Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
konnten wir nicht zusammenleben. Vorläufig kam ich in einer kleinen Wohnung unter, die Fatima unter ihrem Namen angemietet hatte.
Während meiner ersten Monate in Deutschland traf ich mich noch mehrere Male mit Olivier. Er sagte mir immer wieder, er könne nichts für mich tun. Solange ich in Deutschland sei, müsse ich mich an Klaus und Matthias halten. Die DGSE habe alles mit ihnen abgesprochen. Ich hatte allerdings nicht den Eindruck, dass hier besonders viel abgesprochen worden war. Sobald ich Oliviers Namen im Gespräch mit Klaus oder Matthias fallenließ, schüttelten sie den Kopf und sagten, ich solle nicht über ihn reden. Sie gaben niemals offen zu, dass zwischen dem deutschen und dem französischen Geheimdienst so etwas wie eine Übereinkunft bestand. Auch wenn sie es niemals aussprachen, war doch offensichtlich, dass sie im Fall des Falles alles abstreiten wollten. Und sie wollten auch keine Verantwortung für mich übernehmen.
Ich brauchte Geld. Ich lebte von Fatimas winzigem Einkommen und hasste diesen Zustand. Ich brauchte Geld, um meine Wohnung und mein Essen selbst bezahlen zu können. Und ich musste Geld für meine Hochzeit sparen. Ohne Papiere konnte ich jedoch kein eigenes Geld verdienen. Auch mit Papieren wäre das schon sehr schwierig gewesen: Ich war zweiunddreißig Jahre alt und hatte noch nie einen festen Arbeitsplatz gehabt. Zumindest keinen, den ich in meinem Lebenslauf anführen könnte.
Es gab für mich nur eine Verdienstmöglichkeit: Ich musste als Spion arbeiten. Das klang zunächst wie eine gute Idee. Bestimmt erwarteten die Deutschen so etwas auch von mir. Ich musste allerdings nicht lange nachdenken, um zu dem Schluss zu kommen, dass sie mir keine richtige Arbeit anzubieten hatten. Ich wurde auf ein muslimisches Gemeindezentrum in Oberhausen angesetzt, einer etwa siebzig Kilometer nördlich von Köln gelegenen Stadt mit einer großen nordafrikanischen Bevölkerungsgruppe. Jeden Freitag fuhr ich dorthin.
Matthias und Klaus legten mir bei den Treffen, die auf jeden dieser Abstecher folgten, nicht einmal Fotos vor. „Welchen Eindruck haben Sie?“, fragten sie routinemäßig. Mein Eindruck war sehr schlicht: Das war eine Gruppe marokkanischer Teenager, die miteinander Sport trieben und den Koran studierten. Es bestand kein Grund zur Besorgnis.
Diese Arbeit war noch viel schlimmer als das, was ich in England getan hatte. Der Job war unglaublich langweilig und völlig nutzlos. Aber das wirkliche Problem bestand darin, dass ich mir diese Tätigkeit nicht einmal finanziell leisten konnte. Ich gab mehrere hundert Mark im Monat nur für Benzin aus, aber die Deutschen bezahlten mir so gut wie nichts. Sie wussten, dass sie mit diesem Verhalten durchkommen würden, weil ich in der Falle saß. Ich hatte keine Papiere, also konnte ich keine andere Arbeit aufnehmen.
Nach ein paar Monaten drehte ich allmählich durch. Ich sagte den Deutschen, dass ich mehr Geld bräuchte, aber sie reagierten nicht. Ich hatte den Eindruck, dass Klaus sich für mein Verhalten bei unserer ersten Begegnung revanchieren wollte. Er ließ mich um ein paar Mark mehr betteln, nur um mir dann mit Freuden eine Abfuhr zu erteilen. Ich verachtete ihn, und wir gerieten ständig aneinander.
Matthias versuchte mir zu helfen, so gut er konnte, aber auch er wirkte in diesem Konflikt machtlos. Als wir einmal unter uns waren, erklärte er mir, dass er und Klaus für verschiedene Abteilungen des Dienstes arbeiteten und er nicht die Befugnis habe, in diesem Fall einzuschreiten. Manchmal gab er mir sogar Geld aus seiner eigenen Tasche. Offensichtlich fühlte er sich genauso hilflos wie ich.
Schließlich geschah doch etwas Gutes. Nach neun Monaten Aufenthalt in Deutschland erhielt ich schließlich meine Heiratserlaubnis. Seit ich Fatima in Paris zum ersten Mal begegnet war, waren fast drei Jahre vergangen. Seit jenem Tag war sie für mich niemals meine Freundin gewesen. Sie war meine zukünftige Frau. Jetzt waren wir endlich in der Zukunft angekommen.
Einige Tage nach dem Eintreffen der Papiere hatte ich eine Verabredung mit Olivier. Ich brauchte Geld für die Hochzeit, und von Klaus hatte ich hierfür nichts zu erwarten. Ich hätte ein Anrecht auf dieses Geld, sagte ich zu Olivier. Die DGSE habe versprochen, mir bei meiner Heirat behilflich zu sein, und jetzt benötigte ich ihre Hilfe.
Einige Tage später trafen wir uns in einem Hotelzimmer. Olivier war vor mir da und saß an einem Tisch, als ich den Raum betrat. Vor
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