Mein Leben für dich
durch die Gegend?« Mia steht in einem knappen Jeanskleid, weißen Sandaletten, weißer Handtasche und mit einer gigantischen Sonnebrille auf der Nase vor meiner Tür. Sieht ganz so aus, als wolle sie schon wieder irgendwo hinkutschiert werden – so wie die letzten Tage und wahrscheinlich jeden verdammten Tag, der in den nächsten drei Monaten noch auf mich zukommt. Denn dann, das hat Mia schon angekündigt, hat sie Geburtstag und wird mich auf der Stelle feuern.
»Schön, dass dich mein Anblick so blendet, dass du sogar eine Sonnenbrille in Übergröße tragen musst«, spotte ich. »Und nein, für Kaffee und Kuchen ist es mir noch zu früh. Obwohl, jetzt, wo du es sagst …«
Mia verzieht ihren Mund zu einem Lächeln, das wahrscheinlich unterkühlt wirken soll, aber trotzdem eher niedlich aussieht. »Ich wollte dich eigentlich zum Shoppen abholen«, sagt sie.
»Was, schon wieder?«, stöhne ich. »Du hast doch gestern schon halb Hamburg leer gekauft. Lass den anderen Mädels doch wenigstens die Reste. Außerdem: So viel Kaffee, wie ich in mich reingepumpt habe, während ich auf dich warten musste, ertrage ich heute nicht mehr. Ich hab kein Auge zugetan.« Ich verrate Mia nicht, dass es nicht nur das Koffein war, das mich letzte Nacht wach gehalten hat, sondern auch meine Sorge um Ben, die Frage, ob sich Rick noch einmal bei mir meldet, und … Mia selbst. Ich konnte ihr Bild einfach nicht aus dem Kopf kriegen. Erst war sie ja noch ziemlich zurückhaltend, als sie sich gestern in ihren Sommerkleidchen, von denen jedes ein kleines Vermögen kostete, vor mir präsentierte. Aber dann, nachdem ihr die Verkäuferin ein Glas Prosecco gebracht hat, ist sie aufgetaut. Sie hat sich vor mir gedreht und gewendet, als wäre sie ein Model und ich die Jury. Wahrscheinlich hat sie in ihrem Eifer gar nicht bemerkt, wie sehr sie mich damit aus der Fassung gebracht hat. Die Veranstaltung hatte jedoch ein Ende, als die Verkäuferin irgendwann mit einem beseelten Lächeln meinte: »Sie beide sind so ein wunderschönes Paar. Ich habe Sie zusammen in der Zeitung gesehen.« Mia ist rot angelaufen und hat die Shoppingtour abgebrochen. Dabei hatte ich eigentlich vor, sie noch auf ein Stück Erdbeerkuchen einzuladen, sozusagen als Friedensangebot. Aber vielleicht war es besser, dass es nicht dazu kam. Wer weiß, ob so ein Kaffeekränzchen mich nicht noch mehr aus der Bahn geworfen hätte.
»Jetzt mach nicht so ein ängstliches Gesicht!« Mia reißt mich aus meinen Gedanken. »Dieses Mal geht es nicht um mich, sondern um dich.« Sie lässt ihren Finger vorschnellen und zeigt auf mich. » Du wirst neu eingekleidet.«
»Was? Wieso denn ich? Ich brauche nichts.«
»Na ja, so wie ich die Lage einschätze, hast du ein paar neue Hosen aber bitter nötig.«
Ich blicke mit gespielter Verwunderung an mir hinunter, als wüsste ich nicht, worauf sie hinauswill. »Ups, okay, da könnte was dran sein«, sage ich. »Wobei ich erst kürzlich gelesen habe, man soll viel öfter nackt herumlaufen, das befreit nicht nur den Körper, sondern auch den Geist.«
»Hm, tolle Theorie. Ich gebe zu, etwas mehr Geist könnte dir nicht schaden, aber ich würde es trotzdem vorziehen, wenn du dir in meiner Gegenwart etwas überwirfst«, erwidert sie.
Es klingt zwar blöd, aber tatsächlich habe ich bis auf den neuen Anzug, den mir Falkenstein gesponsert hat, nichts, was nicht mindestens schon drei Jahre auf dem Buckel hat. Ich liebe meine Klamotten zwar und finde nicht, dass ich unbedingt neue brauche, aber Mia scheint das anders zu sehen. Sie hat sich gestern schon über meine ultrabequemen DC-Hosen beschwert.
»Okay«, sage ich, »Schluss mit den falschen Höflichkeiten, jetzt spuck’s einfach aus. Du willst dich nicht mit mir blamieren, oder?«
»Hm … Jepp.« Mia schürzt ihre Lippen und wippt mit den Füßen auf und ab. »Wenn du schon die ganze Zeit an mir klebst, sollst du wenigstens einigermaßen ansehnlich sein. Wer weiß, wann wir das nächste Mal wieder abgelichtet werden?«
Ich nicke bedächtig und fixiere sie aus leicht zusammengekniffenen Augen. »Du weißt aber schon, dass es eine echte Überwindung für Männer ist, einkaufen zu gehen, oder? Erst recht mit Freundin …« Mir stockt der Atem, kaum dass ich den Satz ausgesprochen habe.
Mia hat das Wippen jäh unterbrochen und läuft rot an.
»Äh, ich meine, mit Frauen ganz im Allgemeinen«, verbessere ich mich und merke, wie mir bei dieser beknackten Ausrede heiß wird, trotz meiner
Weitere Kostenlose Bücher