Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Leben in 80 B

Mein Leben in 80 B

Titel: Mein Leben in 80 B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Goerz
Vom Netzwerk:
richtig gut gehen lassen.» Ich lehnte mich zurück und sah mich im Restaurant um. «Außerdem finde ich es natürlich toll, mal nicht selbst zu kochen, sondern mich einfach an einen so schön gedeckten Tisch zu setzen und mich zurückzulehnen. Wie im Paradies, wo einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen.» Ich streckte wohlig meine Beine unter dem Tisch aus.
    «Also lebst du doch in heimlicher Knechtschaft, musst kochen und putzen und für deinen Mann allzeit bereit sein. Ich weiß schon, warum ich nicht heirate», lachte Elissa.
    «Quatsch. Knechtschaft!»
    «Mal ehrlich», auf einmal ernst, beugte sie sich über den Tisch. «Liebst du Toni noch so wie damals, als ihr nächtelang gequatscht habt und es morgens aufgewärmte Pizza zum Frühstück gab? Habt ihr noch eure wilden Momente, in denen nur die Liebe zählt, in denen du deine Gören vergessen kannst? Und habt ihr Abende ganz für euch, an denen ihr nicht zu müde zum Vögeln seid und euch als Ersatzbefriedigung einen guten Roten einfüllt? Woher willst du wissen, dass dein Toni Briefings schreibt und Kids für Werbespots castet, wenn er im Büro ist? Könnte ja auch sein, dass er Werbung in eigener Sache macht und sich woanders holt, was ihm sein Hausmütterchen nicht bietet?»
    Ich war entsetzt. Aber statt auf eine Antwort zu warten, schnappte sich Elissa glücklicherweise meine Einkaufstaschen.
    Ich war doch zufrieden mit meinem Leben? Jedenfalls hatte ich mir bis gestern wenig Gedanken darüber gemacht, ob ich mit meinen fast vierzig Lebensjahren dort angekommen war, wo ich als Zwanzigjährige einmal hingewollt hatte. Natürlich liebte ich Toni nicht mehr so wie damals. Die Schmetterlinge waren längst weitergeflattert. Stattdessen hatte ich Verlässlichkeit bekommen, tiefes Vertrauen und echte Liebe. Und das hatte ich mir doch immer gewünscht. Toni würde mich niemals betrügen. Die Kinder und die Familie gingen ihm über alles.
    «Hach, da bin ich aber froh, dass du morgen nicht in Leggings und Schlafshirt hier aufschlägst!» Elissa hatte mein neues Oberteil entdeckt. «Schätzchen, das ist ja ein Traum. Ich wünschte, ich könnte so etwas tragen, aber für Klamotten mit Pailletten drauf bin ich leider viel zu klein. Damit sehe ich immer aus wie ein zu kurz geratener Weihnachtsbaum. Ich kann dir sagen, das wird ein riesiges Fest. Ich habe für die Einladungskarten ein Heidengeld ausgegeben, konnte ich auch, weil ich seit Ewigkeiten für diesen Tag Geld zurückgelegt habe. Stell dir vor, fast hundert Bekannte und Freunde! Insel-Promis und Möchtegern-Sternchen, Köche, Journalisten, alte Freunde aus Hamburg, Berlin und München! Ansonsten bekomme ich alles zum Sonderpreis. Der Koch ist noch nicht lange Küchenchef und nutzt die Party als Werbung für sich. Soll mir recht sein.»
    Elissa wurde vom Kellner unterbrochen, der zwei Sektgläser und ein Schälchen mit kleinen hellgrünen Kugeln auf den Tisch stellte.
    «Was ist das denn Tolles?», wollte ich wissen und nahm mir eines von den Kügelchen. Sah auf jeden Fall essbar aus.
    «Meine Güte, du lebst echt im Osten, oder? Das sind Wasabi-Nüsse. Die sind auf Sylt schon fast wieder out, wenn sie überhaupt je richtig in waren. Vollkommen zu Recht, wie ich finde, ekelhafte, viel zu scharfe Mistdinger.» Sie trank einen Schluck Sekt, dann ereiferte sie sich gleich weiter. «Muss ich Oke gleich sagen, das geht schon mal gar nicht. Sollen die doch einfach was von ihrem selbst gebackenen Olivenbrot und diesem wahnsinnig guten Öl hinstellen, das ist zehnmal besser als diese grüne Zumutung.»
    «Ach, ich finde die ganz lecker.» Ich nahm mir gleich noch eine Handvoll der kleinen Kügelchen.
    «Prost, mein Schatz. Es ist toll, dass du mitfeierst.» Elissa erhob ihr fast leeres Glas, um mit mir anzustoßen. «Und komm bloß nicht auf die Idee, irgendjemandem zu verraten, wie alt ich werde.»
    «Was hast du denn auf die Einladungskarten geschrieben?»
    «Kommt und feiert mit mir meinen Geburtstag bei gutem Wein und gutem Essen. Ich hoffe, die Geschenke werden auch gut.»
    Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. «Das ist nicht dein Ernst, oder?»
    «Natürlich», beteuerte Elissa und versuchte, ein ernstes Gesicht zu machen. «Du wirst ja in ein paar Wochen ebenfalls vierzig, das wirst du doch auch nicht herumerzählen?»
    «Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht.» Hatte ich tatsächlich nicht, denn im Gegensatz zu Elissa gehörte ich nicht zu den Frauen, über denen der Vierzigste

Weitere Kostenlose Bücher