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Mein Leben Als Suchmaschine

Mein Leben Als Suchmaschine

Titel: Mein Leben Als Suchmaschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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Ergebnissen?
    - Weiß auch nicht, aber als sie alle Prozentpunkte zusammengezählt haben, sind sie wohl auf über hundert gekommen, und das war ihnen dann peinlich.
    Sie lächelt gequält.
    - Horst, wenn Du das nächste Mal wieder irgendwo gefragt wirst, ob Du eigentlich privat genauso lustig bist wie auf der Bühne, sei doch bitte so ehrlich und antworte: Nein. Okay? Hast Du wenigstens an die Milch gedacht?
    - Aber hallo, in der Bäckerei war ich heut komplett fehlerfrei. Ist im Brötchenbeutel unter den anderen Einkäufen aus dem Supermarkt.
    - Du hast die Supermarktsachen auf…? Oh nee, die Milchverpackung ist angerissen. Die ist ausgelaufen, die Brötchen sind völlig vollgesuppt. Wo krieg ich jetzt Milch her?
    Und so kam es, daß ich zum Küchenschrank ging, die Zitronenpresse herausholte und das einzig Sinnvolle tat.

Weihnachtsmärkte im Vergleich

    Ich sag ja immer: Jeder Weihnachtsmarkt ist anders. Das ist wirklich mal was, was sie alle gemeinsam haben. Daß eben jeder wirklich anders ist. Zum Beispiel der am Breitscheidplatz. Der ist noch nicht so kommerzialisiert. Da wird nicht so eine rührselige Weihnachtsstimmung erzeugt, in der man den Leuten dann leichter das Geld aus der Tasche ziehen kann. Nein, das ist noch ein ehrlicher Rummel. Laut, dreckig, der reine Streß. Da wird einem »Stille Nacht« noch von einem Hammondorgelorchester ins Ohr gebrüllt. Das hält wach. Nicht dieses einlullende Streichergesäusel von anderen Weihnachtsmärkten in ihrem Besinnlichkeitsfanatismus.
    Eine Mutter zerrt ihr quiekendes Kind vom Aladin-Karussell. Sie brüllt: - Sei jetzt endlich still, oder ich verkauf dich als Klingelton. Meinte das die von der Leyen, als sie sagte: - Wir sollten Kinder nicht nur als Belastung sehen, sondern als gewinnbringende Zukunft?
    Eine andere Mutter hat ihre fünf Kinder mit einer Kordel wie an einer Freundschaftskette zusammengeknotet. So ist es selbst in diesem Trubel extrem unwahrscheinlich, daß sie eins verliert. Wahrscheinlich ist doch alles nur eine Frage der Organisation. Sie zieht kurz an der Kordel. Oh, am Ende der Kette kommt unter der Losbude noch ein sechstes Kind zum Vorschein.
    Zwei Betrunkene am Glühweinstand unterhalten sich quasi in Klingeltönen. Während der eine tweetymäßig vor sich hinwimmert: - Ich bin so allein, so lonely, allein, so klein…, scheppert der andere wie der verrückte Frosch auf ihn ein: Babababaaa, laß dich nich gehn, brrr, bababaa, bist doch ’n stattlicher Kerl, brrbabababaaa…
    Die Jugendlichen, die an ihnen vorbeikommen, greifen auf Höhe der beiden immer nervös zu ihrem Handy.
    Matthias Horx und andere sogenannte Zeitgeistforscher glauben, diese Klingeltöne sind eine Art Jugendkultur. Wir können die nicht verstehen, so, wie unsere Eltern den Punk nicht verstehen konnten. Na meinetwegen, aber der Punk war zumindest billiger. Für den Punk brauchte man als Anfänger erst mal nur einen abgebrochenen Mercedesstern. Und den gab’s damals ja quasi an jeder Straßenecke für lau. Die Klingeltonjugendkultur gibt’s dagegen nur mit Handy-Vertrag. Außerdem bedaure ich schon jetzt die nächste Generation, die sich dann mit Klingelton-Revivals, Klingelton-Musicals und Klingelton-Fashion auf den Modeschauen der Haute Couture rumschlagen muß. Und was wird dann wohl die nächste Jugendkultur sein? Womit soll man solche Klingeltoneltern denn noch schocken? Vielleicht sich technische Haushaltsgeräte implantieren lassen. Ein Espressoautomat im Knie oder eine Brotbackmaschine zwischen den Schulterblättern. So eine Jugendmode wäre zumindest mal irgendwie nützlich.
    Eines der Kordelkinder hat sich beim Streicheln des Ponys vom Tierasyl irgendwie in der Mähne verfangen. Das Pony setzt sich in Bewegung und schleift die sechs Kinder hinter sich her. Die Mutter beginnt lauthals zu schimpfen. Die Karussellbetreiber fürchten um die Weihnachtliche Stimmung und drehen vorsichtshalber die Hammondorgelmusik ein gutes Stück lauter.
    Was mag in solchen Momenten nur in den riesigen Plüschtieren auf den oberen Regalen der Losbude vor sich gehen? Der gigantische türkisfarbene Elefant zum Beispiel. Womöglich steht er da schon seit zehn, zwanzig oder noch mehr Jahren. Bestimmt hat er schon unzählige Hauptgewinne - Freie Auswahl - erlebt. Aber nie hat ihn jemand ausgewählt. Was muß das für ein Gefühl sein? Plüschtiere und anderes Spielzeug neben und unter ihm wechselten, aber er blieb immer sitzen. Dieser Elefant hat viel gesehen. Vielleicht ist er

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