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Mein Leben für dich

Mein Leben für dich

Titel: Mein Leben für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
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ihn schon ein paarmal abgeholt und irgendwo hinchauffiert haben, aber hineingebeten hat er mich bisher nie. Echt krass, denke ich, er lebt nicht minder nobel als ich in meinem Hotel-Apartment. Kein einziges IKEA -Möbelstück ist hier zu finden, gigantische, ausgefallene Kunstgemälde schmücken die Wände, von denen jedes einzelne ein Original zu sein scheint, die Böden sind in schwarz-weißem Schachbrettmuster gefliest und glänzen, als wären sie gerade erst frisch gewischt worden. Ich erinnere mich daran, dass Ben mir einmal erzählt hat, Rick habe eine Putzfrau, die zweimal die Woche kommt, allerdings nicht nur, um seine Fliesen zu polieren.
    Mike kommt mit drei Flaschen Oettinger zurückgeschlurft. Mir fällt zum ersten Mal auf, wie riesig sein kahl geschorener Schädel mit dem Totenkopftattoo hinterm Ohr eigentlich ist. Er wirkt viel zu wuchtig für den Rest seines Körpers, obwohl Mike kräftig gebaut und nicht viel kleiner ist als ich.
    »Danke«, sage ich, als er mir mit einem breiten Grinsen die bereits geöffnete Flasche reicht. Eigentlich ist mir nicht besonders nach Bier, mein Magen ist auch ohne Kohlensäure schon unruhig genug, aber ich will Rick nicht gleich zu Anfang reizen, also stoße ich mit den beiden an.
    »Gut, also …  kommen wir zur Sache.« Rick lässt seine Finger knacksen und lehnt sich in seinem Sessel zurück. Ich konzentriere mich darauf, mein Bein stillzuhalten und ebenso cool zu wirken wie er. Mike ist wie immer die Ruhe in Person. Er ist nie nervös, selbst wenn er einen Anschiss vom Boss kriegt. Auf jeden Fall merkt man es ihm nicht an und allein das ist schon ein großer Vorteil.
    »Ich sagte dir kürzlich, dass ich große Stücke auf dich halte, Simon«, sagt Rick, nachdem er ein paar Schlucke Bier getrunken hat. »Und ich habe meine Meinung nicht geändert, auch wenn du das vielleicht angenommen hast. Ich habe mir nur ausreichend Zeit gelassen, mir Gedanken darüber zu machen, ob und auf welchen Gebieten ich dich zukünftig einsetzen könnte.«
    Mir brennt die Frage auf den Lippen, was Rick unter Gebieten versteht, und eine Mischung aus ängstlicher Aufgeregtheit und Neugierde schießt schwindelerregend durch meinen Körper wie eine Achterbahn. Bis Ben vor ein paar Wochen diese seltsamen Andeutungen am Telefon gemacht hatte, dachte ich, die Clique um Rick hätte sich ausschließlich auf das Dealen mit gestohlenen Autos spezialisiert, aber damit lag ich ganz offensichtlich falsch.
    Rick beobachtet mich erneut aufmerksam, und wieder habe ich das Gefühl, er scannt meine Gedanken ab und liest genau mit, was in mir vorgeht. Eine unangenehme Vorstellung. Ich bemühe mich, einfach an gar nichts zu denken, alles in mir auszuschalten, mich nur aufs unmittelbare Jetzt zu konzentrieren und abzuwarten, was als Nächstes passiert.
    »Ich vermisse deinen Bruder«, stößt Rick schließlich unvermittelt aus.
    »Ja, ich … auch«, gestehe ich, froh darüber, dass er endlich wieder das Gespräch aufnimmt und dieses unangenehme Schweigen aufhört. »Weißt du, wie es inzwischen um ihn steht? Warst du mal bei ihm? Oder … hattet ihr auf anderem Weg Kontakt?« Im selben Moment ist mir klar, dass das zu viele Fragen auf einmal waren. Rick hasst es, wenn er unterbrochen und penetriert wird, aber meine Sorge um Ben und die Neugierde, wie es ihm geht, haben mich diese Tatsache kurz vergessen lassen.
    Rick zieht erst angepisst seine Stirn kraus, doch dann grinst er und nickt bestätigend. »Ihr beiden seid euch wirklich sehr ähnlich«, sagt er. »Ben ist auch ziemlich ungeduldig, ihm kann nichts schnell genug gehen. Das kann eine Tugend sein, denn wer ungeduldig ist, hat meist auch viel Ehrgeiz und einen gewissen Kampfgeist. Aber … Ungeduld kann auch zum Verhängnis werden, wenn man sich von ihr überrollen lässt. Denn dann verliert man schnell mal die Kontrolle.«
    Ich hasse es, wenn Rick so herumphilosophiert. Ich weiß nie, was er damit bezwecken will und ob er Zustimmung von einem erwartet oder möchte, dass man einfach bloß still ist. Ich entscheide mich für Letzteres.
    »Also gut, Simon, um deine Fragen zu beantworten: Ja, ich weiß in der Tat etwas über deinen Bruder. Ich selbst konnte leider nicht mit ihm sprechen, aber … ich habe jemanden zu ihm geschickt. Es sieht so aus, als würden sie ihn noch eine Zeit lang in Untersuchungshaft behalten, jedenfalls solange noch weitere anonyme Anzeigen eingehen, die ihn oder … andere von uns belasten. Allerdings schlägt sich Ben tapfer,

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