Mein Leben für dich
wie sich die Beifahrertür öffnet und wieder schließt. Ich spüre ihre Blicke auf mich gerichtet.
»Was war das vorhin, Simon?«
Ihre Stimme klingt leise und sanft, nicht vorwurfsvoll, eher verunsichert.
Ich öffne den Mund, sage aber nichts. Kai steht noch immer vor dem Wagen und fixiert mich düster. Ich fahre los, denn ich kann nicht in seinem Beisein mit Mia reden. Ich finde, sie ist eine andere Person, wenn Kai nicht in der Nähe ist. Dann gehört sie mehr zu mir, verstellt sich nicht. Oder ist es genau andersherum? Ist sie vielleicht bei ihm viel mehr sie selbst als bei mir?, frage ich mich plötzlich. Ich weiß es nicht, ich weiß gar nichts mehr, alles fühlt sich falsch an, verdreht, völlig aus den Fugen.
»Also, was war das eben?«, wiederholt sie, jetzt schon etwas ungeduldiger. »Warum warst du im Saphir , Simon? Hast du uns verfolgt?«
Ich starre geradeaus auf die Straße. Ich habe keine Worte mehr parat, habe meine Ausreden vergessen und keine Kraft, mir neue zu überlegen. Mir ist fast so, als hätte ich meine ganze Willenskraft und Energie vorhin in diese Schläge gesteckt, sodass nun nichts mehr von mir übrig ist, bis auf eine Hülle aus Knochen und Haut.
»Du kannst es mir sagen. Du vertraust Kai noch immer nicht, oder?«, fragt Mia leise. »Du glaubst, er könnte mich enttäuschen. Ist es das?«
Ich muss etwas sagen, denke ich, irgendetwas, das alles erklärt. Alles, bis auf die Wahrheit. Warum ich in diesem Fuck-Restaurant war, was ich in dem Hinterzimmer mit dem Griechen zu schaffen hatte. Aber mein Mund ist wie zugefroren.
»Du hattest recht«, fährt Mia stattdessen fort. »Kai hatte wirklich ein Geheimnis, aber … er hat es mir anvertraut. Du musst dir keine Sorgen mehr machen, Simon. Er war ehrlich zu mir und nun wird alles gut. Bitte, vertrau mir, er ist kein schlechter Mensch. Kai hat dich auch gar nicht gesehen, nur ich. Ich gebe zu, am Anfang war ich etwas … verwirrt, aber jetzt nicht mehr. Ich habe eine Weile darüber nachgedacht, warum du wohl dort warst, und bin mir sicher, dass du uns nur mit den besten Absichten gefolgt bist. So war es doch, oder, Simon? Du wolltest sichergehen, dass es mir gut geht.«
Ich spüre einen Kloß in meiner Kehle, der mit jedem ihrer Worte größer wird und mir die Luft zum Atmen nimmt. »Danke«, presse ich endlich hervor.
»Wofür?«
»Dass du mir verzeihst, was ich vorhin getan habe. Und dass du mich trotzdem noch für … einen guten Menschen hältst.« Wenn es doch bloß stimmen würde, denke ich verzweifelt, wenn ich doch wirklich nur im Saphir gewesen wäre, um sie zu beschatten und Kai etwas anzuhängen. Wie verdammt gut würde ich mich dann im Vergleich fühlen. Meine Probleme vor ein paar Tagen waren ein Dreck gegen das hier.
»Das tu ich«, erwidert Mia leise. »Du bist einer der besten Menschen, die ich kenne.« Sie lächelt sanft. »Auch wenn du manchmal alles daransetzt, es zu verstecken.«
Mia
»Die Blumensträuße hätte ich gerne hier auf der Bühne, hinter den Musikern. Und auf den Stehtischen sollen noch kleine Gestecke stehen, die dazu passen. Ich dachte, die Blumen können wir später auch noch verkaufen, sie werden sonst ja doch bloß weggeschmissen. Was halten Sie von gelben und weißen Rosen, Renate? Oder doch lieber etwas ganz Schlichtes? Ach, Sie machen das schon, Sie haben einen tollen Geschmack.«
Renate nickt und stöckelt dann mit ihrer To-do-Liste ab. Aber ich höre nicht nur ihre Schritte, die sich entfernen, sondern auch noch schwerere, die sich den Gang entlang dem Jugendstilzimmer nähern.
»Hallo, Renate«, vernehme ich kurz darauf die Stimme meines Bodyguards. Endlich, denke ich, wurde ja auch Zeit, dass er sich mal blicken lässt!
Ich stecke meinen Kopf aus der Tür. »Simon, da bist du ja! Wo warst du denn so lange? Ich wollte dir doch zeigen, was ich schon alles für Sonntag –«
Der Rest bleibt mir in der Kehle stecken, als ich Tanja im Hintergrund sehe, die mir einen kurzen, scheuen Blick zuwirft und dann so tut, als wäre sie in der Eingangshalle damit beschäftigt, die neuen Zeitschriften für wartende Gäste in die dafür vorgesehenen Ständer einzusortieren. Ich schlucke, aber dann versuche ich, dieses seltsame Ziehen in mir einfach wegzulächeln. Immerhin hatte ich Simon versprochen, mich nicht gegen die beiden zu stellen. Wenn er doch bloß etwas offener mit mir reden würde. Ich hatte gehofft, wir würden uns nach unserem Gespräch nach der Bootssache einander annähern, aber in
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