Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
Entwicklung ich in den neunziger Jahren vor Ort beobachtet hatte. Der 11. September war nur eine spektakuläre Erweiterung der perversen Logik, mit der die GIA die Ermordung so vieler unschuldiger Menschen in ganz Algerien rechtfertigte. Es war die Logik der Bombenattentate von Paris, die Logik der Anschläge auf die Botschaften in Islamabad, Nairobi und Daressalam. Auch die Bombenanschläge in Madrid und in London sollten später derselben Logik folgen. Es ist die Logik der Supply Chain: Jeder Mensch, der den Feind unterstützt, ist ein legitimes Ziel. Es gibt keine Zivilisten mehr. Wir alle befinden uns im Krieg.
Das ist die Logik des globalen Dschihad. Und ich verachte sie. Es gibt Soldaten, und es gibt Zivilisten. Soldaten zu töten ist eine Kriegshandlung. Die Tötung von Zivilisten ist Mord. Das ist für mich mehr als nur eine Meinung. Es ist einer meiner Glaubensartikel.
Ich will mich klar und deutlich ausdrücken: Ich bin Muslim, und bis zum heutigen Tag würde ich für meinen Glauben in den Krieg ziehen. Ich bin kein Spion mehr, aber ein Teil meiner Persönlichkeit bleibt ein Mudschahid. Ich bin der Ansicht, dass die Amerikaner und all die anderen aus unserem Land verschwinden und ihm fernbleiben sollten. Ich glaube, sie sollten sich nicht weiter in die Politik muslimischer Staaten einmischen. Sie sollten uns in Ruhe lassen, und wenn sie das nicht tun, sollten sie getötet werden, denn so verfährt man mit Invasionsarmeen und Besatzern.
Ich war entsetzt über die amerikanische Reaktion auf den 11. September. Diese unendlich naive Empörung: Man hat uns auf amerikanischem Boden angegriffen! Dreitausend Amerikaner wurden auf amerikanischem Boden getötet! Das war zweifellos eine Tragödie. Und ein Verbrechen.
Aber was ist mit den Millionen und Abermillionen von Muslimen, die auf muslimischem Boden getötet werden, im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika, in Bosnien, in Tschetschenien, in Afghanistan? Hat die Welt ihretwegen den Atem angehalten?
Deshalb glaube ich, dass es Schlachten gibt, die geschlagen werden müssen. Ich glaube, dass es Land gibt, für das es sich zu sterben lohnt. Aber ich glaube auch an Gesetze. Der Islam kennt, vielleicht eher als jede andere Religion, sehr klare Gesetze, die regeln, wann und wie man in den Krieg zieht. In den afghanischen Ausbildungslagern habe ich diese Gesetze selbst gelernt. Und ich habe gelernt, dass diese Gesetze uns von den Amerikanern, Franzosen, Deutschen und Russen, von den Engländern und allen anderen unterscheiden und zu etwas Besserem machen. Sie töten mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen. Sie werfen Atombomben auf Großstädte und ermorden Millionen Menschen in Gaskammern und vernichten ganze Völker, um deren Land und Reichtümer zu stehlen. Sie töten Frauen und Kinder und erklären dies dann mit einem Schulterzucken zum „Kollateralschaden“.
Diese Dinge sind wahr. Die anderen tun so etwas. Sie haben es jahrhundertelang so gehalten. Aber wir sind Muslime, und der Koran untersagt uns solche Taten. Das ist der wahre Islam, es ist der Islam, den ich in den Lagern gelernt habe, zumindest in der Theorie. Allzu oft sah dann das, was ich in der Praxis erlebt habe, ganz anders aus.
Das ist der Grund, warum ich meine Geschichte erzählt habe. Ich habe sie nicht erzählt, um den Westen vor den Terroristen zu retten. Das war niemals mein Ziel. Mein stärkster Wunsch ist es, den Islam vor diesen fürchterlichen Exzessen und Entstellungen zu bewahren.
Von Anfang an habe ich mich über die Uzis geärgert. Über die Tatsache, dass die muslimische Welt so weit heruntergekommen ist, dass wir für unsere Kriege die Waffen des Feindes benutzen müssen. Aber jetzt ist etwas noch viel Schlimmeres geschehen: Wir führen unsere Kriege mit der Taktik unseres Feindes. Wenn wir als Muslime es zulassen, dass wir so wie sie werden – und das heißt: wie ihr -, wird nichts mehr übrigbleiben, für das es sich zu kämpfen lohnt.
Das ist mein Dschihad.
DANK
Ich danke Gott für seinen Schutz während all der Erfahrungen, die ich in diesem Buch beschrieben habe.
Ich danke meiner Frau von ganzem Herzen für ihr Vertrauen, ihre Unterstützung und ihre Ermutigung während der Zeit, in der ich an diesem Buch arbeitete. Am meisten danke ich ihr für den ungeheuren Mut, den sie bewies, als sie mich heiratete, und für den Mut, den sie zeigte, indem sie seit jenem Tag stets an meiner Seite blieb.
Ich danke Lara Heimert, meiner Lektorin bei Basic Books, für ihren
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