Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
Alaykum“, grüßte ich. „Wie geht es dir?“
„Alaykum Sallam . Wie läuft die Ausbildung?“Er schien sich zu freuen, weil er etwas von mir hörte.
„Wir warten auf Assad Allahs Rückkehr“, antwortete ich.
„Ich verstehe. Und du hast uns hier ein großes Problem hinterlassen, Abu Imam.“Einen Augenblick lang verkrampfte ich innerlich. Ich war so sehr daran gewöhnt, von Ibn Sheikh getadelt zu werden. Aber dann fuhr er fort: „Im Dorf bist du jetzt berühmt. Seit du den Jungen geheilt hast, kommen alle Dorfbewohner zur medizinischen Versorgung hierher. Wir haben niemanden mehr hier, der sich um sie kümmern kann, und sie haben bereits unser ganzes Aspirin aufgebraucht.“
Ich hörte sein Lachen am anderen Ende der Leitung und lachte mit. Ibn Sheikh fehlte mir.
SAROBI
Eines Tages fragte uns Abu Dschihad in der Moschee, ob wir ihn auf einem Ausflug zur Lataband-Hochebene begleiten wollten. Dort waren vor kurzem zwei Panzer in eine Schlucht gestürzt, als Massoud und seine Armee von den Taliban zum Rückzug aus ihren Stellungen gezwungen worden waren. Abu Dschihad und Abu Mousa wollten hinfahren und Ausrüstungsgegenstände aus den Panzern bergen. Abu Mousa hatte es vor allem auf ein Infrarotgerät für die Zielerfassung abgesehen, das er sich sichern wollte. Abu Dschihad fragte, ob wir uns ihnen anschließen wollten. Wir würden uns dabei einige Tage lang im Lager der Hizb-i-Islami in Sarobi aufhalten.
Ich hatte die Funkgespräche mitgehört, deshalb wusste ich alles über das Lager Sarobi. Es war Hekmatyars wichtigster Stützpunkt, weil es an einem strategisch bedeutenden Ort lag. Sarobi war nur etwa 75 Kilometer von Kabul entfernt, und an jenem Ort stand auch ein riesiger Staudamm, dessen Turbinen den gesamten elektrischen Strom für Kabul produzierten. Den ganzen Herbst über hatte es in diesem Gebiet schwere Kämpfe gegeben.
Abdul Kerim und ich nutzten die Gelegenheit, die Abu Dschihad uns bot: Wir wollten die Front sehen. Unsere Reise begann früh am nächsten Morgen. Abu Dschihad fuhr einen Toyota-Pick-up, und Abu Mousa saß neben ihm im Führerhaus. Abdul Kerim und ich hockten gemeinsam mit zwei Kämpfern von Hizb-i-Islami hinten auf der Ladefläche.
Niemals sonst in meinem Leben habe ich schlimmer gefroren als auf der Ladefläche dieses Pick-ups. Es war Spätherbst, und ein heftiger Wind peitschte durch die Schluchten dieser Gebirgslandschaft. Außerdem war die Fahrt sehr ungemütlich, weil wir über einfache, nicht asphaltierte Pisten rollten. Manchmal war überhaupt keine Straße mehr zu erkennen – große Abschnitte waren durch Bomben und Minen zerstört worden. Es gab den ganzen Weg entlang Kontrollposten, aber die Wachen winkten uns einfach durch.
Ich kannte diese Straße, die von Jalalabad nach Sarobi führte, aus meiner Lektüre und aus den Dokumentarfilmen. Dies war der Schauplatz der spektakulären Hinterhalte gewesen, die während des Krieges gegen die Sowjets gelegt worden waren. Die Spuren dieser Kämpfe konnte ich überall erkennen. Die tiefe Schlucht unterhalb der Straße war mit den Wracks sowjetischer Panzer und Artillerieausrüstung übersät. In meiner Phantasie sah ich die heldenhaften Mudschahidin wie einen Blitz auf die sowjetischen Eindringlinge niedergehen.
Wir kamen am späten Nachmittag in Sarobi an, fuhren durch das Dorf und noch ein kurzes Stück weiter, bis wir am Lager anlangten. Zwei Afghanen bewachten den Eingang und ließen uns anhalten. Abu Dschihad sprach kurz mit ihnen, dann öffneten sie das Tor und winkten uns durch.
Abu Dschihad sagte uns, dass Hekmatyar möglicherweise im Lager sei. Wenn das stimme, würden wir auch mit ihm zusammentreffen. Er meinte, Hekmatyar schlafe, wenn er in Sarobi sei, stets in einem Bunker am Fuß des Staudamms. Noch aufregender als die Aussicht, Hekmatyar zu treffen, war allerdings das unglaubliche Waffen- und Artilleriearsenal, das wir zu sehen bekamen. Panzer wie der T-55 und der modernere T-64, verschiedene Schilkas, zahlreiche große Raketenwerfer und die dazu passenden riesigen Raketen. Das waren wirkungsvolle Waffen für eine ernstzunehmende Armee.
In diesem Teil des Lagers waren nur Afghanen, daher fuhren wir weiter in einen anderen Teil des Lagers zu den arabischen Hizb-i-Islami -Kämpfern. Wir fuhren über eine Brücke und sahen den Staudamm zu unserer Linken. Das war ein gewaltiges Bauwerk, und die über seine Krone hinwegfließenden Wassermassen verursachten einen ohrenbetäubenden Lärm.
Wenig später
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