Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
kleine Diplomatin. „Bodybuilder, Fußballer, Partyqueens, Abiturienten … “
Ich kann nicht anders und stöhne auf. Unsere schöne Party! Ich wollte mit meinen Freunden zusammen sein. Ganz besonders mit Phil, logisch. Immerhin ist sein Vater nicht da, und wir haben endlich mal sturmfreie Bude.
Und jetzt? Ich sehe mich schon tödlich angeödet zwischen Prosecco süffelnden Tussis und aufgeblasenen Muskeltypen herumstehen, während mein Freund abwechselnd Gastgeber und DJ spielt und null Zeit für mich hat. Supertolle Aussichten, echt. Wie wär’s, wenn wir die Party gleich für alle sichtbar bei facebook einstellen und die Einladung öffentlich schalten? Käme aufs Gleiche hinaus, wenn man mich fragt. Aber mich fragt leider keiner.
Wenigstens die Sorge mit dem DJ wird mir kurz darauf genommen. Als Anna und Lukas auftauchen, bietet sich der gute Luki spontan als Plattenaufleger an.
„Es geschehen noch Zeichen und Wunder“, flüstere ich Lena überrascht zu.
„Kann er das überhaupt?“, wispert Lena zurück.
„Ich wette, er steht auf die Atzen, DJ Ötzi und so was.“ Ich kann mir ein etwas boshaftes Kichern nicht verkneifen.
Anna wirft Lena und mir ein giftiges Funkeln zu.
„Lukas legt öfters mal Platten auf“, sagt sie spitz. „Keine Angst.“
Upsala, anscheinend hat sie uns gehört.
„Ertappt“, grinse ich, aber Anna würdigt mich keines Blickes. Dass sie ausgerechnet jetzt, so kurz vor unserem Mega-Event, auf zickig schaltet, ist ziemlich blöd. Ich brauche sie nämlich, und zwar dringend. Sie muss mir ein Alibi verschaffen für den Fall, dass meine Eltern mir nicht erlauben, die Nacht der Nächte außer Haus zu verbringen. Natürlich rechne ich nicht wirklich damit, dass mich meine Erziehungsberechtigten freiwillig bei Phillip übernachten lassen – obwohl sie sich damit für ewige Zeiten den Status ‚ Supercoole Eltern‘ sichern könnten. Ich brauche also eine Alternative, und die heißt Anna. Oder soll ich lieber gleich Lena nehmen? Nee, Anna klingt glaubwürdiger. Immerhin ist sie meine älteste Freundin.
Bevor ich sie anquatschen kann, gongt es zur nächsten Stunde, und unser Grüppchen löst sich in alle Himmelsrichtungen auf. Phillip hat heute Training. Fußball? Handball? Hockey? Irgendwie ist es nicht so leicht, bei ihm den Überblick zu behalten. Auf jeden Fall sehen wir uns erst morgen wieder.
„Ciao“, raunt er mir zu und schenkt mir einen tiefen, tiefen Blick, der meine Knie butterweich werden lässt.
„Love is in the air … “ , summt Lena, als wir nebeneinander die Treppe hinaufgehen.
Ich gebe ihr einen Knuff und grinse. Sie hat absolut Recht. Oh ja.
*
Mittags bin ich allein zu Haus; eine ziemlich seltene und deshalb saugünstige Gelegenheit, mal richtig laut aufzudrehen.
Während ich in der Küche zwei Bananen in mein Schokomüsli schnipple, alles umrühre und mir löffelweise zwischen die Zähne schiebe, grölen die Black Eyed Peas We are the now generation, we are the generation now …
Die Teller tanzen. Ich auch. Jedenfalls bis die Haustür ins Schloss knallt und wenig später Jakob seinen Rucksack in die Ecke wirft. Weil er das jeden Tag macht, ist die Flurtapete an der Stelle schon total abgeschrappt und unansehnlich.
Wenn ich jemals ein Buch über Jakob schreiben sollte, würde ich es „ Die Rituale meines kleinen Bruders“ nennen. Es ist unglaublich, wie festgefahren er in seinen Gewohnheiten ist! Gleich geht er an den Kühlschrank, wetten? Nur um kurz reinzuschauen, die Tür zuzuschmettern, sich auf die Eckbank zu fläzen und zu meckern, dass nichts Anständiges zu essen im Haus ist.
Ich zähle bis drei. Eins, zwei …
Er brummt Hallo in meine Richtung, schlappt an mir vorbei zum Kühlschrank, guckt rein, knallt die Tür wieder zu, schmeißt sich auf die Eckbank, mustert angewidert mein Müsli und mault: „Gibt’s nix zu essen?“
Leute, glaubt mir: Wer einen kleinen Bruder hat, hat immer was zu lachen!
„Im Ofen ist Auflauf von gestern. Musst du nur warm machen.“ Ich zeige mit meinem Löffel auf den Herd.
„Wieso ich?“
„Weil du Hunger hast vielleicht?“, schlage ich vor.
Jakob mustert mich, als hätte ich sie nicht alle. Aber dann erhebt er sich und aktiviert die Umluft des klawitterschen Backofens. Erstaunlich.
„Geht doch“, kann ich mir einen Kommentar nicht verkneifen.
Ein paar Minuten später mümmelt er zufrieden seinen Auflauf, während ich mir zum Nachtisch einen Vanillequark mit Kirschen gönne.
Nach dem Essen
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