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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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wolkenloser Himmel, der sich über die Bucht und den – ja, was eigentlich? – Atlantik? Pazifik? – spannt. Ich krame meine bescheidenen Geografiekenntnisse heraus und komme zu dem Schluss, dass es der Pazifik sein muss. Klar, schließlich liegt Kalifornien eindeutig an der Westküste der USA . Aber damit hört mein Wissen auch schon auf.
    Der Prospekt ist übrigens von einem Sprachreiseveranstalter, das fällt mir aber erst auf, als ich darin blättere und über verschiedene Angebote stolpere. Sprachreisen für Schüler und Studenten, Angebote für Erwachsene, Ferienkurse, Schüleraustauschprogramme … Moment mal! Schüleraustauschprogramme? Wieso Schüleraustausch? Und warum ist da ein Kreuz? Und gleich daneben ein Ausrufezeichen? Mein Herz stolpert kurz, bevor ich anfange zu lesen.
    Entdecke San Francisco, eine der schönsten Städte Amerikas! Verbringe dein Austauschjahr bei einer netten Gastfamilie und besuche den Unterricht an einer der renommierten Highschools in der berühmten Universitätsstadt Berkeley.
    Die Golden Gate Bridge im Morgendunst, die Cable Cars, Fisherman’s Wharf, North Beach, Lake Tahoe, der berühmte Yosemite-Nationalpark und viele andere Sehenswürdigkeiten warten auf dich!
    Erlebe die fünf großen S: Sommer, Sonne, Strand, Surfen, Schwimmen … Das alles bietet dir Kalifornien – und noch viel mehr!
    Die fünf großen S? Mit gerunzelter Stirn lese ich weiter. Meine Augen überfliegen die Fotos und bleiben schließlich an einer Tabelle hängen, die verschiedene Preise und Termine zur Auswahl anbietet. Auch hier stoße ich auf eine Kugelschreibermarkierung in Form eines Ausrufezeichens, und zwar eines sehr euphorischen, wie mir scheint.
    Ich habe gar nicht bemerkt, dass Phillip aufgestanden ist. Plötzlich steht er hinter mir und legt mir beide Hände auf die Schultern, ganz sanft und behutsam. Die Geste ist so vorsichtig und zögernd, als hätte er Angst, mich zu verletzen.
    „Ich wollte es dir schon lange sagen … “, sagt er leise in mein linkes Ohr.
    Das Ohr fängt an zu fiepen. Total merkwürdig. Schrill und hoch, wie eine von diesen komischen Hundepfeifen, die das menschliche Gehör angeblich nicht wahrnehmen kann. Vielleicht möchte mich mein Ohr durch das Gefiepe vor dem beschützen, was Phillip mir sagen will?
    Ich lasse den Prospekt sinken und drehe mich um.
    „Was?“, frage ich.
    Gleichzeitig halte ich den Atem an. Kommt es jetzt? Das große Geständnis?
    Du, Conni, es tut mir leid, aber ich habe da jemanden kennengelernt …
    So oder so ähnlich wird es laufen. Man kennt das doch aus diesen ganzen bescheuerten amerikanischen Spielfilmen.
    Ich versuche mich zu wappnen gegen das, was jetzt kommt, aber es will mir nicht gelingen.
    „Ich – “, setzt Phillip an. Er bricht ab, um mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Dann räuspert er sich. Er hört sich an, als würde er Schwung brauchen für das, was er sagen will. Er holt noch einmal tief Luft und sagt es schließlich: „Ich habe mich für ein Austauschjahr beworben.“
    Klick!, macht es in meinem Kopf. Mein Ohr fiept immer noch. Ich hebe den Reiseprospekt hoch und sage tonlos: „Berkeley, Kalifornien. Die fünf großen S: Sommer, Sonne, Strand, Surfen, Schwimmen. Und noch viel mehr.“
    Phillip nickt.
    Hurra! Es ist kein anderes Mädchen! Phillip betrügt mich nicht! Er will nur ans andere Ende der Welt! Und zwar ohne mich!
    Ohne mich? Mein Gehirn rastet wieder ein.
    „Ohne mich?“ Ich starre ihn an. „Ich meine … ohne mir was zu sagen?“
    Er wird tatsächlich rot. Es ist kaum zu sehen unter seiner Sonnenbräune, aber ich sehe es trotzdem.
    „Ich … ähm, ja, nein“, haspelt er vor sich hin. Fast tut er mir leid. Aber nur fast.
    „Was heißt das?“, fauche ich und fetze den Prospekt in eine Zimmerecke, wo er gegen die Wand knallt und liegen bleibt. „Ja oder nein? Kannst du dich vielleicht mal entscheiden?“
    „Nein“, knirscht er. „Ich wollte es dir ja sagen. Aber irgendwie … “
    „Irgendwie hast du dich nicht getraut“, springe ich ihm hilfreich bei. „Weil du irgendwie dachtest, ich könnte vielleicht irgendwas dagegen haben. War’s so? Irgendwie?“
    „Ja, oder … nein, ich weiß nicht.“ Er nimmt meine Hand. „Conni, ich … “
    Er sieht so aus, wie ich mich fühle: total hilflos. Wenn wir seinen Gesichtsausdruck und meinen Seelenzustand zusammenschmeißen würden, wären wir das perfekte Paar! Aber so sind wir nur zwei hilflose Hälften.
    „Ich möchte nach

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