Mein Leben Als Suchmaschine
ist Laatzen bei Hannover auch schon aus aller Welt. Bis vor kurzem war das ja noch fernab aller Welt. Laatzen bei Hannover. Wie klein die Welt doch geworden ist.
In Laatzen bei Hannover, steht da, habe eine Frau ihren Mann erschossen. Am Frühstückstisch. Die Nachbarn waren natürlich völlig erschüttert und erschrocken. Das sei furchtbar. Damit habe niemand gerechnet. Sie fänden es »unfaßbar, wie so etwas quasi aus heiterem Himmel, ohne jede Vorankündigung passieren könne.« Vorankündigung? Was erwarten die Leute denn? Daß die Frau zwei, drei Tage vorher einen Zettel in den Hausflur hängt:
»Liebe Nachbarn, am Dienstagmorgen gegen acht Uhr möchte ich gerne nach dem Frühstück meinen Mann erschießen. Falls es hierbei etwas lauter werden sollte, bitte ich dies zu entschuldigen. Aber wenn Sie Zeit und Lust haben sollten, kommen Sie doch einfach vorbei und schießen Sie mit.«
Die meisten familiären Verbrechen passieren ja am Frühstückstisch. Steht auch noch in der Meldung. Oder zumindest morgens. Hätte ich nicht gedacht. Obwohl, ich kann es verstehen. Das liegt nämlich daran, daß es morgens immer so unglaublich früh ist. Ich habe überhaupt nichts gegen Morgende, wenn sie nur nicht immer so idiotisch früh wären. Wenn der Morgen an sich zum Beispiel einfach mal am Abend stattfinden würde, dann wäre ich, glaube ich, auch ein Morgenmensch.
Der Schaffner schreitet immer noch, jeden einzelnen Fahrgast streng fixierend, durch unser Abteil. Ich weiß ja genau, wer der Auf-der-Toilette-Raucher war. Aber ich sage nichts. Und wenn der Verteidigungsminister Jung droht, unsern Zug beschießen zu lassen. Ich werde schweigen wie eine kaputte Musikbox. Viele Raucher fühlen sich ja bedroht von den neuen rigiden Nichtrauchergesetzen. Andere begreifen es aber auch als Herausforderung. So wie mein Freund Markus zum Beispiel. Der hat sich einfach einen Topf gelbe Farbe besorgt und malt jetzt immer, wenn er rauchen will, speziell am Bahnhof, schnell so ein gelbes Quadrat um sich herum. Er behauptet, das würde bislang eigentlich noch ganz gut klappen.
Das Büro ruft noch mal an. Sie sagen, sie hätten jetzt alles von diesem Evers aufgekauft, aber leider seien nur sehr kleine Auflagen auf dem Markt gewesen. Sie hätten dann doch das Hauptkapital in Bücher über den Dativ und den Genitiv investiert. Und ich denke: Mist, irgendwie müssen mein Busfahrer und diese Weltverschwörung von der Sache Wind gekriegt haben.
Innere Wut und Kaisersherzen
In meinem Kaiser’s-Supermarkt steht seit einiger Zeit fast immer eine alte Frau im Kassenbereich. Mit wachen Augen wartet sie, bis mal ein Kunde sagt, er will die ihm für seinen Einkauf zustehenden Herzen nicht. Dann schnappt sie nach vorne und sagt, sie nimmt die Herzen gerne. Die Kaiser’s-Leute haben offensichtlich nichts dagegen. Auch nicht dagegen, daß die Frau mittlerweile noch im Laden einen leidlich florierenden Handel mit den für die Herzen eingetauschten Wok-Pfannen betreibt. Ich mag die Frau. Sie mich allerdings nicht so gerne. Weil ich meine Herzen selbst behalte. Ich habe meine eigenen Pläne. 17 fehlen mir noch für die Wok-Pfanne. Wenn ich diese Wok-Pfanne erst mal habe, dann fängt aber ein neues Leben an. Dann mach ich mir Gemüse und so.
Mein Arzt findet das auch gut. Mein Arzt findet, ich soll mal was abnehmen, fünf, sechs Kilo vielleicht, weil, wenn ich das nicht bald mache, ist es zu spät. Ab 40 geht das Abnehmen nicht mehr so einfach. Ab 40, sagt mein Arzt, verändert sich irgendwas im Gehirn, und ab dann ißt man immer so, als wär’s das letzte Mal. Das sei so eine Urangst bei Männern ab 40, sie könnten in ihrem Leben einfach nicht genug gegessen haben. Und dann sterben sie, und es ist da noch so viel nicht Gegessenes in ihrem Leben übrig.
Mein Arzt ist schon okay. Rauchen zum Beispiel findet er gar nicht so schlimm. Immerhin. War aber auch mühsam genug. Mußte achtmal den Arzt wechseln, bis ich endlich einen gefunden hatte, der Rauchen nicht so schlimm findet.
Ein Mann kriegt seinen Euro oder seine Wertmarke nicht aus dem Einkaufswagen raus. Wütend schüttelt er den Wagen. Als wenn das was nützen würde.
Vor dem Kaiser’s kratzt ein Hund das Bild seines Herrchens in den Schnee. Es hat für mich immer was Anrührendes, wenn Hunde ihre entlaufenen Herrchen suchen. Schnee im November. Im Oktober war’s noch knalleheiß. Das Wetter spielt völlig verrückt. Tsunamis, Wirbelstürme, New Orleans weggespült, der Golfstrom hat auch
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