Mein Leben für dich
schneller zu fahren. An der Kreuzung ist die Ampel rot, es ist mir egal. Ich rase quer durch die Stadt. »Scheißkerl!«, brülle ich und schlage auf das Lenkrad ein. »Du Drecksack, ich mach dich fertig!«
Mia
Kai umfasst mein Gesicht mit beiden Händen. Sie sind feucht und zittern, genau wie seine Lippen, die meinen näher kommen, die mich mit gierigen Küssen bedecken, meinen Mund, meinen Hals. Und sie wollen noch mehr, das weiß, das spüre ich, sie wollen mich überall berühren. Mein Körper ist verspannt, sträubt sich gegen das hier, so wie damals, als Chris mich überredete, mit ihm zu schlafen. Auch er war dicht, von Alkohol und irgendwelchen Pillen, die er sich eingeworfen hatte, nachdem sein Team gewonnen hatte. Aber dieses Mal sage ich klar und deutlich Nein und Kai hört es einfach nicht, will es nicht hören, kann es nicht hören, weil er nicht mehr er selbst ist, sondern wie ferngesteuert. Er presst mich mit seinem Gewicht gegen die Lehne der Couch, seine rechte Hand beginnt, meinen Oberschenkel zu streicheln, sein Atem geht stoßweise. Seine Augen wirken fremd, sie blicken nicht mich an, sondern durch mich hindurch.
Simon, flehe ich und meine rechte Hand umklammert das Handy in meiner Handtasche, die zwischen mir und der Couch klemmt. Bitte, bitte, hilf mir, bitte glaub mir, dieses Mal brauche ich dich wirklich, das hier ist keine Lüge.
Kais Stöhnen an meinem Ohr wird heftiger, ich spüre sein Verlangen, mich zu besitzen. Es ist ihm egal, was ich sage, was ich fühle. Ich bin ihm egal, war es vermutlich immer schon.
»Nein!« Ich schreie, als Kai seine Hand unter meinen Rock schiebt. Ich schreie, damit er endlich aufwacht und mich hört. »Nein, bitte lass das, fass mich nicht an, Kai … !« Ich kneife die Augen zu, ich will sein Gesicht nicht mehr sehen müssen, es ekelt mich an. Tränen steigen mir in die Augen.
»Mia, ich schwöre dir, ich bin verrückt nach dir, das weißt du doch –«
»Nimmt deine Dreckspfoten von ihr!«
»Simon! Simon …« Ich schluchze vor Erleichterung auf. Simon reißt Kai von der Couch und schlägt ihm die Faust ins Gesicht. Wieder und wieder. Das klatschende dumpfe Geräusch ist grauenvoll und lässt mich schaudern. Einen Moment lang starre ich wie gelähmt auf die Szene vor mir, doch dann stürze ich mich auf meinen Bodyguard. »Simon, halt, das reicht. Hör auf … Simon, du bringst ihn noch um!« Ich muss ihn mit aller Kraft von Kai wegdrücken, er ist wie im Rausch, seine Augen blitzen vor Wut. Ich halte ihn, halte ihn fest von hinten umklammert, sein Körper bebt, ein einziges Paket aus angespannten Muskeln.
Kai windet sich vor Simon am Boden. Seine Nase und seine Lippe bluten. »Sie wollte es doch auch«, presst er hervor. »Warum wohl hat sie sich sonst rausgeschlichen? Sie wollte es auch, Mann, ich hab sie nicht hergezwungen.«
»Halt deine Fresse, Kai! Halt verdammt noch mal endlich dein scheiß Lügenmaul! Noch eine Bewegung oder ein Wort und ich lasse dich hochgehen, hast du das kapiert, du Scheißjunkie?«
Simon holt erneut mit seiner Faust aus und Kai kneift panisch die Augen zusammen. Ich kann meinen Bodyguard gerade noch davon abhalten, ein weiteres Mal mit voller Wucht zuzuschlagen, indem ich ihn fest am Arm packe und zurückreiße.
»Simon, komm jetzt. Lass ihn!« Ich ziehe ihn von Kai weg und zwinge ihn, mich anzusehen. Auf seiner Stirn glänzen Schweißperlen, seine Brust bebt, seine Muskeln zucken.
»He, ist ja gut, hast du gehört?«, flüstere ich beruhigend, obwohl auch ich noch völlig durch den Wind bin. »Es reicht, Simon, es reicht.« Zitternd streichle ich über seinen angespannten Arm und allmählich wird sein Atem ruhiger.
»Mia!« Simons Stimme, die schließlich sanft meinen Namen ausspricht, lässt eine wunderbar warme Welle durch meinen erstarrten Körper strömen. »Ist alles okay mit dir?« Sein Blick wird klarer, der wilde Hass darin verwandelt sich in Besorgnis. Er sieht mir in die Augen, sieht nicht an mir vorbei, sondern ganz tief in mich hinein. Seine Hände suchen mein Gesicht, betasten es und ich schmiege mich sanft an sie, um ihnen zu zeigen, dass ich froh darüber bin, sie zu spüren.
»Ja«, sage ich leise. Und ich merke, wie mich das helle Blau seiner Augen allmählich beruhigt, so als wäre ich darin zu Hause und dürfte mich wieder sicher fühlen. »Es ist alles okay.«
Simon
Ich liege mit offenen Augen in meinem Bett, an Schlaf brauche ich gar nicht zu denken. Meine ganze rechte Seite schmerzt.
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