Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
sagte nichts. Er sagte nie etwas, wenn ich ihm nicht die Informationen gab, die er gerne gehabt hätte. Er starrte mich dann nur mit unbeweglichem Gesicht an.
Als ich aufbrach, teilte er mir mit, dass wir uns auch am nächsten Tag frühabends treffen müssten. Er würde vor der amerikanischen Botschaft auf mich warten.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich noch schlechter. Ich hatte schreckliches Kopfweh, und meine Glieder waren schwer. Trotzdem begab ich mich am späten Nachmittag wie vereinbart zur amerikanischen Botschaft. Ich folgte Gilles eine sehr lange Zeit, weit länger als gewöhnlich. Wir liefen den ganzen Weg bis hinüber zur Porte de Namur. Wir waren insgesamt fast eine Stunde unterwegs. So wie ich mich fühlte, kam es mir wie drei Stunden vor.
Einmal bückte ich mich vor einem Geschäft, so als ob ich mir die Schuhe binden müsste. In der Schaufensterscheibe des Ladens sah ich einen Mann, der ein paar Meter hinter mir ging. Ich erkannte ihn. Er hielt sich seine Zeitung vors Gesicht und ging schnell an mir vorbei. Ich lachte in mich hinein.
Als ich vor einem Hotel wieder zu Gilles aufschließen konnte, sprach ich ihn noch ganz außer Atem auf diese Sache an.
„Weißt du eigentlich, Gilles, dass wir verfolgt werden?“
Er schaute mich prüfend an. „Wirklich?“
„Ja, ich glaube schon.“
Er sagte nichts und wechselte sofort das Thema. „Wir treffen uns heute mit einem Freund von mir“, erklärte er. „Er ist von hier – aus Brüssel. Du musst dir keinerlei Sorgen machen. Er ist ein Freund. Wir werden uns nur ein bisschen mit ihm unterhalten.“
Ich nickte, und wir gingen beide weiter die Straße hinunter. Unter den vielen Fußgängern, die uns umgaben, entdeckte ich plötzlich fünfzig Meter entfernt von uns den Mann mit der Zeitung, der mir gefolgt war.
Ich machte Gilles sofort auf ihn aufmerksam. „Ist dies etwa dein Freund?“
Er war überrascht. „Wie hast du das erraten? Kennst du ihn denn?“
Ich unterdrückte ein Lachen. „Natürlich nicht, ich habe es nur erraten. Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen.“
Natürlich hatte ich ihn schon einmal gesehen. Er war mir an dem Tag gefolgt, als ich Gilles zum ersten Mal getroffen hatte. Ich hatte ihn damals nur für einen von Gilles’ Sicherheitsleuten gehalten.
Wir drei setzten uns dann in ein Auto, das in der Nähe geparkt war, und Gilles stellte mir den Mann als Thierry vor. Dieser schien regelrecht begeistert zu sein, mich endlich kennenzulernen. Ich merkte, dass Gilles stolz darauf war, mich ihm vorstellen zu können. Er lächelte und wirkte plötzlich größer als sonst.
Wir fuhren aus dem Stadtzentrum hinaus und setzten uns in ein Vorstadtcafé. Außer uns gab es dort keine anderen Gäste. Thierry holte einige Fotos aus der Tasche und legte sie nebeneinander auf den Tisch. Es waren nicht sehr viele. Alle diese Gesichter hatte ich zuvor schon einmal gesehen. Am häufigsten tauchten auf ihnen Amin, Yasin, Hakim und Tarek auf, aber auch einige der anderen Männer, die ich in unserem Haus hatte kommen und gehen sehen.
Es gab da aber auch ein Foto von mir und Nabil. Ich schaute Gilles wütend an.
„Was zum Teufel soll das denn?“, fragte ich ihn. „Wir haben doch schon darüber gesprochen. Das ist Nabil. Er hat mit alldem nichts zu tun.“
Gilles richtete sich in seinem Sitz auf. „Aber nein, natürlich nicht. Dieses Foto sollte nicht unter den anderen sein.“Er drohte Thierry halb im Spaß mit dem Finger und forderte ihn auf, es wegzulegen.
Dann stellte mir Thierry eine Menge Fragen. Kennen Sie diesen Mann? Wo hat er das Auto her? Wo kommt er her? Ich hatte alle diese Fragen zuvor bereits Gilles beantwortet, aber dieser saß jetzt schweigend daneben und sagte kein einziges Wort.
Plötzlich begriff ich, was hier vorging, und ich unterbrach Thierry.
„Sie haben vor, sie alle zu verhaften, nicht wahr?“
Thierry und Gilles blickten sich an. Dann antwortete mir Thierry: „Nein, das haben wir nicht vor.“
Aber ich wusste, dass es so war. Ich begriff plötzlich, dass Gilles von Anfang an mit diesem Thierry zusammengearbeitet hatte und dass dieser der Sûreté de l’État, dem belgischen Geheimdienst, angehörte. Mir war nun klar, dass Thierry allem, was Gilles veranlasste, zuzustimmen hatte.
Ich war äußerst aufgebracht. Ich hatte für Gilles und die DGSE alles riskiert. Ich hatte mein Leben aufs Spiel gesetzt, um ihnen zu helfen, mit dieser terroristischen Bedrohung fertig zu werden. Ich
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