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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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Extratraining. Er hob riesige Steinbrocken in die Höhe und kletterte täglich die gefährlichste Felswand des ganzen Tales empor, nur um noch stärker zu werden. Wenn er zum Abendessen zurück ins Lager kam, waren seine Hände immer ganz blutig
    Am erstaunlichsten an ihm war aber, dass er höchstens vierzehn Jahre alt war. Die anderen Männer in seiner Gruppe waren in ihren Zwanzigern, und doch übertraf er sie alle. Jede freie Minute verwendete er dazu, sich ganz allein größere Kräfte anzutrainieren. Ich sah ihn oft auf einem provisorischen Sportplatz, der am Fluss in der Nähe der Toiletten lag. Unter anderem gab es dort primitive Hanteln, die aus dicken Metallstangen bestanden, an deren beiden Enden man mit Zement schwere Steine befestigt hatte. Mit diesen eigentümlichen Hanteln führte der junge Tadschike immer wieder ein stundenlanges Krafttraining durch, obwohl sie schwerer aussahen als er selbst.
    Ich fühlte mich zu diesem Jungen hingezogen, und er tat mir leid, da er immer so einsam zu sein schien. Ich versuchte, mit ihm zu sprechen und ihn aufzuheitern, aber er blieb immer schrecklich ernst und zeigte auch niemals ein Lächeln. Schließlich fragte ich einen Mann aus seiner Gruppe, warum dieser Junge immer so hart trainiere. Der Tadschike erklärte mir, dass die Russen den Jungen dazu gezwungen hätten, zuzuschauen, wie sie seine ganze Familie aus nächster Nähe erschossen.
    Ich war sehr stolz auf diesen jungen Tadschiken, da er sein Schicksal in die eigene Hand genommen hatte. Er weigerte sich, die Abschlachtung seiner Familie einfach so hinzunehmen. Selbst in einem solch jungen Alter begriff er seine Pflicht als Muslim. Trotzdem konnte ich mich an diese Geschichten von Kindern, die so viel durchmachen mussten, einfach nicht gewöhnen. Kein älterer Mudschahid tat mir leid. Sie waren wie ich bereit zu sterben. Sie hatten ihre Wahl selbst getroffen. Aber es brach mir das Herz, dass diese Kinder ihr Leben so früh opfern mussten, noch bevor sie eine Eistüte gegessen oder ein Mädchen geküsst hatten.
    Auch von dem tadschikischen Jungen habe ich mich nie verabschiedet. Eines Tages verließ er mit dem Rest seiner Gruppe das Lager. Wie so viele andere, denen ich dort begegnet bin, ist er inzwischen wahrscheinlich längst tot.
     
    Einige arabische Mudschahidin verbrachten auf dem Rückweg vom Kriegsschauplatz in Bosnien eine Weile in unserem Lager. Den ganzen Sommer über hatten wir im französischen Auslandssender oder dem BBC World Service immer wieder Nachrichten über Bosnien gehört. Dabei ging es allerdings meist um die diplomatischen Bemühungen, den Krieg zu beenden, die in Washington, Paris, London und anderen Städten stattfanden.
    Die von der Front zurückkehrenden Araber erzählten uns nun, was dort vor Ort wirklich vorgefallen war. Sie erzählten uns vom Massaker in Srebrenica, wo die Serben Zehntausende von Bosniaken aus ihren Häusern vertrieben hatten. Wir hörten von den Gräueltaten, die danach in Potočari geschahen, wohin die Serben den Flüchtlingen gefolgt waren. Wir hörten von den Vergewaltigungen und Erschießungen und den vielen Lastwagen voller Männer, die man von ihren Familien getrennt hatte und die nun hingerichtet und in Massengräbern verscharrt wurden. Sie erzählten uns, wie die Serben die Männer zusammentrieben, sie danach in Gebäude und Fabriken sperrten, in die sie dann Granaten hineinwarfen, um alle auf einmal zu töten. Wir hörten von den Männern, die entkommen waren und danach tagelang durch die Wälder irrten, bis sie blutüberströmt und halb verrückt von den Schrecken, die sie gesehen hatten, endlich auf sicheres Territorium gelangten.
    Wir erfuhren, dass die UNO-Truppen nichts zum Schutz der Bosnier unternommen hatten. Man habe sogar gesehen, wie der Kommandeur der niederländischen Friedenstruppen zur gleichen Zeit mit dem serbischen General Ratko Mladič gegessen und getrunken habe. Sie hatten die Muslime im Stich gelassen und dem sicheren Tod überantwortet.
    Obgleich die Araber die Serben hassten, so mochten sie doch die Bosnier auch nicht besonders. Sie äußerten sich über die bosnischen Muslime in ähnlicher Weise wie früher bereits Amin und Yasin. Die Bosnier seien eigentlich keine richtigen Muslime, sie tränken Alkohol und hörten Musik. Die Frauen trügen nicht einmal ein Kopftuch.
    Je weiter der Sommer voranschritt und dann vom Herbst abgelöst wurde, desto mehr Araber, voller Zorn und Wut auf die Bosnier, trafen im Lager ein. Diese hatten

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