, und binnen kurzem waren wir mittendrin, aber mein Unbehagen steigerte sich, wann immer er seine Aufmerksamkeit mir zuwandte, und leider schien er meinen Typ zu bevorzugen. Seine großen, fleischigen Tatzen hatten etwas Vertrautes, die Art, wie er mit langen, gleichmäßigen Strichen über meinen Körper fuhr, als wäre ich ein auf Hochglanz polierter, kostbarer Gegenstand. Es wisperte, ich sei glatt wie Seide, aufregend, wunderschön, die Vollkommenheit in Person, eine Göttin, und dann sagte er dicht an meinem Ohr: »jetzt dreh dich um.«
    »Ja, Gebieter Locke«, erwiderte ich, einer alten Erinnerungsschleife gehorchend.
    Er erstarrte. Ich erstarrte. »Licht!« kommandierte er, und die Beleuchtung gehorchte. Bevor ich zur Besinnung kam, hatte er meine Maske heruntergerissen.
    »Molly?« Wir stierten einander an, zu erstaunt, um uns zu rühren. In den sechs Jahren, seit er mich in Hals Filiale abgeliefert hatte, war er fülliger geworden und stellenweise grau, aber den Körper erkannte ich wieder, wenn auch nicht das Gesicht. Und er, das merkte ich an der Art, wie sein Blick über meinen Körper schweifte, hatte noch weniger Mühe, sich von der Richtigkeit seines ersten Verdachts zu überzeugen. In der Zwischenzeit schaute Eva von ihm zu mir und wieder zurück. »Du kennst den Burschen?«
    Selbstverständlich leugnete ich, leider zu spät; ich hatte mich bereits verraten. Trotzdem behauptete ich stur, er habe mich mit jemandem verwechselt, mein Name sei Angelika, und wir wären uns nie zuvor begegnet, und suchte derweil zwischen den zerwühlten Laken nach meinem Kleid und der Wäsche. Ich dachte an nichts anderes als Flucht. Kaum hatte ich die Sachen gefunden und machte eine Bewegung in Richtung der Tür, da sprang er vom Bett und griff einen kurzläufigen Laser vom Nachttisch. Er ließ mich niederknien und bedeutete Eva, dasselbe zu tun, da er zu dem Schluß gekommen war, auch sie müsse ein flüchtiger Androide sein und meine Komplizin.
    »Nein, es ist keine Maske und kein Gesicht, Molly«, sagte er und deutete auf seine veränderten Züge. Mit der freien Hand zerrte er an der Haut seines Unterkiefers. »Ich mußte mich einer Gesichtsoperation unterziehen, deinetwegen. Du hast meinen Ruf kaputtgemacht.« Seine Brust hob und senkte sich krampfhaft, seine Stimme erbebte vor Erregung wie auch seine Hand – ich konnte nur hoffen, daß wenigstens der Zeigefinger am Abzug ruhig blieb.
    »Mister, wir haben dich nie zuvor gesehen«, beteuerte Eva. »Laß uns laufen. Leg den Strahler weg.«
    »Halt's Maul.« Es würde ihm ein Vergnügen sein, sie der AÜ auszuliefern, informierte er sie, sobald er mit mir fertig war. Als Eigentümer war es sein gutes Recht, mich zu exterminieren. Zu meiner Information fügte er hinzu, daß ich theoretisch immer noch ihm gehörte, da Hal mich in Kommission genommen hatte und nicht in der Lage gewesen war, einen gültigen Verkauf zu tätigen, bevor ich schließlich entfloh.
    Wieder sagte ich, daß er im Begriff war, einen großen Fehler zu machen, und beschwor ihn gemeinsam mit Eva, die Waffe beiseite zu legen. »Sieh mal«, bemühte sich Eva, ihn zu beschwichtigen, »trink noch einen Schluck Champagner. Warum sich von einem albernen Mißverständnis die Stimmung verderben lassen?« Natürlich weigerte er sich und behauptete, gleich bei unserem Eintritt etwas geahnt zu haben. In unserer Art zu feiern wäre unterschwelliger Spott merkbar gewesen, der einem wahrhaftigen wiedergeborenen Humanisten wie ihm nicht verborgen bleiben konnte, ein Mangel an Achtung und Respekt, der typisch war für entlaufene P9. Zum Glück hatte er sich angewöhnt, immer einen Laser einzupacken, für den Fall, daß ihm welche von unserer Sorte über den Weg liefen.
    Eva, die verzweifelt nach einem Rettungsweg suchte, sagte eifrig, daß sie trotz ihrer scheinbaren Mißachtung seine Überzeugung teilte, doch er

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