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Mein Leben in 80 B

Mein Leben in 80 B

Titel: Mein Leben in 80 B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Goerz
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geben», wehrte ich ab. «Kann man ja auch zum Einundvierzigsten machen, das ist dann etwas ganz Besonderes.»
    Elissa verdrehte die Augen. «Also noch keine Pläne», stellte sie seufzend fest. «Wenn dir nichts einfällt, kannst du gern mit deiner Brut hier anrücken. Ich muss sowieso im Januar nach London zu einem Verlag, der einen neuen Restaurantführer machen will. Wenn deine Gören sich immer schön die Hände waschen, bevor sie sich auf meine feinen Sofas werfen, könnt ihr meine Wohnung haben.» Plötzlich hob sich ihr Blick über meine Schulter, und sie begann zu strahlen. «Und nun stelle ich dir meinen neuen Lieblingskoch vor.»
    Hinter mir kam ein junger Mann mit einem Teller in der Hand auf unseren Tisch zugeeilt. Hätte Elissa ihn nicht als den Küchenchef des Restaurants angekündigt und würde er nicht eine Kochjacke tragen, hätte ich vermutet, er sei ein Praktikant ihrer Zeitung, der irgendeinen Botendienst erledigen musste. Eigentlich war der Mann noch ein Junge, wahrscheinlich hätte er rein rechnerisch unser Sohn sein können. Optisch erinnerte er mich ein bisschen an diesen Geiger, auf den Hanna und ihre Freundinnen gerade so abfuhren, David Garrett. Große blaue Augen, volle Lippen, leicht kantiges Gesicht, aber noch genug Fülle in den Wangen, um niedlich statt schön zu sein. Nach dem zu urteilen, was man unter dem Piraten-Kopftuch erkennen konnte, waren seine Haare dunkelblond und schulterlang. Mit den schmalen Hüften und breiten Schultern war er gebaut wie ein Dressman. Tatsächlich sehr appetitlich. Die Optik wurde von einem Lächeln gekrönt, das Justin Bieber in den Selbstmord getrieben hätte.
    «Oke, mein Schatz! Da bist du ja endlich. Wir sind schon halb verhungert.»
    Elissa stellte sich auf die Zehenspitzen und umarmte den jungen Wilden. Dabei versuchte sie, ihm nicht den Teller aus der Hand zu stoßen. Ich blieb einfach sitzen, schaute zu und trank meinen Sekt. Das kannte ich schon von Elissa: Wenn ihre Begeisterung sich Raum suchte, war für anderes und andere einfach kein Platz. Das musste man aussitzen wie der Altkanzler. Offensichtlich hatte der Koch meine Freundin und ihre Eigenheiten auch schon kennengelernt. Er machte nicht einmal den Versuch, sich aus ihrer Umarmung zu befreien, sondern ließ sich von ihr knuddeln und grinste, bis sie wieder von ihm abließ.
    «Das ist meine liebste Freundin Ilse. Ilse, darf ich dir Oke Christiansen vorstellen? Ein wunderbarer Koch, toller Mann und Garant für einen besonderen Geburtstagsabend.» Elissa schob den Kopftuch-Mann, der aufgrund der Vorschusslorbeeren leicht verlegen wirkte, in meine Richtung. Dann setzte sie sich wieder und begutachtete die kleinen Köstlichkeiten auf dem großen Teller, den Oke auf den Tisch stellte. «Das sieht ja phantastisch aus.»
    Ich begutachtete erst einmal den Koch. Oke schüttelte mir die Hand, sah mir in die Augen und lächelte strahlend. Dabei entblößte er zwei Reihen sehr gerader und sehr weißer Zähne. Hatten erfolgreiche Köche sonst nicht normalerweise eine Wampe oder schütteres Haar oder wenigstens schlechte Zähne? Dann musste dieser Typ ein Fake sein. Er sah aus wie ein Starschnitt, den ich mir früher aus der
Bravo
herausgerissen hätte. Noch immer schaute er mir in die Augen. Ich kam mir fast vor wie damals, als küssen noch viel zu gewagt war und wir uns mit den Jungs, die wir toll fanden, um die Wette in die Augen gesehen hatten. Wer zuerst wegschaute oder blinzelte, hatte verloren. Heute verlor ich.
    «Ich bin Oke, Moin.» Er hielt meine Hand über dem Tisch ein paar Sekunden zu lange fest und rückte dann näher an Elissa heran, um ihr die mitgebrachten Häppchen zu erklären. «Ich habe alles gemacht, wie du wolltest – nichts Gewöhnliches und nichts, bei dem man zum Essen an einem Tisch sitzen muss. Es gibt etwas zum satt werden und in Erinnerung behalten: Ente mit Quitte am Spieß, mariniert mit Sojasoße und Honig. Filoteigröllchen mit Birnen, Brie und Pinienkernen und eine kalte Ingwer-Avocado-Suppe, die wir morgen in kleinen Einmachgläsern servieren. Dann hätten wir hier Lammspieße mit Paprikaschoten und Tomaten, einen Krautsalat aus viererlei Kohl, gebackene Feigen mit Ziegenkäse-Pinienkern-Füllung und Bruschetta mit Schwarzkohl und Parmaschinken.»
    Während er redete, zeigte er auf die verschiedenen appetitlich angerichteten Speisen, und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Wie konnte sich jemand all diese Namen merken und Dinge zubereiten, denen man nach dem

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