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Mein Leben Als Suchmaschine

Mein Leben Als Suchmaschine

Titel: Mein Leben Als Suchmaschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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jetzt kommen und eine Hütte um mich herumbauen. Die Rentnerin ruft aus dem Gulli:
    - Mir geht’s gut, schnappt euch den Schweinehund!
    Immer enger wird der Kreis um uns herum gezogen. Jetzt ist alles egal. In völliger Verzweiflung nehme ich das Kind auf den Arm und rufe laut:
    - Ooh nee, ich glaub, du hast schon wieder Kopfläuse.
    Die Menge weicht zurück.
    Halte das Kind wie einen Schild vor mich, wuschel ihm möglichst wild durch die Haare und renne durch die entstehende Gasse, so schnell ich nur kann, mit ihm nach Hause.
    Aber dort hat das Kind jetzt Fragen. Sehr viele Fragen, weshalb mir in den nächsten Tagen keine andere Wahl bleibt, als ihm mit Hilfe diverser Fachkinderbücher behutsam einen Großteil der Geheimnisse des menschlichen Körpers zu erläutern. Mit dem Ergebnis, daß wir jetzt ein siebenjähriges Kind zu Hause haben, das praktisch aufgeklärt ist, aber immer noch an den Weihnachtsmann glaubt. Eigentlich hatten wir das anders geplant.

4 … Würde
Das Rauchverbot in den Zügen der Deutschen Bundesbahn unter besonderer Berücksichtigung der gelben Raucherzonenrechtecke auf den Bahnsteigen

    Seit alle Züge der deutschen Bundesbahn komplett rauchfrei sind, riecht es auf vielen Zugtoiletten nach Zigarettenrauch. Das ist nicht schön, selbst für mich als Raucher. Auf einer Zugtoilette rauchen. Das ist einfach würdelos.
    Raucher, die nicht einmal für ein paar Stunden, wenn’s unbedingt sein muß, aufs Rauchen verzichten können, finde ich bemitleidenswert. Genauso wie Nichtraucher, die, wenn es unbedingt sein muß, nicht auch mal ein paar Stunden selbst rauchen können. Sowas ist innere Schwäche. Fakt ist, ich kann sehr viel länger nicht rauchen als ein Nichtraucher rauchen. Mental gesehen, bin ich dann also doch der Stärkere.
    Aber weil ich jetzt auch wieder nicht mit meiner mentalen Stärke angeben will, habe ich mir einen schönen Plan gemacht, wo in jedem Bahnhof, auf jedem Gleis die letzten Raucherpunkte sind. Diese lustigen gelben Quadrate, die man dort jetzt überall aufgemalt hat. So kann ich vor jeder Station schnell zur richtigen Stelle im Zug rennen, rausspringen und auf dem Bahnsteig japsend ein paar Züge nehmen. Das ist sicherlich sehr viel würdevoller. Und auch gesünder. Man hat Bewegung und frische Luft. Und ich bin auch bei weitem nicht der einzige, der es so macht. Mein Platznachbar hat es beim letzten Halt leider nicht mehr rechtzeitig zurück in den Zug geschafft. Seine Unterlagen und das Handy liegen jetzt ein wenig hilflos und verlassen auf dem Platz herum. Ich nehme mir fürs erste mal seine Zeitung.
    Eine Nichtraucherin hat den Schaffner alarmiert. Auf der Toilette würde es nach Zigarettenrauch stinken.
    Der Schaffner schaut sehr, sehr streng in unser Großraumabteil. Womöglich wird es gleich Taschendurchsuchungen geben. Verstecke lieber mal unauffällig meine Zigaretten. Gott, so weit ist es schon. Obwohl ich ein reines Gewissen habe, beseitige ich Beweismittel. Wie weit sind wir gekommen! Halte auch schon seit einiger Zeit immer meinen Mailordner schön aufgeräumt, damit Schäuble, wenn er da mal reinguckt, nicht denkt, bei mir sei es unordentlich.
    Das Handy meines wohl immer noch am Bahnhof Leipzig rauchenden Platznachbarn klingelt. Erst leise, dann zunehmend wütender und lauter.
    Na, dann geh ich doch mal ran. Vielleicht kann ich helfen. Sein Büro fragt, ob sie jetzt, wie verabredet, in die Berliner Immobilienfonds investieren sollen.
    Hm. Sage:
    - Nein, auf keinen Fall. Die Situation hat sich dramatisch verändert. Erkläre, neueste Analysen hätten ergeben, daß es doch klüger sei, die Preise und Mieten in Berlin in den nächsten 20, 30 Jahren noch möglichst niedrig zu halten.
    Das Büro fragt, was sie dann kaufen sollen. Sie müßten doch jetzt die Spekulationsgewinne vor der Bankenkrise retten.
    Ich sage:
    - Bücher! Sie sollen Bücher kaufen. Jede Menge Bücher. Speziell von Horst Evers. Sie sollen alles aufkaufen, was sie kriegen können.
    Das Büro fragt, ob ich mir sicher bin. Ich sage:
    - Absolut sicher, ich habe das sichere Gefühl, daß da für uns eine Menge Geld drin ist. Buchstabiere ihnen zur Sicherheit noch den Namen Evers, dann leg ich auf. Schaue zum Schaffner. Denke: Tja, hier findet quasi vor euren Augen ein Millionenbetrug statt, und ihr jagt Auf-der-Toilette-Raucher. So ist die Welt. Verrückt.
    Steht so auch in der Zeitung. Also quasi. Auf der »Aus-aller-Welt«-Seite ist eine Meldung aus Laatzen bei Hannover. Unglaublich. Jetzt

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