Mein Leben für dich
Kai blickt mich an. »Wo hast du heute Abend deinen Bodyguard gelassen? Diesen Winter?«
»Was?« Ich merke, wie es mich bei dem Namen reißt. Warum fängt Kai ausgerechnet mit Simon an? Ich habe ohnehin schon viel zu viele Gedanken an ihn und seinen dummen Erdbeerkuchen mit Sahne verschwendet. »Ach, der hat etwas anderes zu tun«, sage ich schnell und versuche mich damit zu beruhigen, dass ich Simon Winter vermutlich nie wieder in seine verwirrenden hellblauen Augen blicken muss und ihn bald vergessen haben werde. Ich kann diesen Abend also ohne Hindernisse genießen. Umso schlimmer, dass es mir so schwerfällt, mich zu entspannen.
»Dein Bodyguard hat etwas Wichtigeres zu tun, als dich am Abend auf eine Party mit lauter gut aussehenden Typen zu begleiten, die nur auf eine wunderschöne Frau wie dich gewartet haben?«, reitet Kai weiter auf dem Thema herum. »Also, das wundert mich aber. Gestern hatte ich schon Angst, er würde mir eine verpassen, wenn ich mich auch nur eine Sekunde länger mit dir unterhalte. Ich dachte erst, er wäre dein eifersüchtiger Freund.«
Ein Schwall Hitze durchströmt mich und meine Ohren beginnen zu glühen. »Mein Freund? Simon Winter?« Ich lache übertrieben schrill auf. »Nein, also wirklich nicht! Er macht sich nur gerne wichtig und drängt sich in einer Tour in den Vordergrund. Schrecklich, sage ich dir. Allein gestern hätte ich ihn mehrmals gegen die Wand klatschen können. Dabei kenne ich ihn gerade mal … äh … ein paar Stunden. Aber seine Blicke können einen komplett durcheinanderbringen. Und dann noch sein Lächeln und diese Sprüche …« Ich beiße mir auf die Lippen, um meinen Redeschwall zu unterbrechen. Schnell nehme ich einen Schluck von meinem Cosmopolitan – und muss mich zusammenreißen, um ihn nicht wieder auszuspucken. Der Barkeeper hat es anscheinend besonders gut gemeint mit der Mischung.
»Simon Winter arbeitet zum Glück nicht mehr länger für uns«, erkläre ich, um das Thema endlich abzuschließen. »Er war eher so etwas wie … eine Übergangslösung.«
»Verstehe.« Kai nickt zufrieden und blickt mir tief in die Augen.
Aha, denke ich, seine Augenfarbe ist … Ja, was eigentlich? Grau? Braun? Grün? Irgendwie undefinierbar, jedenfalls hier in diesem schummrigen Licht. Schlammfarben wäre vielleicht treffend, überlege ich. Wobei das natürlich nicht besonders schmeichelhaft klingen würde. Und selbstverständlich hat Kai wunder-, wunderschöne Augen. Noch immer hält er meine Hand fest und beginnt nun, sanft mit dem Daumen über meinen Handrücken zu fahren. Leider kitzelt das total und ich muss mich beherrschen, um nicht loszuprusten.
»Dann bist du heute Abend also unbewacht?«, raunt mir Kai leise zu.
Mist, ich kann mich auf nichts anderes konzentrieren als auf das Kribbeln auf meiner Hand. Seine Berührung fühlt sich an, als würde ein Insekt über meine Haut krabbeln. Ich muss kichern.
»Was ist denn?« Ein Schatten huscht über Kais Gesicht, aber wenigstens setzt er kurz mit seiner Streichelei aus und ich kann erleichtert Luft holen.
»Nichts, es ist … alles in Ordnung.« Ich räuspere mich und zwinge mich, wieder ein ernsthaftes, erwachsenes Gesicht aufzusetzen. »Es ist nur so, dass ich … froh bin, hier bei dir zu sein. Allein und ohne Aufpasser.«
»Heißt das, du musst zu keiner bestimmten Uhrzeit wieder zu Hause sein und wirst auch nicht abgeholt?« Kais Daumen setzt erneut ein und augenblicklich verkrampfe ich mich wieder. Oh Gott, wieso lässt er das nicht? Dann könnte ich mir noch mehr Sätze einfallen lassen, die romantisch klingen und verführerisch. Immerhin sitzt mir ein Mann der schönen Worte und Formulierungen gegenüber. Einer von der Sorte, die laut Janine längst ausgestorben ist. Ich presse meine Lippen fest aufeinander, um nicht wieder zu lachen.
»Kai, hier bist du also! Ich habe dich schon gesucht!«
Kai lässt wie auf Kommando meine Hand los und das Kribbeln findet ein jähes Ende, als ich in das perfekt geschminkte Gesicht der schwarzhaarigen Chanel-Frau blicke.
»Ach, Caro, hallo! Ich wusste gar nicht, dass du schon hier bist. Du erinnerst dich bestimmt an Mia Falkenstein? Ich habe sie dir gestern gezeigt. Sie war mit ihrem Bodyguard auf der Matinée. Mia, Carolin von Sebald ist eine Theaterkollegin.«
Carolin und ich sehen uns in die Augen, und wenn Blicke töten könnten, würde es uns höchstwahrscheinlich beide dahinraffen. Ich weiß, dass Caro innerlich kocht, weil ich es ohne ihre Hilfe auf
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