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Mein Leben für dich

Mein Leben für dich

Titel: Mein Leben für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
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Manuskript in den Händen halten, sie leben die Story.«
    Kais Stirn glänzt feucht und sein Hemd ist schweißdurchnässt, so sehr hat er sich auf der Bühne verausgabt. Außerdem sehen seine Augen rot und überanstrengt aus, was ich erst jetzt aus der Nähe bemerke. Obwohl er so aufgekratzt ist, scheint er sie kaum mehr offen halten zu können.
    »Sag mal, hast du überhaupt richtig geschlafen, seit du aus Stuttgart zurück bist?«, frage ich ihn. »Du siehst echt ziemlich fertig aus …  Kai?« Ich lege vorsichtig eine Hand auf seinen Arm, als er nicht auf meine Frage reagiert, sondern sein Blick hektisch umherschweift, als würde er sich nicht entscheiden können, an welchem Punkt er hängen bleiben könnte. »He, ist alles in Ordnung mit dir?«
    Er zuckt unter meiner Berührung zusammen. »Ja, ja, Stuttgart, wow, das war … ein echter Marathon. Ich musste für jemanden einspringen, weißt du? Als Andri in Andorra . Kennst du das Stück? Max Frisch …« Nervös fährt er sich durch die Haare und sieht mich gar nicht dabei an, als ich verneinend den Kopf schüttle. Einen Moment taumelt er und ich strecke schon die Hand nach ihm aus, weil ich glaube, seine Beine brechen unter ihm zusammen. Aber dann setzt er urplötzlich wieder sein Lächeln auf und strafft die Schultern. »Ich habe die Rolle zwar schon mal gespielt, aber das ist mehr als drei Jahre her. Ich musste die ganze Nacht vor der Vorstellung den Text durchbüffeln, aber … hey, es hat sich gelohnt. Das Publikum war hellauf … begeistert, ja, die Leute haben getobt, sind richtig ausgeflippt. Na ja … dafür verzichtet man schon mal gerne auf Schlaf.«
    Ich starre Kai an. So wunderbar wohlklingend die Sätze aus Schillers Drama eben noch auf der Bühne seinen Mund verlassen haben, so abgehackt und bemüht kommen sie ihm jetzt über die Lippen.
    »Also, hör zu, Kai, falls es dir zu viel wird, jetzt noch etwas trinken zu gehen«, setze ich an, aber Kai schüttelt vehement den Kopf.
    »Nein, nein, auf gar keinen Fall, kommt nicht infrage! Ich werde mir doch nicht die Chance entgehen lassen, endlich mit dir allein zu sein. Diese neue Abmachung mit deinem Vater ist ein wahres Geschenk des Himmels. Los, komm …«
    Er greift nach meiner Hand, drückt einen Kuss darauf und zieht mich dann mit sich in einen der düsteren Theatergänge, die normalen Besuchern wahrscheinlich auf ewig verborgen bleiben. Mir rinnt ein aufregender Schauer über den Rücken, als wäre ich mitten in einem Harry-Potter -Film und würde die alten geheimen Gemäuer von Hogwarts durchforsten. Die anderen Schauspieler und der Regisseur sind nach der Probe sofort abgezischt und unsere Schritte hallen unheimlich in dem verlassenen Korridor. Kai öffnet schließlich eine der zahllosen Türen. Ein Schild mit seinem Namen ist daran befestigt.
    »Das hier ist mein Privatgemach«, erklärt er. »Ich dusch nur kurz und zieh mich um. Willst du vielleicht mit reinkommen?«
    »Äh, nein, nein, mach du nur, ich warte hier so lange«, sage ich schnell und ohne ihn dabei anzusehen, obwohl mir die Vorstellung etwas unheimlich ist, allein in dem düsteren Flur herumzustehen. Aber mit Kai in seiner Umkleide zu sein, käme mir falsch vor. Zu intim. Ich war nicht darauf vorbereitet und außerdem … nach der Sache mit Chris habe ich es nicht mehr so mit Umkleidekabinen. Ein mulmiges Gefühl macht sich in mir breit und der schwüle Duft von Bohnerwachs und verschwitzten Shirts steigt mir bei der Erinnerung an damals in die Nase und schnürt mir den Magen zusammen.
    Kai zuckt mit den Schultern. »Wie du meinst. Ich beeile mich und danach könnten wir … ins Saphir gehen, was meinst du? Die haben einen Spitzenwein dort.«
    »Das Saphir ? Klar, hört sich super an.« Natürlich gebe ich nicht zu, dass ich keine Ahnung habe, was das Saphir ist, geschweige denn, dass ich mich mit Wein überhaupt nicht auskenne, weil ich eigentlich Prosecco oder fruchtige Cocktails bevorzuge. »Danke noch mal, dass du mich zur Probe eingeladen hast«, sage ich. »Das war ein tolles Erlebnis.«
    Kai breitet seine Arme aus. »Ich würde dir die Welt zu Füßen legen, meine Schöne«, sagt er, dann dreht er sich um. Dabei fällt ihm etwas aus der Hosentasche. Ich hebe es auf. Es ist ein Lederetui.
    »Warte, du hast etwas verloren.«
    Kai wendet sich um und starrt erst mich, dann das Etui an, mit einem erschrockenen Ausdruck, als wäre ich ein Skelett und das Ding in meiner Hand eine Sense. »Ja, äh, danke.« Er reißt mir das

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