Mein Leben für dich
einmal wie im Schnelldurchlauf und mir wird klar, dass ich nie mehr ich selbst war als in den Momenten mit ihm.
Ich weiß nicht, was ich tun werde, was ich ihm sagen, wie ich beginnen soll, wenn ich ihn wiedersehe. Vielleicht werde ich mich auch ganz, ganz schrecklich blamieren, weil ich mich täusche und er selbst niemals auch nur einen klitzekleinen Gedanken daran verschwendet hat, dass er und ich möglicherweise mehr sein könnten als das, was wir offiziell sind. Aber das ist mir egal, es muss mir egal sein. Hier geht es darum, dass ich endlich ehrlich bin. Zu Simon, aber vor allem zu mir selbst. Ich will mich nicht länger verstellen müssen, ich will uns nicht mehr belügen.
Ich sagte ihm neulich, er wäre wie ein Freund für mich. Aber das habe ich nur gesagt, weil ich da noch nicht die ganze Wahrheit erkannt habe. In Wirklichkeit ist er mehr für mich, viel mehr. Und das muss er erfahren. Denn ich weiß, dass ich dieses Gefühl von totaler Leere nicht ertragen könnte, von dem ich bisher nur einen Hauch gespürt habe. Nicht, wenn es Simon ist, der mich damit zurücklässt.
Simon
»Oh Mann, endlich!« Ich stöhne vor Erleichterung auf, als ich gegen halb drei eine SMS von Mia bekomme. Ich war schon verrückt vor Sorge um sie und habe sicher an die zwanzigmal versucht, sie zu erreichen, nachdem ich gecheckt habe, dass sie nicht auf ihrem Zimmer ist. Aber ihr Telefon war die ganze Zeit über ausgeschaltet. Noch eine halbe Stunde länger ohne Lebenszeichen von ihr, und ich wäre zu Kais Wohnung gefahren, um nachzusehen, ob sie vielleicht dort ist und sich am Ende mit ihm aussprechen oder versöhnen will. Frauen sind in dieser Hinsicht oft seltsam veranlagt. Anstatt sich ein für alle Mal von den Typen fernzuhalten, die sie mies behandelt haben, vergessen sie ihren Stolz und rennen ihnen sogar noch nach. Wahrscheinlich in der Annahme, sie könnten ihn verändern, ihn retten. So ein Schwachsinn.
Aber zum Glück scheint Mia nicht zu dieser Sorte Mädchen zu gehören – wenigstens liest sich ihre SMS ziemlich harmlos.
Hallo, Simon! Brauchte nach gestern etwas Zeit für mich. Aber können wir uns vielleicht treffen? Um 16 Uhr im Café Stern an der Binnenalster. Bis dann, Mia.
Ich bin zwar nicht sehr begeistert von dem Treffpunkt, da der Besitzer des Bistros einer von Ricks »Kunden« ist, aber egal. Heute komme ich eben als Kunde und normalerweise ist der Chef sowieso nur am Abend in seinem Laden.
Während ich mit dem Fahrstuhl nach unten in die Lobby fahre, klingelt mein Handy. Ich zucke zusammen. Die Nummer ist unterdrückt. Ein heißer Stich durchfährt mich. Verdammt, das ist Rick. War ja klar, dass er sich meldet. Er will wissen, was Sache ist, oder … er hat bereits festgestellt, dass der Porsche nicht wie vereinbart in der alten Scheune hinter den Gleisen steht. Das Klingeln hört auf. Ich überlege, ihn zurückzurufen, aber dann lasse ich es. Zum einen, weil ich erst nach Mia sehen will, zum anderen aber auch, weil ich es hasse, mit Rick zu telefonieren. Es ist nahezu unmöglich, einzuschätzen, wie er drauf ist, wenn man sein Gesicht nicht vor sich hat. Aber ob es mir nun gefällt oder nicht, ich werde mich nicht sehr lange um ein Gespräch mit ihm drücken können. Ich werde noch heute zu ihm nach Hause fahren und mich ihm stellen. Mir graut davor und ich kann nur hoffen, dass er mir nicht vor Ärger sofort an die Gurgel springt. Mein einziger Rettungsanker ist Ben. Ihm zuliebe wird er vielleicht nicht dasselbe mit mir anstellen wie mit Till. Aber bei Rick muss man auf alles gefasst sein. Der Typ ist unberechenbar.
Mia
Ich bin ultranervös, als ich mir einen Platz im Café suche, aber ich dachte, es wäre vielleicht entspannter und lockerer, sich auf neutralem Boden zu treffen, als in Simons oder meinem Apartment. So kommt man schneller wieder aus der Sache raus, falls es peinlich wird, und hockt nicht blöde auf dem Bett des anderen herum.
Den ersten Tisch, an dem ich sitze, verlasse ich nach fünf Minuten wieder. Die Sonne wandert immer weiter hier herüber, dabei ist mir ohnehin schon schrecklich heiß und das wird sich bestimmt nicht ändern, wenn Simon mir gleich gegenübersitzt. Vom nächsten Tisch stehe ich auch wieder auf, weil ich feststelle, dass nebenan ein Pärchen hockt, das irgendwelche Beziehungsprobleme diskutiert und sich zwischenzeitlich deprimiert anschweigt. Absolut unpassend. Der dritte Tisch, der gerade erst frei geworden ist, scheint endlich perfekt zu sein. Schön
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